Party-Boys: Debatte in Israel über Opfer, Machos oder Helden

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Copyright REUTERS/Yiannis Kourtoglou
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Von Kirsten Ripper mit REUTERS
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Am 7. August wird der Fall der "falschen Vergewaltigung" auf Zypern weiter verhandelt. Und in Israel wird das Verhalten der jungen Männer kontrovers disktutiert.

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Nachdem sie ihre Vorwürfe der Massenvergewaltigung in Ayia Napa zurückgezogen hat, bleibt die junge Britin auf Zypern in U-Haft. Am 7. August wird sie erneut in Famagusta vor Gericht gestellt.

Die 19-Jährige hatte zugegeben, dass sie die jungen Männer beschuldigt hatte, weil sie wütend darüber war, dass die Jugendlichen Videos von ihr, auf denen sie Sex mit einigen von ihnen hatte, im Internet verbreitet hatten. Wegen der erfundenen Anklage, für die sie sich inzwischen entschuldigt hat, drohen der Britin eine Geldstrafe und bis zu einem Jahr Haft.

Offenbar hatte die junge Frau mit drei jungen Israelis einvernehmlichen Sex.

Die insgesamt 12 jungen Israelis, die die Touristin der Massenvergewaltigung bezichtigt hatte, sind inzwischen alle nach Tel Aviv zurückgeflogen. Einige wollen dagegen klagen, dass sie auf Zypern einige Tage ihrer Ansicht nach unschuldig inhaftiert waren. Einer von ihnen konnte durch ein Selfie der Freundin nachweisen, dass er am fraglichen Abend nicht mit der Britin in einem Hotelzimmer war. Einige beschuldigen auch die Medien, allzu rasch eine falsche Geschichte über sie verbreitet zu haben.

Das Video, das die jungen Männer vom Sex mit der jungen Frau gemacht hatten, wurde über Whatsapp und soziale Medien weitergeleitet und soll sogar auf Pornoseiten zu sehen sein. Die widerrechtliche Verbreitung von Videos kann auf Zypern mit bis zu 5 Jahren Haft bestraft werden.

Am Flughafen Tel Aviv als "israelische Helden" gefeiert

Am Flughafen Ben Gurion wurden mehrere der vemeintlichen Vergewaltiger - darunter der Hauptangeklagte - "wie Helden" gefeiert. Die Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren waren laut Haaretz in verschiedenen Flügen aus Zypern heimgekehrt. Die ersten drei wollten nicht von den Medien entdeckt werden und verschwanden über ein unterirdisches Parkhaus. Doch einige der jungen Israelis wurden von ihren Familien und von Umstehenden "wie Helden" gefeiert Es gab Champagner. Ein Mann rief “Heveinu shalom aleichem! Israels Stolz!” Einige wollten Selfies mit jungen Männern, die in der israelischen Presse auch als "Party-Boys" bezeichnet werden. In Sprechchören machten sie sich über die junge Frau lustig: "Die Britin ist eine Hure, Die Britin bläst allen einen."

Das Auftreten der jungen Männer, die eine Kippa trugen, wird in der israelischen Presse, aber auch im Ausland diskutiert. Die französische Libération titelt "Die zweifelhaften Helden einer schmutzigen Geschichte". Zypern gehört zu den beliebten Reisezielen von Jugendlichen aus Israel, die sich nach einem Schulabschluss oder vor ihrem Wehrdienst amüsieren wollen. Im Radio der israelischen Armee sprach ein Kommentator von "Britininnen, die mit allen schlafen".

Im Artikel "Sex, lies and videotape" meint Ruthie Blum in der Jerusalem Post, die jungen Leute - weder die jungen Israelis noch die junge Britin - übernähmen die Verantwortung für das, was passiert sei. Alle redeten sich irgendwie heraus. Sie fragt danach, wie Jugendliche in Zeiten von Social Media erzogen werden.

Geteilt ist die Meinung der Beobachter dazu, inwieweit die #MeToo-Debatte in Israel angekommen ist. Einige sehen seit Jahren die Rechte der Frauen durch den Einfluss der Ultraorthodoxen in Gefahr. Andere meinen, das Männerbild in Israel liege zwischen der westlichen Sicht der Dinge in Europa und den USA und der Machokultur in den arabischen Nachbarstaaten.

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