Medienreform in Polen: Regierung tauscht Führungsetage der staatlichen Medien aus

Donald Tusk ist Ministerpräsident der neuen polnischen Regierung.
Donald Tusk ist Ministerpräsident der neuen polnischen Regierung. Copyright Virginia Mayo/Copyright 2023 The AP. All rights reserved
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Von Magdalena Chodownik
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Die polnische Regierung hat die Leitung der staatlichen Medien ausgetauscht. So wolle man die Einflussnahme der PiS auf die Medienlandschaft beenden, hieß es von Regierungsseite.

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Wer am Mittwoch beim beliebten polnischen Nachrichtensender TVP Info einschalten wollte, wurde enttäuscht: Dort herrschte Sendepause. Der Grund für den Ausfall waren Änderungen in der Führungsetage des Senders.

Medienreform der neuen Regierung stößt auf Widerstand

Die neue polnische Regierung hat die Leitung mehrerer öffentlicher Medien ausgetauscht. Das führte im polnischen Fernsehen und im Radio sowie bei der staatlichen Nachrichtenagentur zu Sendeunterbrechungen und kurzfristigen Absagen.

Damit wolle man die politische Einflussnahme der PiS-Partei auf die Medien beenden, hieß es von Regierungsseite. Bei den Verantwortlichen sorgte Tusks neue Regierung damit für Verärgerung.

"Sicherlich setzt es Menschen einer Menge Stress aus, die einfach nur ihre Arbeit machen wollen und die auch keinen Grund zu sehen scheinen, sich dem Recht des Stärkeren zu beugen, weil das Gesetz diese entscheidende Macht sein sollte und nicht dieser Gewaltakt, der die Rechtsstaatlichkeit in irgendeiner Weise umgehen könnte", sagte Samuel Pereira, der bisherige Leiter von TVP Info.

Pereira zeigte sich kämpferisch: "Wir haben keinen Grund, in einer Situation, in der es keine rechtliche Grundlage für das Vorgehen gegen TVP Info gibt, dem zuzustimmen und es einfach geschehen zu lassen."

Treue TVP-Zuschauer:innen protestieren gegen die Entscheidung der Regierung. Eine Demonstrantin warf der Regierung vor, "die Medien auf eine rücksichtlose Art und Weise" zu übernehmen und so "die Meinungsfreiheit" anzugreifen.

Fake News-Vorwürfe gegen TVP

Expert:innen weisen darauf hin, dass TVP unter der PiS-Regierung immer wieder Falschmeldungen verbreitet und Manipulation betrieben habe.

"Die Zuschauer von TVP Info und 'News' wurden über viele Jahre hinweg manipuliert - Manipulationen wurden von vielen Medienforschern und Wissenschaftlern nachgewiesen und beschrieben, und was TVP zeigte, wurde zum Thema vieler Master- oder sogar Doktorarbeiten in Polen. Auch der Staatsbeauftragte hat seit Jahren auf konkrete Beispiele hingewiesen", so der polnische Journalist Patryk Michalski.

Die neue Regierungskoalition feiert den Wandel an der TVP-Spitze – und betont, den Sender nicht übernehmen zu wollen.

"TVP betreibt keine Propaganda mehr"

"Eine sehr gute Nachricht: TVP hat den Sendebetrieb eingestellt und betreibt keine Propaganda und keinen Hass mehr", sagte Adrian Witczak, Abeordneter der Partei Bürgerplattform.

"Wir können klar sagen: Wir übernehmen TVP nicht, aber wir stellen TVP wieder her, geben es den Polen zurück. Das haben wir bei den Wahlen am 15. Oktober versprochen", fügte er hinzu.

Der Wechsel in der Leitung und im Profil der öffentlichen Medien war alles andere als eine Überraschung; die Regierungskoalition hat ihn seit langem angekündigt. Nun dürfte ein langer Streit zwischen beiden Seiten folgen.

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