Wird Polens Militär instrumentalisiert? Die Meinungen sind gespalten

Die Militärparade mit Präsident Andrzej Duda in Warschau am 15. August 2023
Die Militärparade mit Präsident Andrzej Duda in Warschau am 15. August 2023 Copyright AP Photo/Czarek Sokolowski
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Von Magdalena Chodownik mit Euronews
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Wird das Militär in Polen zu Wahlkampfzwecken benutzt, obwohl dies verfassungsrechtlich verboten wäre? Eine eindeutige Antwort darauf fällt auch Expert:innen nicht ganz leicht. Zumal die gefühlte Bedrohung des Landes durch prorussische Kräfte eher zu- als abgenommen hat.

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In jüngster Zeit hat in Polen die Präsenz des Militärs im öffentlichen Raum und in der politischen Debatte deutlich zugenommen. Politiker:innen ziehen grüne Hemden an, besuchen Grenzen und Militärstützpunkte.

In diesem Jahr dauerten die Feierlichkeiten zum Tag der Armee mehrere Tage und endeten mit einer großen Militärparade in Warschau. Expert:innen schätzen, dass es sich um den teuersten Tag der Armee in der Geschichte handelte.

Das Militär ist zu einem der wichtigsten Themen im Land geworden. Die Meinungen darüber, ob dies auf eine echte Sicherheitsbedrohung oder nur auf die politische Kampagne vor den bevorstehenden Wahlen im Oktober zurückzuführen ist, sind auch in der Zivilbevölkerung geteilt.

Przemyslaw sagte: "Wenn Sie Frieden wollen, bereiten Sie sich auf den Krieg vor. Soweit es die finanziellen und menschlichen Möglichkeiten zulassen, die auch berücksichtigt werden sollten, müssen wir die Verteidigung ständig im Auge behalten, und Verteidigung ist die Modernität der Armee."

Sein Sohn Jakub sagte: "Ich möchte Soldat in der GROM-Einheit werden." 

Diskussion um Präsenz des Militärs in Polen

Die Ansichten von Expertinnen und Experten gehen auseinander: Die einen meinen, dass die Präsenz der Armee im öffentlichen Leben heute gerechtfertigt sei und die Reaktionen der Behörden angemessen seien.

Zu ihnen zählt Beata Gorka-Winter, Sicherheitsexpertin an der Universität Warschau: "In der Rangliste des sozialen Vertrauens belegt [die Armee] den zweiten Platz. Darüber hinaus führt der Kriegsausbruch in der Ukraine dazu, dass die Bürger die Lage mit großer Sorge beobachten. Und hier [in Polen] wurden die entsprechenden Schritte unternommen – Kämpfer der Wagner-Gruppe sind in Belarus aufgetaucht, sie üben Druck auf die Grenzen aus, und wir erwarten alle möglichen Zwischenfälle, auch militärischer Natur. Deshalb kann die Regierung es nicht ignorieren."

Die polnische Armee - ein Werkzeug der Politik?

Andere Expertinnen und Experten weisen darauf hin, dass die Armee und die Spannungen in der Region für innenpolitische Zwecke genutzt würden.

Dieser Meinug ist auch Jaroslaw Kociszewski, Sicherheitsexperte des Kolegium Nowa Europa Wschodnia, Stratpoints: "Die reale Bedrohung wird zu politischen und Wahlkampfkampagnen genutzt. Die Armee wird benutzt und es wird so getan, als könne nur diese Regierung durch den Aufbau der Armee die Sicherheit gewährleisten. Darum herum wird Politik gemacht, aber das hat nichts mit Sicherheit zu tun, sondern soll den Behörden helfen, die Macht zu behalten, obwohl dies laut Verfassung nicht der Fall sein sollte – die Armee sollte unpolitisch sein, und sie wird ganz klar politisiert."

Diejenigen, die nicht an der Militärparade am Tag der Armee in Warschau teilgenommen haben, verweisen auf deren politischen Charakter.

Maciej Przygoda ist einer von ihnen: "Die Organisatoren, also die Regierung, der Präsident, sind sicherlich nicht diejenigen, die mir nahe stehen, sie arbeiten tatsächlich zu meinem Nachteil, und ich versuche, mich von ihren Entscheidungen zu distanzieren. Ich habe die Rede sowohl des Präsidenten als auch des Verteidigungsministers gesehen, und sie waren sehr politisch, sehr „wie im Wahlprogramm“, also wurde auf die Opposition und ihre Aktionen „gespuckt“, also das ist nicht das Polen, dass ich möchte."

Euronews-Korrespondentin Magdalena Chodownik kommentierte in Warschau: "Polen ist ein stark polarisiertes Land, und wenn es um das Militär geht, wird die Armee trotz unterschiedlicher Meinungen ein wichtiges Thema des Wahlkampfs bleiben."

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