Gefängnis-Bericht: Welches Land hat die meisten Häftlinge in Europa?

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Von Alexandra Leistner
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859,102 Menschen saßen zum 1. September 2016 in europäischen Gefängnissen, ein Anstieg von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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Die Zahl der Personen, die in Strafvollzugsanstalten in Europa (Russland ausgenommen) einsitzen, ist zwischen 2015 und 2016 um 2,2 % gestiegen. Das geht aus Daten der Universität Lausanne (UNIL) für den Europarat vor.

Die Organisation, die im Rahmen der beiden verwandten Projekte SPACE (Statistiques Pénales Annuelles du Conseil de l’Europe) I und II Statistiken erstellt, kam zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Gefangenen in den Mitgliedstaaten des Europarates im Jahr 2016 auf 859.102 gestiegen ist, das sind 18.454 mehr Insassen als im Jahr zuvor.

In welchem europäischen Land gab es die meisten Gefangenen?

Das Land mit den meisten Häftlingen insgesamt war nach den SPACE 2016-Datensatz Großbritannien mit insgesamt 84.968 Gefangenen (England und Wales, Informationen für Schottland lagen nicht vor und Nordirland wurde separat gezählt).

Danach folgen Frankreich (66.678), Spanien (61.614) und Rumänien (28.334).

Allerdings lagen für viele der Länder, die 2015 an der Spitze der Liste standen, keine Daten für das Jahr 2016 vor, darunter Polen, die Ukraine und Deutschland.

Auch die Zahlen für die Türkei fehlen im Datensatz 2016. Schon 2015 gab dort mit 158.537 Personen fast doppelt so viele Inhaftierte wie in Großbritannien im Jahr 2015.

Die Ländern mit den niedrigsten Gefangenenzahlen im Jahr 2016 sind gleichzeitig diejenigen, mit einer geringen Bevölkerungszahl, wie Liechtenstein (10) und Andorra (41).

Betrachtet man die Zahl der Gefangenen pro 100.000 Einwohner, für die erst ab 2015 Daten vorliegen, schneiden die nordischen Länder Norwegen (70,3), Schweden (55,4) und Finnland (54,4) sowie Zypern (62,1) am besten ab.

Mit dieser Berechnung belegten Litauen (295,6), Lettland (238,9), Estland (222,4), Polen (204,9) und die Türkei die fünf Spitzenplätze.

Überfüllte Gefängnisse

13 Gefängnisverwaltungen berichteten von einer Überbelegung im Jahr 2016: Sie hatten für 100 Plätze mehr als 100 Insassen.

In der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ist die Lage besonders schlimm: 132 Häftlinge teilen sich dort 100 Plätze, gefolgt von Ungarn (132), Zypern (127), Belgien (119) und Frankreich (117).

Auch Portugal (109), Italien (109), Serbien (109), Albanien (108), die Tschechische Republik (108), Rumänien (106), die Türkei (103) und Finnland (101) kämpfen mit Platzmangel.

Europaweit lag die durchschnittliche Gefängnisdichte im Jahr 2016 bei 91,6 Häftlingen pro 100 Plätze.

Suizidrate

Durchschnittlich 15,6% der Todesfälle in Strafvollzugsanstalten sind Selbsttötungen. Fast 32% der Personen, die sich selbst das Leben nahmen, saßen in Untersuchungshaft.

51 € pro Tag pro Häftling

Die 42 europäischen Gefängnisverwaltungen, die genaue Daten lieferten, gaben im Jahr 2015 insgesamt 18,8 Milliarden Euro aus.

Die durchschnittlichen Ausgaben für jeden Häftling pro Tag lagen im Jahr 2015 bei rund 51 €, das sind 9 € (oder 15 %) weniger als im Jahr 2014.

Die Länder mit den höchsten Gesamtausgaben für die Gefängnisverwaltung im Jahr 2015 waren Deutschland (3,0 Mrd. Euro), Italien (2,8 Mrd. Euro), das Vereinigte Königreich (insgesamt 2,7 Mrd. Euro), Frankreich (2,6 Mrd. Euro) und Spanien (insgesamt 1,5 Mrd. Euro).

Für welche Straftaten sitzen die meisten Häftlinge ein?

Der größte Anteil der Häftlinge wurde wegen Diebstahls (18,9%), Drogendelikten (17,5%), Raub (12,6%) und Mord (12,1%) verurteilt.

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Die durchschnittliche Haftdauer betrug im Jahr 2015 8,5 Monate.

Männer und Frauen

Im Durchschnitt waren 5,3 % der Menschen in Europas Gefägnissen im Jahr 2016 Frauen.

Der Anteil ausländischer Häftlinge lag durchschnittlich bei 11,6 % und reichte von weniger als 1 % in Polen zu 74 % in Luxemburg.

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