Selenskyj: Rückzug aus Awdijiwka war richtig

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf der 60. Münchner Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof in München, 17. Februar 2024.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf der 60. Münchner Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof in München, 17. Februar 2024. Copyright Matthias Schrader/Copyright 2024 The AP. All rights reserved
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Von Christoph DebetsAP
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Am zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz haben der ukrainische Präsident Selenskyj und US-Vizepräsidentin Harris die Bedeutung von Waffenhilfen für die Ukraine betont. Selenskyj lud Donald Trump an die Front ein. Die EU soll eine eigne Strategie für die Rüstungsindustrie bekommen.

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Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj betont, wie wichtig Artillerie und Langstreckenwaffen für sein Land sind, nachdem sich die Ukraine ihre Truppen aus der hart umkämpften Stadt Awdijiwka zurückziehen mussten.

Ein „künstliches Defizit“ an Waffen für sein Land verschaffe Russland eine Atempause.

„Die Ukrainer haben bewiesen, dass wir Russland zum Rückzug zwingen können. Wir können unser Land zurückbekommen, und Putin kann verlieren, und das ist auf dem Schlachtfeld bereits mehr als einmal passiert“, sagte Selenskyj.

„Unsere Aktionen werden nur durch unsere Stärke begrenzt“, fügte er hinzu und verwies auf die Situation in Awdijiwka. Dort hatten zahlenmäßig unterlegene ukrainische Verteidiger vier Monate lang russischen Angriffen Widerstand geleistet. Um einer Einkesselung zu entgehen und das Leben der Soldaten zu retten, hatte der ukrainische Oberbefehlshaber Generaloberst Oleksandr Syrskyi den Rückzug aus Awdijiwka angeordnet.

Selenskyj: Rückzug aus Awdijiwka war richtige Entscheidung

Selenskyj sagte, der Rückzug sei „eine richtige Entscheidung“ und betonte die Priorität, das Leben ukrainischer Soldaten zu retten. Er verwies darauf, dass Russland wenig erreicht habe, und fügte hinzu, dass es Awdijiwka seit Oktober „mit aller Macht, die es hatte“, angegriffen und Tausende von Soldaten verloren hatte – „das ist es, was Russland erreicht hat: die Erschöpfung ihrer Armee.“

„Liebe Freunde, die Ukraine im künstlichen Defizit an Waffen, insbesondere im Defizit an Artillerie und Langstreckenkapazitäten zu belassen, ermöglicht es leider Putin sich an die aktuelle Intensität des Krieges anzupassen“, sagte Selenskyj.

Selenskyj lädt Trump ein

Auf die Frage, ob es eine gute Idee wäre, den ehemaligen US-Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten 2024 Donald Trump nach Kiew einzuladen, antwortete Selenskyj: „Ich habe ihn öffentlich eingeladen, aber es hängt von seinen Wünschen ab. Wenn er kommt, bin ich sogar bereit, mit ihm an die Front zu gehen.“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (links) und US-Vizepräsidentin Kamala Harris auf der Münchner Sicherheitskonferenz, 17. Februar 2024
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (links) und US-Vizepräsidentin Kamala Harris auf der Münchner Sicherheitskonferenz, 17. Februar 2024Tobias Schwarz/Pool via AP

US-Vizepräsidentin Harris wirbt für Ukrainehilfen

US-Vizepräsidentin Kamala Harris sagte nach ihrem Treffen mit Selenskyj in München, dass „es im strategischen Interesse der Vereinigten Staaten liegt, unsere Unterstützung fortzusetzen.“

„Die Geschichte zeigt uns: Wenn wir einem Aggressor wie Putin erlauben, ungestraft Land einzunehmen, machen sie weiter. „Die anderen potenziellen Aggressoren werden dann ermutigt“, sagte Harris. Sie fügte hinzu: „Wir müssen unerschütterlich sein und dürfen keine politischen Spielchen spielen.“

Neben Harris stehend sagte Selenskyj gegenüber Reportern, das im Kongress festgehaltene Hilfspaket sei „lebenswichtig“. Es würde für die Ukraine einen Schritt nach vorne bedeuten, und „weiter voranzukommen ist viel, viel besser als Stillstand auf dem Schlachtfeld“, meinte Selenskyj und betonte, dass Kiew darauf setze, dass die USA ein „strategischer Partner“ bleiben würden.

Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte auf der Konferenz, die Verzögerung des Kongresses habe dazu geführt, dass der Zustrom von US-Waffen und Munition zurückgegangen sei, mit direkten Auswirkungen auf den Frontverlauf.

Von der Leyen will EU-Verteidigungskommissar ernennen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, dass die Kommission in drei Wochen eine Strategie für eine gemeinsame Verteidigungsindustriepolitik der Europäischen Union vorlegen werde.

„Die Europäische Union muss zweifellos ihre verteidigungsindustrielle Basis stärken. Und deshalb müssen wir in der Rüstungsproduktion viel besser werden. Deshalb wird die Europäische Kommission in etwa drei Wochen eine Strategie für die Rüstungsindustrie vorlegen“, sagte von der Leyen.

Dazu gehöre eine allgemeine Erhöhung der Verteidigungsausgaben und gemeinsame Beschaffungsmaßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Verbesserung der Interoperabilität der EU-Systeme.

Darüber hinaus soll eine europäische Verteidigungsindustrie mit guten Arbeitsplätzen gefördert werden.

Die Ukraine solle in die gemeinsame Planung einbezogen werden und die EU werde zu diesem Zweck in Kiew ein Koordinierungsbüro für Verteidigungsinnovationen eröffnen, sagte von der Leyen.

Für den Fall ihrer Wiederwahl als Kommissionspräsidentin kündigte von der Leyen zudem an, dass sie einen eigene EU-Verteidigungskommissar ernennen werde.

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