Warum können es sich Jugendliche in Irland und Italien nicht leisten, auszuziehen?

Wohnungskrise in Irland (Symbolbild)
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Von Rebekah DauntEuronews
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Im letzten Teil unserer Serie zur Wohnungskrise in Irland und Italien untersucht Euronews die Rolle der Vermieter auf dem irischen Wohnungsmarkt. Dort ist ein Drittel der Mieter auf finanzielle Unterstützung durch den Staat angewiesen, um die Miete zahlen zu können.

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In Irland waren im Dezember 2022 mehr als 11.500 von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen gezwungen, eine Notunterkunft in Anspruch zu nehmen. Das ist ein Anstieg um 30 Prozent gegenüber Dezember 2021, wie aus einem Bericht des irischen Ministeriums für Wohnungswesen hervorgeht.

Behörden sehen in der Inflation den Grund für den extremen Anstieg der Obdachlosenzahlen, ebenso wie das Versäumnis der Regierung, die Mieten einzufrieren und gegen leerstehende Immobilien vorzugehen, die ansonsten als Notunterkünfte genutzt werden könnten.

Das Economic & Social Research Institute (ERSI) stellte in seinem im Mai 2022 veröffentlichten Bericht fest, dass etwa 100.000 Haushalte irgendeine Art von staatlicher Unterstützung in Anspruch nehmen, um bei privaten Vermietern zu wohnen.

Diese Zahl ist nicht unbedingt überraschend, wenn man bedenkt, dass Eurostat einen Anstieg der Mietpreise in ganz Irland um 90 Prozent im Jahr 2022 im Vergleich zu 2010 festgestellt hat.

"Dies stellt eine große Belastung für junge Menschen dar, die aus ihrem Elternhaus ausziehen wollen und dadurch gezwungen sind, länger zu Hause zu wohnen", sagte Ciaran Lynch, ein ehemaliges Mitglied des irischen Parlaments.

Wer sind die Vermieter, die hinter den steigenden Mieten stehen?

In Irland gibt es keine große Tradition von Vermietern in Form von Unternehmen. Die große Mehrheit sind kleine Immobilieninvestoren, die Lynch als "Gelegenheitsvermieter" bezeichnet - Investoren, die ein oder zwei Immobilien besitzen.

Mark Rose, der Geschäftsführer von Rose Properties in Cork, stimmt dem zu: "80 Prozent des Angebots an Mietobjekten in Irland stammt von kleinen Vermietern, aber das Problem ist, dass 40.000 dieser kleinen Vermieter oder Immobilienbesitzer den Markt seit 2017 verlassen haben", erklärt er gegenüber Euronews.

Warum also verlassen Vermieter den Markt in Scharen?

Rose zufolge veranlassen die sich ständig ändernde Gesetzgebung und hohe Steuern kleine Investoren zum Verkauf: "Man darf nicht vergessen, dass Vermieter ihre Mieteinnahmen mit 52 Prozent versteuern müssen, so dass diese Vermieter nur einen Bruchteil dessen bekommen, was sie tatsächlich für eine Immobilie verlangen", so Rose.

"Sie könnten auch versuchen, die Hypothekenzahlungen für diese Immobilie zu leisten, die Situation ist nicht mehr tragbar. Ich werde dafür bezahlt, dass ich die Gesetzgebung, die den Mietmarkt regelt, verstehe, und ich kann Ihnen sagen, dass sie so kompliziert ist und ein Alptraum für Investoren darstellt."

Vor zehn Jahren sah der Markt jedoch noch ganz anders aus. Um die Nachfrage nach Wohnraum nach der Wirtschaftskrise von 2008 zu verbessern, ermutigten die irischen Banken junge Familien, die ein größeres Haus kaufen wollten, ihre kleineren Immobilien zu behalten, sie zu vermieten und dann die neue Hypothek mit der Miete zu verrechnen.

Der Markt wurde von Vermieter:innen regelrecht überschwemmt, was den Wettbewerb um Mieter:innen verschärfte und infolgedessen die Preise niedrig hielt. Doch jetzt, da die Hauspreise Rekordhöhen erreicht haben, drängen die wenigen verbliebenen Vermieter darauf, sich aus dem Mietmarkt zurückzuziehen.

"Immobilien waren noch nie so wertvoll wie jetzt, es ist also ein guter Zeitpunkt, um auszusteigen und eine gute Rendite zu erzielen", so Lynch. "Meiner Schätzung nach erwirtschaften die Vermieter oder Mietsammler in Irland jährlich etwa 4 Milliarden Euro", fügte er hinzu.

Was ist mit dem Räumungsverbot?

Im Oktober 2022 wurde ein befristetes Räumungsverbot eingeführt, um zu verhindern, dass von der Krise der Lebenshaltungskosten betroffene Mieterinnen und Mieter in den Wintermonaten von ihren Vermieter:innen aus ihren Wohnungen vertrieben werden. Diese Maßnahme lief jedoch Ende März aus, was von Oppositionspolitiker:innen als "grausam und herzlos" bezeichnet wurde.

Rose weist jedoch darauf hin, dass die Vermieterinnen und Vermieter in dieser Gleichung nicht berücksichtigt werden: "Sie mögen es ein Räumungsverbot nennen, ich nenne es ein Verbot, sein Eigentum zu verkaufen. Ich sage nicht, dass es richtig oder falsch ist, aber wenn man ein Auto oder ein Haus besitzt und die Besitzurkunde hat, plötzlich aber gesagt bekommt, dass man es nicht verkaufen darf, gehört es einem dann wirklich?"

Rose meint, ein attraktiverer Markt für Vermieter:innen und eine Senkung der Grundsteuer könnten eine Lösung für die irische Immobilienkrise sein. Er warnte jedoch davor, dass es sich um ein zutiefst polarisierendes Thema handele und dass die Förderung des Wohlergehens von Vermieterinnen und Vermietern den Politiker:innen keinen guten Dienst erweise, wenn es darum gehe, wiedergewählt zu werden. "Es ist nicht sehr attraktiv für einen Politiker, wenn er sagt: 'Wisst ihr was, lasst uns doch mal kurz die Vermieter betrachten.' Das ist nicht gut für den Wahlkampf."

Lynch äußert sich ähnlich: "Irland war lange Zeit im Rückstand, was die Gesetzgebung für Mieter und den Mieterschutz angeht. Deshalb wird der Markt jetzt viel stärker reguliert".

"Die Uneinigkeit oder das Missverständnis besteht darin, wie wir mehr Immobilien auf den Markt bringen können. Die Lösung mag für einige Leute unangenehm sein", erklärt Rose, "tun Sie, was immer Sie tun müssen, um kleine Vermieter auf dem Markt zu halten. Aber das ist hier politischer Selbstmord."

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