In Charleroi brennen Schulen - Protest gegen Sexualkundeprogramm?

Zerstörte Schulmauer in Charleroi
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Von Euronews mit AFP/DPA
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Schmierereien an den verkohlten Wänden geben einen Hinweis auf den Grund für die zerstörerische Wut: das sogenannte EVRAS-Programm, verpflichtender Sexualkundeunterricht für Schüler zwischen 11 und 15 Jahren.

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Fünf Schulen sind in der belgischen Stadt Charleroi, rund 60 km südlich von Brüssel, binnen kürzester Zeit in Brand gesteckt wurden.

Schmierereien an den verkohlten Wänden geben einen Hinweis auf den Grund für  die zerstörerische Wut: das sogenannte EVRAS-Programm, verpflichtender Sexualkundeunterricht für Schüler zwischen 11 und 15 Jahren. 

Edith Canon, Direktorin der Hublinbu-Schule, kann ihr Entsetzen über die Brandstiftung kaum in Worte fassen. "Es berührt unsere Identität, das, was wir sind, alle Werte, die wir in unserer Schule vertreten. Das ist wirklich barbarisch."

Fragen zum Beziehungs-, Gefühls- und Sexualleben

Anfang des Monats hatte das Parlament der französischsprachigen Regionen Belgiens das umstrittene Programm für ein jährliches Budget von 4,8 Millionen Euro verabschiedet. 

Die Abkürzung EVRAS steht für "Education à la vie relationnelle, affective et sexuelle", ein zweistündiger Unterricht pro Jahr für zwei Altersklassen, der die Fragen der Schülerinnen und Schüler zu den Themen Beziehungs-, Gefühls- und Sexualleben beantworten soll.  

Das Projekt stößt in ultrakonservativen Kreisen, darunter islamische Vereinigungen und die katholische Hardliner-Gruppe Civitas, auf Widerstand. In den sozialen Netzwerken wurde zu Demonstrationen aufgerufen.

Berechtigte Fragen von Kindern beantworten

Julie Patte, Bildungsstadträtin in Charleroi, erklärt, worum es bei EVROS eigentlich geht. "Die Idee ist, einen Leitfaden zu haben, der den Lehrenden hilft, die richtigen Worte zu finden und Dinge zu erklären. Es geht überhaupt nicht um eine Übersexualisierung, wie manche Leute glauben machen wollen. Es handelt sich hier wirklich um Hilfsmittel für Lehrende, nicht um Lehrpläne.

Im Alltag werden wir mit sehr berechtigten Fragen von Kindern konfrontiert, die manchmal die Dinge, die sie sehen, die Bilder, den Inhalt nicht verstehen, und es ist die Aufgabe der Lehrer:innen, ihnen zu helfen."

Desinformationskampagne

Auch die französischsprachige Bildungsministerin Caroline Désir verurteilte "eine Desinformationskampagne", die ihrer Meinung nach darauf abzielt, "Misstrauen zu schüren" und "den Eltern Angst zu machen".

"Ich habe gelesen, dass man den Kindern beibringen werde zu masturbieren. Das ist völlig inakzeptabel, den Eltern bei diesem Thema Angst zu machen", so Désir gegenüber  dem Radiosender RTBF.

Der belgische Regierungschef Alexander De Croo hat sich zutiefst schockiert über die Brandanschläge in wallonischen Schulen gezeigt. "Der Zugang zur Sexualerziehung darf nicht infrage gestellt werden. Sie macht unsere Kinder widerstandsfähig und ist die Grundlage für eine gute sexuelle Gesundheit", so de Croo. Die Ermittlungen dauern an, es wurde noch kein Verdächtiger identifiziert.

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