"Ich hatte keine Angst": Ein Warschau-Veteran erzählt vom Aufstand

"Ich hatte keine Angst": Ein Warschau-Veteran erzählt vom Aufstand
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Von Johannes Pleschberger
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Bohdan Dembinski war sehr ruhig, obwohl er kurz davor war, gegen die Nazis zu rebellieren.

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In den frühen Morgenstunden des 1. August 1944 stahl sich der 21-jährige Bohdan Dembinski aus seiner Warschauer Wohnung über den Innenhof, um sich der Polnischen Heimarmee anzuschließen und sich auf eine der turbulentesten und blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs vorzubereiten.

75 Jahre später, im selben Innenhof sitzend, blickt Dembinski auf diese Zeit und den Beginn des Warschauer Aufstands zurück. Es war ein verzweifelter Versuch der Polen, ihre Hauptstadt aus dem brutalen Griff der Nazi-Besetzung zu befreien.

"Ich hatte keine Angst": Interview mit Warschauer-Aufstand-Veteran

Bohdan Dembinski war sehr, sehr ruhig, obwohl er kurz davor war, gegen die Nazis zu rebellieren. Mehr über den Veteran des Warschauer Aufstandes: https://bit.ly/337kYCU

Publiée par Euronews Deutsch sur Vendredi 2 août 2019

Dembinski: "Neugierig, was passieren würde"

"Ich war vorbereitet", sagte der 96-Jährige gegenüber Euronews. "Ich war sehr, sehr ruhig, hatte keine Angst. Ich machte mir um nichts Sorgen. Ich war neugierig, was passieren würde."

Der damalige Student der Bauingenieurwissenschaftennahm nahme das alles sehr locker, obwohl er wusste, dass er bald gegen einen Feind in den Kampf ziehen würde, der Polen mit mörderischer Brutalität besetzt hatte. Dembinski machte sich aber mehr um seine selbstgemachte Hose Sorgen, die "sehr dünn" war.

Warschau zu rauchende Ruine reduziert

Die weitaus überlegenen und besser ausgestatteten deutschen Streitkräfte hatten die Heimarmee in blutigen Kämpfen besiegt. Über 200.000 Polen sollen dabei in der Schlacht gestorben sein. Warschau wurde zu einer zertrümmerten und rauchenden Ruine reduziert.

LESEN SIE MEHR: Gedenkfeier zu 75 Jahre Warschauer Aufstand.

Dembinski überlebte alle 63 Tage des Aufstandes, bevor er als einer der 15.000 Soldaten der Heimarmee, die nach der Kapitulation der polnischen Streitkräfte gefangen genommen wurden, in deutsche Hände fiel.

Nach dem zwischen Polen und Deutschen unterzeichneten Kapitulationsabkommen wurden die polnischen Kämpfer als Kriegsgefangene betrachtet und fielen somit unter den Schutz der Genfer Konventionen, so dass sie nicht sofort hingerichtet werden mussten. Aufgrund der Vereinbarung wurde Dembinski in ein Gefangenenlager in Deutschland geschickt, das später von britischen Streitkräften befreit wurde.

Dembinski: "Nur ein Soldat, der seine Pflicht tat"

Aber am Ende des Krieges beschloss er, im Westen zu bleiben.

"Aus Polen kamen viele Informationen und wir wussten, dass die Regierung unter russischer Kontrolle stand, und wir dachten, sie seien Verräter", sagte er. "Ich habe beschlossen, nicht nach Warschau zurückzukehren."

Er reiste zuerst zur polnischen Armee, die in Italien stationiert war, und dann nach Großbritannien, wo er sich niederließ und eine Familie gründete.

Rückblickend auf die Tage des Monats August 1944 sieht er die Geschehnisse sehr trocken. Er war, sagt er, nur ein Soldat, der seine Pflicht tat.

"Wir wurden zu einfachen Soldaten ausgebildet und tun, wenn nötig, was uns die Führer sagen; das ist alles", sagte er.

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