EU-Beitritt Kroatiens - eine Investition für Stabilität und Frieden

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Von Euronews
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Mit einem Festakt sind die kroatischen Abgeordneten im Europaparlament in Straßburg begrüßt worden. Seit diesem Montag ist Kroatien das 28. Mitgliedsland der Europäischen Union. Parlamentspräsident Martin Schulz sagte: “Das kroatische Volk hat sich vor vielen Jahren auf einen Weg gemacht, der aus der erworbenen Freiheit von Unterdrückung, der Rückgewinnung von nationaler und nationalstaatlicher Souveränität den Weg in die europäische Staatengemeinscht als Konsequenz aus dieser Rückgewinnung beinhaltete.” Kroatien ist nach Slowenien, das bereits 2004 beitrat, das zweite EU-Mitgliedsland aus dem ehemaligen Jugoslawien. An den Feierlichkeiten am späten Sonntagabend in der Hauptstadt Zagreb nahmen zahlreiche internationale Vertreter, darunter der EU-Kommission, des Europaparlaments sowie Staats- und Regierungschefs teil. Bei einem Referendum im vergangenen Januar hatten sich die Kroaten für den EU-Beitritt ihres Landes ausgesprochen. Europäische Politiker gratulierten, mahnten aber weitere Reformen des Balkanlandes an.

Über den EU-Beitritt Kroatien sprachen wir mit Professor Jacques Rupnik, der in Paris das Zentrum für Internationale Forschungen und Studien leitet.

euronews:
In dem Abschlussbericht der Europäischen Kommission heißt es, Zagreb müsse die Korruption, den Schwarzhandel und die Organisierte Kriminalität bekämpfen, was auch die Sicherheit Europas berührt. Wird Kroatien das tun?

Jacques Rupnik:
Kroatien wird wirklich zum Testfall. Bereits bei dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens wurden Zweifel laut, weil es in beiden Staaten Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit und mit dem Kampf gegen die Korruption gab. Das schreckte die Mitgliedsstaaten vor einer nächsten Erweiterungsrunde ab. Der kroatische Ministerpräsident Sanader, der zugleich Chef der rechtskonservativen HDZ war, wurde in Österreich festgenommen und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Macht der Kampf gegen die Korruption selbst vor dem Ministerpräsidenten nicht halt, ist die Botschaft an die politische Klasse klar: Dass Geschäfte und Politik zwei verschiedene Dinge sind und dass bestimmte Spielregeln notwendig sind.

euronews:
Nur 39 Prozent haben den Beitritt begrüßt, der nach achtjährigen Verhandlungen erfolgte. Warum haben die Kroaten den anfänglichen Enthusiasmus verloren?

Jacques Rupnik:
Zur Zeit ist die EU nicht besonders attraktiv. Für viele trifft zu, was mir vor kurzem eine Kroate sagte: Dass er das Gefühl habe, in ein sinkendes Boot zu steigen. Das mag eine Übertreibung sein, denn das Boot sinkt freilich nicht. Doch diese Stimmung erklärt den mangelnden Enthusiasmus.

euronews:
Bringt der Beitritt Kroatien Vorteile, das seit fünf Jahren gegen eine tiefe wirtschaftliche Krise kämpft?

Jacques Rupnik:
Die Krise war unvermeidlich, mit oder ohne Beitritt. Selbst wenn Kroatien der EU nicht beigetreten wäre, hätte die Rezession in der EU und vor allem in der Eurozone das Land in Mitleidenschaft gezogen. Es ist besser in der EU als außerhalb ihrer zu sein, denn für Mitglieder gibt es Beitrittshilfen, Strukturhilfen, die Agrarpolitik, Dinge von denen Kroatien profitieren wird, wie es für Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und viele andere seit fast einem Jahrzehnt der Fall ist.

euronews:
Die Integrationsfähigkeit der EU steht diesmal nicht auf dem Prüfstand, denn Kroatien hat nur vier Millionen Einwohner. Doch was bringt die Erweiterung, wenn Europa eine klare Richtung fehlt?

Jacques Rupnik:
Wirft man einen Blick zurück auf die vergangenen zwei Jahrzehnte, wird klar, dass die größte Erfolgsstory der EU nicht der Euro war. Das bleibt noch zu beweisen. Es wird sich erst in der Zukunft zeigen. Auch das Verfassungsprojekt war eine solche Erfolgsgeschichte nicht, obwohl das Projekt im letzten Jahrzehnt mit großen Hoffnungen verbunden war. Volksbefragungen in den Niederlanden und in Frankreich brachten es zu Fall. Die größte Erfolgsgeschichte der EU war aus meiner Sicht die Osterweiterung, selbst wenn sie nicht als Erfolg bezeichnet wird. Die Demokratie dieser Staaten wurde stabilisiert, ihre Wirtschaften wurden umgebaut. Dieses war eine große Errungenschaft, von der jedoch nicht viel Aufhebens gemacht wird, weil die öffentliche Meinung innerhalb der EU davon nicht gerade begeistert ist.

euronews:
Wie kann sich die EU für schwierige Regionen öffnen, wenn sie sich selbst in einer finanziell instabilen Lage befindet?

Jacques Rupnik:
Immer gibt es irgendwo ein Land, das vor Wahlen steht, im Augenblick ist das Deutschland. Unter diesen Umständen ist es besser, das Thema nicht an die große Glocke zu hängen. In den 90er Jahren gab es die Balkankriege, die den Westen hunderte Milliarden Euro gekostet haben. Die Militärintervention, der Wiederaufbau, das alles kostete Geld. Der Beitritt ist eine bessere Investition, weil wir damit in unseren Frieden investieren, in unsere Stabilität. Dieses ist eine sehr positive Botschaft.

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