Was wird aus Gazas Kindern?

Die Hälfte der Bewohner:innen des Gazastreifens sind Kinder. Sie trifft der Krieg am schwersten.
Die Hälfte der Bewohner:innen des Gazastreifens sind Kinder. Sie trifft der Krieg am schwersten. Copyright Khalil Hamra/AP
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Von Cornelia Trefflich
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Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden im Gazastreifen jeden Tag durchschnittlich 420 Kinder getötet oder verletzt. Doch was wird aus den Kindern, die diesen Krieg überleben?

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Im Gazastreifen sind besonders Frauen und Kinder von der humanitären Katastrophe betroffen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden im Gazastreifen jeden Tag durchschnittlich 420 Kinder getötet oder verletzt. Mehr als 4.000 Kinder sind tot, und mehr als 1.500 liegen vermutlich unter den Trümmern begraben.

Nebal Farsakh, Sprecherin des Palästinensischen Roten Halbmonds, erklärt gegenüber Euronews: "Unter den Trümmern sind die Kinder nun Tag und Nacht heftigen Bombardements ausgesetzt. Es fehlt ihnen an Nahrung, Wasser, Strom, Medizin, an allem. Und obendrein gibt es keinen Strom. Sie können sich den Horror und die Angst nicht vorstellen, die sie erleben, wenn es völlig dunkel ist. Und das einzige Geräusch, das sie hören, ist der Lärm der Bombardierungen."

Sie können sich den Horror und die Angst nicht vorstellen, die sie erleben, wenn es völlig dunkel ist. Und das einzige Geräusch, das sie hören, ist der Lärm der Bombardierungen."
Nebal Farsakh
Sprecherin des Palästinensischen Roten Halbmonds

Familien leben unter unvorstellbaren Bedingungen: Es fehlt an sauberem Wasser, Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung. Notunterkünfte und provisorische Lager, die ihre Kapazitäten bei weitem überschreiten, nehmen viermal so viele Menschen auf, wie für sie vorgesehen sind.

"Viele Schulen werden als Notunterkünfte genutzt. Schulen, die nicht darauf vorbereitet sind, Schutzräume zu sein. Das bedeutet, dass es für viele Menschen dort keinen Zugang zu Wasser gibt. Das Abwassersystem ist nicht darauf vorbereitet", sagt UNICEF-Kommunikationsreferent für die Region Salim Oweis gegenüber Euronews. 

Zerstörte Abwassersysteme verschärfen das Risiko von Krankheiten

Zusammengebrochene und zerstörte Abwassersysteme verschärfen die Situation und erhöhen das Risiko der Ausbreitung von durch Wasser übertragenen Krankheiten, wie der Cholera. 

Im Gespräch mit Euronews erzählt Oweis, dass Familien gezwungen sind, ihren Kindern verschmutztes oder salziges Wasser zu geben, um sie vor Dehydrierung zu schützen.

"Eine Kollegin erzählte uns von ihren beiden Mädchen, die Anzeichen von Dehydrierung zeigten. Sie haben Durchfall, eine wirkliche Herausforderung. Eines der Mädchen fängt an, das Wasser, das ihr angeboten wird, abzulehnen, weil es ihrer Meinung nach kein sauberes Wasser ist, was auch stimmt, denn dieses Wasser sollte weder von Kindern noch von Erwachsenen getrunken werden."

Neben dem akuten Wassermangel ist auch medizinische Versorgung ein Riesenproblem. Krankenhäuser sind mit der Zahl der Verletzten und Kranken schlichtweg überfordert. Hinzu kommen rund 50.000 Schwangere, für die keine angemessene Versorgung möglich ist. Über 100 Frühchen liegen in Inkubatoren im Krankenhaus, denen der Treibstoff ausgeht, um die Sauerstoffgeräte am Laufen zu halten. 

Wir riskieren eine Generation mit psychischen Schäden, die ein Leben lang anhalten werden.
Salim Oweis
UNICEF-Kommunikationsreferent Region Naher Osten und Nordafrika

Treibstoff und Strom für Krankenhäuser unerlässlich

"Ohne Strom und ohne Treibstoff wird es für sie immer gefährlicher - sie schweben in Lebensgefahr. Diese Kinder können ohne Strom nicht einmal ein paar Minuten überleben. Es ist also sehr wichtig, dass Hilfe ungehindert und kontinuierlich ankommt, einschließlich Wasser, medizinischer Versorgung, Lebensmittel, aber auch Treibstoff, der für die Kinder und Familien in Gaza zur Lebensader wird", erklärt Oweis.

Doch was macht dieser Krieg mit den Kindern, die überleben und in diesem Krieg aufwachsen müssen und manchmal ihre gesamte Familie verloren haben?

"Wir riskieren eine Generation mit psychischen Schäden, die ein Leben lang anhalten werden. (...) Aber wir riskieren auch eine Generation, die nicht in der Lage sein wird, als Erwachsene produktiv zu sein, die nicht in der Lage sein wird, mit ihrer Umgebung zu interagieren und so produktiv zu sein, wie sie es sein kann, sie wird nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen. Und dann ist da natürlich noch das Problem des Gewaltkreislaufs, den wir schaffen. (...) Gewalt ist niemals die Lösung. Gewalt erzeugt nur Gewalt", schließt Oweis.

Weitere Quellen • WHO, Reuters

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