5 Schlüsse, die sich aus den Wahlen in den Niederlanden ziehen lassen

Archiv: 2016 stand Geert Wilders wegen Hassrede und Diskriminierung vor Gericht. Im Dezember 2016 wurde er verurteilt.
Archiv: 2016 stand Geert Wilders wegen Hassrede und Diskriminierung vor Gericht. Im Dezember 2016 wurde er verurteilt. Copyright AP Photo
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Von Euronews mit AP, AFP
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Geert Wilders stramm rechte PVV hat bei den Wahlen in den Niederlanden einen historischen Sieg eingefahren. Diese fünf Schlüsse lassen sich aus den Wahlen ziehen:

1. Die PVV hat einen beispiellosen Sieg eingefahren

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Das Ausmaß des Sieges der PVV-Partei von Geert Wilders übertrifft bei weitem die Prognosen der Meinungsforscher:innen. Die PVV hat ihre Anzahl an Sitzen im Parlament im Vergleich zur letzten Wahl verdoppelt.

Dabei handelt es sich nicht nur um das beste Wahlergebnis, das die PVV je erzielt hat, sondern auch um das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass die größte Partei in den Niederlanden nicht aus der linken oder rechten Mitte des politischen Spektrums kommt.

Wie Geert Wilders dieser Sieg gelungen ist? Es sieht danach aus, als hätte er nicht nur seine Wähler:innen von 2021 erneut mobilisieren können, sondern auch Menschen überzeugen können, die bei der letzten Wahl keine Stimme abgegeben hatten. Außerdem sind Wähler:innen anderer rechter Parteien diesmal zu seiner PVV abgewandert.

2. Geert Wilders muss es gelingen, eine Koalition zu bilden

Der rechtsextreme, islamfeindliche Politiker Geert Wilders hat zwar die Wahl am Mittwoch mit seiner PVV gewonnen, aber das bedeutet nicht zwingend, dass er Ministerpräsident wird.

Sofern Wilders nicht mit einer Minderheit regieren will, muss er eine Koalition mit anderen Parteien bilden, um eine Mehrheit im Parlament zu erreichen. Das bedeutet, dass er Kompromisse eingehen müssen wird.

Der Vorsitzende der erst vor drei Monaten gegründeten Partei "Neuer Gesellschaftsvertrag" Pieter Omtzigt erklärte, er sei offen für Gespräche mit Wilders. Die Partei hat bei den Wahlen schätzungsweise 20 Sitze gewonnen.

Die Mitte-Links-Koalition aus Arbeiterpartei und Grüner Partei hält im neuen Parlament Hochrechnungen zufolge 26 Sitze. Parteichef Frans Timmermans hat eine Zusammenarbeit mit Wilders PVV allerdings bereits ausgeschlossen.

"Wir werden niemals eine Koalition mit Parteien eingehen, die so tun, als seien Asylbewerber die Quelle allen Elends", sagte Timmermans.

Archiv: Geert Wilders im September 2023 in Den Haag
Archiv: Geert Wilders im September 2023 in Den HaagAP Photo

3. Informateur und Formateur - die niederländische Politik ist kompliziert!

Der Prozess der Regierungsbildung beginnt damit, dass alle Parteien Vorgespräche führen, um herauszufinden, welche Kombination von Parteien in der Lage sein könnte, zusammenzuarbeiten, um die Mehrheitsschwelle von 76 Sitzen im 150 Plätze umfassenden Parlament zu erreichen.

Das Unterhaus ernennt dann einen sogenannten Informateur, der für die Festlegung der möglichen Rahmenbedingungen einer Koalitionsvereinbarung verantwortlich ist. Bis 2012 wurde diese Person vom König ernannt.

Wenn sich abzeichnet, dass eine Gruppe von Parteien zusammenarbeiten kann, wird ein Formateur ernannt, der sich an die heikle Aufgabe macht, ein mögliches Kabinett zusammenzustellen. Dabei handelt es sich fast immer um den Spitzenkandidat der Partei, die die Wahl für sich entschieden hat.

Die Parteien unterzeichnen dann eine Koalitionsvereinbarung. Die neue Regierung legt daraufhin ihre Pläne dem Unterhaus vor, das dann in einem Vertrauensvotum darüber abstimmen muss.

4. Der Weg zur neuen Regierung wird wohl lang

Erfahrungsgemäß wird es lang dauern, bis die neue niederländische Regierung steht.

In der Regel kämpfen die Parteien in den Niederlanden monatelang darum, so viele Punkte aus ihren Programmen wie möglich in einen Koalitionsvertrag aufzunehmen.

Nach den Wahlen 2021 dauerte es rekordverdächtige 271 Tage, um die Koalition zu bilden, die die letzte des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte sein sollte.

Diesmal könnte es noch länger dauern. Die meisten Analyst:innen rechnen nicht damit, dass vor Sommer 2024 eine neue Regierung steht.

In der Zwischenzeit bleibt der amtierende Ministerpräsident Mark Rutte mit seiner Regierung im Amt.

Archiv: Zwei Rechte unter sich: Geert Wilders und der Belgier Filip Dewinter im November 2017
Archiv: Zwei Rechte unter sich: Geert Wilders und der Belgier Filip Dewinter im November 2017Geert Vanden Wijngaert/AP

5. Nexit: Geert Wilders will ein Referendum zum Austritt aus der EU

Geert Wilders verfolgt politische Ziele, die, sofern sie die Koalitionsbildung überleben sollten, in ganz Europa und insbesondere in Brüssel für Unruhe sorgen werden.

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Bisher gibt es in den Niederlanden keine lauten Forderungen nach einem Austritt aus der EU. Wilders hat trotzdem angekündigt, über den "Nexit" abstimmen lassen zu wollen.

Außerdem sagte er, er wolle einen "Asylstopp" und "keine islamischen Schulen, Korane oder Moscheen" im Land; obwohl er am Mittwochabend versprach, nicht gegen die niederländischen Gesetze oder die Verfassung des Landes zu verstoßen. Darin ist die Religions- und Meinungsfreiheit verankert.

Geert Wilders ist überzeugter Israel-Unterstützer. Er befürwortet die Verlegung der niederländischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und die Schließung der diplomatischen Vertretung des Landes in Ramallah, dem Sitz der palästinensischen Autonomiebehörde.

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