25 Jahre nach dem Krieg in Bosnien: "Wir gegen die Anderen"

25 Jahre nach dem Krieg in Bosnien: "Wir gegen die Anderen"
Copyright Euronews
Copyright Euronews
Von Anelise Borges
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Gemischte Paare sind auch 25 Jahre nach dem Daytonabkommen selten. Kein Wunder, denn schon im Kindergarten wird getrennt.

WERBUNG

Vor 25 Jahren wurde das Daytonabkommen unterschrieben: Frieden nach dreieinhalb Jahren des sogenannten Bosnienkrieges.

Maja Gasal-Vrazalica floh als Kind nach Deutschland, so wie Sanjin Vrazalica. Maja sagt: "Wir haben uns als Flüchtlingskinder in Berlin getroffen." Später sahen sich Maja und Sanjin in Sarajevo wieder und sie sind jetzt, was man hier ein "gemischtes Paar". Häufig ist das nicht: Die verschiedenen Ethnien in der Region halten sich nach wie vor, 25 Jahre nach dem Daytonabkommen, dem Friedensvertrag, voneinander fern.

Sanjin meint: "Vor dem Krieg war das anders. Die Menschen verliebten sich. Religion oder ethnische Gruppen spielten keine Rolle. Es ist schwer zu verstehen, was heute geschieht."

In dem Krieg starben 100.000 Menschen. Zwei Millionen waren auf der Flucht. Die Vereinbarung von Dayton beendete 1995 nach dreieinhalb Jahren den Krieg. Das Land wurde aufgeteilt in die Föderation von Bosnien und Herzegowina und die Republica Srpska, die Gemeinde Brčko bildet ein Sonderverwaltungsgebiet.

"Wir gegen die Anderen"

Analyst Adnan Huskic meint, die nationalistische Rhetorik werde dazu benutzt, die Öffentlichkeit zu manipulieren, um von den wahren Problemen abzulenken. Er sagt: "Fragen, warum fließen öffentliche Gelder in private Taschen, sollen nicht gestellt werden. Warum haben wir keine funktionierende Justiz? Warum existiert keine Rechtsstaatlichkeit? Das Thema 'Wir gegen die anderen' verdrängt all das."

Die Stadt Mostar, am Fluss Neretva gelegen, verdeutlicht das Konzept "Wir gegen die anderen". Muslimische Bosniaken und hauptsächliche katholische Kroaten vermeiden hier den Kontakt miteinander. Es gibt eine getrennte Müllabfuhr, getrennte Krankenhäuser und ... getrennte Schulen.

Annelise Borges von Euronews ist in Mostar. Sie meint: "Das Gymnasium von Mostar ist ungewöhnlich. Kroatische und bosnische Schüler gehen in dasselbe Gebäude, lernen aber in getrennten Klassen nach unterschiedlichen Lehrplänen mit verschiedenen Lehrern. Ein Symbol für die bestehende Teilung 25 Jahre nach dem Krieg. Unter einem Dach, doch stets getrennt."

Aktivistin Amna Popovac sagt: "Man muss sich schon beim Kindergarten entscheiden, ob man sein Kind in einen bosnischen oder einen kroatischen Kindergarten schickt. Bei den getrennten Bildungssystemen treffen sich die Kinder nicht. Meine große Befürchtung ist, dass wir mit diesen getrennten Bidlungssystemen das Fundament für den nächsten Konflikt legen."

Und so bleibt 25 Jahre nach dem Friedensabkommen von Dayton ein "gemischtes Paar" wie Maja und Sajnin nach wie vor eine Seltenheit.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Hoffnung auf Heilung: Erste Kommunalwahlen in Mostar seit 2008

Mostar: Aussöhnung in Bosnien dank Sport

Im April vor 32 Jahren: Sarajevo erinnert an 11.451 Tote - darunter 1.601 Kinder