Knapp zwei Monate nach der Wahl ist die neue polnische Regierung um Ministerpräsident Donald Tusk vereidigt worden. Unter ihm soll das Land zu einem "Anführer innerhalb der EU" werden, kündigte Tusk an.
In Polen ist die neue proeuropäische Regierung um Ministerpräsident Donald Tusk vereidigt worden. Knapp zwei Monate lang hatte die nationalistische PiS, die die vergangenen acht Jahre in Polen regierte, den Machtwechsel hinausgezögert – auch mithilfe des PiS-nahen Präsidenten Andrzej Duda.
Zwei Monate verzögerte die PiS den Machtwechsel
Bei der Parlamentswahl am 15. Oktober hatte das Bündnis aus Tusks liberalkonservativer Bürgerkoalition, dem christlich-konservativen Dritten Weg und dem Linksbündnis Lewica eine Mehrheit erzielt. Dennoch beauftragte Duda zunächst Tusks Vorgänger und PiS-Politiker Mateusz Morawiecki mit der Regierungsbildung.
Seine Partei hatte mit 35,4 Prozent zwar die meisten Stimmen erhalten, Tusks Dreierkoalition erzielte allerdings gemeinsam 53,7 Prozent. Absehbarerweise ließ sich also für Morawiecki keine Mehrheit finden. Am Montag scheiterte er an der Vertrauensabstimmung, womit der Weg für Tusk acht Wochen nach der Wahl frei wurde.
Auf der Plattform X zeigte sich Tusk daraufhin hoch motiviert: "Auf die Plätze, fertig, los!" hieß es in einem Beitrag des Politikers.
Versöhnliche Worte zum Antritt
In seiner Rede nach der Vereidigung schlug der neue polnische Ministerpräsident versöhnliche Töne an und beschwor den Willen zur Zusammenarbeit:
"Ich möchte betonen, dass ich mich außerordentlich über die Bereitschaft des Präsidenten zur Kooperation gefreut habe. Ausnahmslos jeder, der in Einklang mit den Worten des Schwurs, den wir heute hier geleistet haben, handeln will, wird unser Verbündete sein, egal wo er herkommt und welche Rolle er bekleidet", so Tusk.
"Es gibt kein wichtigeres Anliegen für uns als das Wohl des Vaterlandes und das Wohlergehen unserer Bürger", fügte er hinzu.
Dennoch spielte er auf die Verzögerungstaktik der PiS an: "Zwei Monate lang haben diese Wähler, dieselben Polinnen und Polen, so geduldig und mit so viel Enthusiasmus gewartet, dass ihre historische Entscheidung umgesetzt wird", sagte Tusk.
Am Wahltag hatten viele Wahlberechtigte bis nach Mitternacht ausgeharrt, um ihre Stimme abzugeben. "Wenn es um die Freiheit des Einzelnen und die Menschenrechte geht, geben Polen und Polinnen nie auf", lobte der Ministerpräsident.
Polen soll unter Tusk zur EU zurückkehren
Unter Tusk ist mit einer grundlegenden Wende in der polnischen Außenpolitik zu rechnen. Am Dienstag hatte er in seiner Regierungserklärung eine Rückkehr zur Einhaltung der Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angemahnt und eine gute Zusammenarbeit seines Landes mit der EU angekündigt.
Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte Tusk und betonte, dass Polen ein unverzichtbarer Teil der Europäischen Union sei. Er kündigte zukünftig eine engere Zusammenarbeit Deutschlands und Polens an.
Die PiS-Regierung stand unter anderem wegen einer rechtswidrigen Justizreform mit der EU in Konflikt. Unter Tusk soll nun wieder eine Annäherung stattfinden. Sein Land solle die Position eines "Anführers innerhalb der EU" einnehmen, sagte der polnische Ministerpräsident.