Russland schränkt den Zugang zu Abtreibungen ein: Steckt dahinter eine Wahlstrategie?

Für Wladimir Putin stehen im März des neuen Jahres Präsidenschaftswahlen an.
Für Wladimir Putin stehen im März des neuen Jahres Präsidenschaftswahlen an. Copyright Alexei Druzhinin/AP
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Von Euronews mit EBU
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Russland schränkt den Zugang zu Abtreibungen in den letzten sechs Monaten immer weiter ein. Dabei ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Land auf einem Rekordtief. Experten vermuten dahinter eine Wahlstrategie.

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In den vergangenen sechs Monaten hat Russland den Zugang zu Abtreibungen immer weiter erschwert. Nun will die Regierung den Zugriff auf Abtreibungsmedikamente einschränken.

In den Regionen Mordwinien, Kursk, Kaliningrad und Twer wurde die "Einleitung eines Schwangerschaftsabbruchs" verboten. Zahlreichen privaten Kliniken ist gesetzlich untersagt worden, Abtreibungen durchzuführen.

Die Anzahl der Abtreibungen in Russland befindet sich jedoch ohnehin auf einem historischen Tiefstand. Einige Experten vermuten hinter der öffentlichen Diskussion um Abtreibung und den getroffenen Maßnahmen eine Wahlstrategie.

Steckt hinter den Maßnahmen eine Wahlstrategie?

"Abtreibungen sind kein drängendes Thema in Russland. Die Anzahl der Abtreibungen ist seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion um das 14-fache gesunken", sagt der unabhängige russische Bevölkerungswissenschaftler Alexey Raksha.

"Die Geburtenrate ist gestiegen und gesunken, es gibt keine Verbindung. Es ist sehr merkwürdig, die Intensität der Diskussion zu beobachten, die intensivste in der Geschichte, obwohl sich die Anzahl der Abtreibungen auf einem Rekordtief der letzten 100 Jahre befindet", fügt er hinzu.

Raksha vermutet, das Thema werde in Vorbereitung auf die Präsidentschaftswahlen im März 2024 künstlich in die öffentliche Diskussion eingebracht. So könne Präsident Putin kurz vor der Wahl alle Einschränkungen auf den Zugang zu Abtreibungen aufheben und sich damit in der Wählerschaft beliebt machen.

"Vor diesem alarmierenden Hintergrund würde der Präsident später wie ein gnädiger Herrscher aussehen, wenn er sagt, dass das Verbot nicht haltbar sei, und das man helfen müsse – wie er es häufig tut", so Raksha.

Die Kirche fordert eine Einschränkung des Abtreibungsrechts

Anfang Dezember hatte sich Kyrill I., das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, gegen den freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen positioniert.

"Besonders am Herzen liegt mir das ungelöste Problem der Abtreibung, das ich in Gesprächen mit Regierungsbehörden auf verschiedenen Ebenen häufig anspreche. Ohne Übertreibung ist dies eine echte nationale Katastrophe, die die Zukunft unserer Gesellschaft und die Idee vom Wert des menschlichen Lebens zerstört", sagte er.

Seit Jahren fordert die Russisch-Orthodoxe Kirche, dass Abtreibungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichen werden und nur noch in Regierungseinrichtungen durchgeführt werden sollen.

Die russische Organisation "Women for Life", die gegen einen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ist, soll laut einer Recherche der Gruppe "Feminist Anti-War Resistance" die Anti-Abtreibungsmaßnahmen im Land vorantreiben. Immer wieder habe die Organisation Zahlungen aus regierungsnahen Quellen erhalten, heißt es in der Recherche.

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