Deutschland liefert nun doch Panzer an Kiew, Putins Feuerpause nur "Heuchelei"

Marder-Panzer der deutschen Bundeswehr
Marder-Panzer der deutschen Bundeswehr Copyright Michael Sohn/AP2011
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Von Julika Herzog mit dpa, AFP, AP
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Nach monatelangem Zögern liefern Deutschland und die USA der Ukraine nun erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer.

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Nach monatelangem Zögern liefern Deutschland und die USA der Ukraine nun erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer, nachdem dies Frankreich bereits Anfang der Woche angekündigt hat.

Deutsche Marder-Panzer für die Ukraine

Deutschland will den ukrainischen Streitkräften mehrere Dutzend Exemplare des Schützenpanzers Marder liefern, der vor mehr als 50 Jahren für die Bundeswehr entwickelt wurde.

Die Bundesregierung stellt der Ukraine zudem ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung. Das vereinbarten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden am Donnerstag in einem Telefonat, wie es anschließend in einer gemeinsamen Erklärung hieß. Die USA schicken Panzer vom Typ Bradley. Beide Länder werden auch ukrainische Streitkräfte an den Panzern ausbilden.

Wieviele und wann die ersten Marder und Bradley in der Ukraine eintreffen werden, steht noch nicht fest. In der Pressemitteilung wird keine Zahl genannt. SPIEGEL-Online schreibt, Deutschland will bis zu 40 Marder an die Ukraine liefern, um ein Panzergrenadierbataillon voll auszustatten. Es sei geplant die ersten Marder schon im ersten Quartal auszuliefern.

Der Schützenpanzer Marder des Düsseldorfer Rüstungsunternehmens Rheinmetall gilt als flink, wendig und flexibel. Schon im Kalten Krieg konzipiert, ist er bei der Bundeswehr seit Jahrzehnten im Einsatz. Schützenpanzer sind allerdings keine Kampfpanzer. Trotzdem kommen sie an vorderster Front zum Einsatz und bieten einen ähnlichen Schutz.

Eine Übersicht über die verschiedenen Panzer finden Sie hier.

Debatte über Lieferung von Leopard 2 geht weiter

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann forderte allerdings auf Twitter noch mehr Unterstützung für die Ukraine. "Wir werden die unschuldigen Menschen nicht im Stich lassen. Und wir sind weiter gefordert."

Das meint auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Sie begrüßte zwar, dass "speziell das Kanzleramt" endlich den Weg für die Lieferung der Marder frei gemacht habe. "Es kommt sehr spät, aber nicht zu spät. Unser Einsatz hat gewirkt", schrieb sie auf Twitter, stellte aber gleich die nächste Forderung. "Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard."

Auch Macron hat Panzer zugesagt

Die Ukraine hatte die westlichen Alliierten und insbesondere Deutschland monatelang um Kampf- und Schützenpanzer gebeten. Scholz hatte immer wieder betont, dass Deutschland in dieser Frage nicht im Alleingang handeln werde und darauf verwiesen, dass bisher kein anderes Nato-Land solche Panzer in die Ukraine geschickt habe.

Der Kurswechsel deutete sich bereits am Mittwoch an, als der französische Präsident Emmanuel Macron Selenskyj schwer bewaffnete Spähpanzer zusagte. Gleichzeitig stellte Biden die Schützenpanzer in Aussicht.

"Wir haben in enger Abstimmung entschieden, auch Schützenpanzer und zusätzliche Luftabwehr zur Verfügung zu stellen. Das Durchhaltevermögen der Ukraine muss größer sein als die Bösartigkeit, die von Putins Krieg ausgeht. Dazu leisten wir einen Beitrag", sagte der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich bei den beiden. "Wir werden noch ein Patriot-System und mächtige Panzertechnik bekommen, das ist wirklich ein großer Sieg für unseren Staat", sagte er in seiner Videoansprache in der Nacht zum Freitag.

Kiew bezeichnete russische Feuerpause als "Heuchelei"

Ebenfalls in seiner nächtlichen Botschaft bezeichnete Selenskyi die russische Feuerpause als "Heuchelei": "Die Russen wollen Weihnachten als Deckmantel benutzen, um den Vormarsch unserer Männer im Donbas aufzuhalten und Ausrüstung, Munition und Soldaten näher an unsere Stellungen zu transportieren. Was wird das bringen? Nur weitere Verluste".

Auch westliche Politiker äußern massive Zweifel daran, dass Russlands Armee die Waffenruhe wirklich umsetzt. EU-Ratschef Charles Michel schrieb auf Twitter: "Es gibt einen Angreifer: den Kreml. Und ein Opfer: die ukrainische Bevölkerung. Ein Rückzug der russischen Truppen ist die einzige ernsthafte Option, um Frieden und Sicherheit wiederherzustellen. Die Ankündigung eines einseitigen Waffenstillstands ist ebenso falsch und heuchlerisch wie die illegalen und grotesken Annexionen und begleitenden Referenden".

Putin begründet Waffenruhe-Plan mit orthodoxem Weihnachtsfest

Für 36 Stunden sollen ab diesem Mittag die russischen Waffen in der Ukraine schweigen - so hat Wladimir Putin es befohlen. Die anderthalbtägige und einseitige Waffenruhe der russischen Armee hatte der Kremlchef angesichts des orthodoxen Weihnachtsfests angeordnet. Es wäre erstmals seit Kriegsbeginn Ende Februar eine Feuerpause entlang der gesamten Frontlinie - falls sie denn wirklich eingehalten wird.

In Putins Dekret heißt es: "Unter Berücksichtigung des Aufrufs von Patriarch Kirill beauftrage ich das russische Verteidigungsministerium vom 6. Januar 12.00 Uhr mittags (10.00 Uhr MEZ) bis 7. Januar 24.00 Uhr (22.00 Uhr MEZ) eine Feuerpause entlang der gesamten Linie der bewaffneten Auseinandersetzung in der Ukraine in Kraft zu setzen."

Zuvor hatte Kirill, das einflussreiche Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, zu einer Waffenruhe in der Ukraine über Weihnachten aufgerufen. Die orthodoxen Kirchen in Russland und in der Ukraine feiern die Geburt Jesu Christi traditionell nach dem julianischen Kalender am 7. Januar.

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