UN-Gericht sieht Gefahr von Völkermord im Gazastreifen – keine Feuerpause

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Von Christoph DebetsEuronews mit AP
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Der Internationale Gerichtshof hat Israel aufgefordert, einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern. Ein Ende des Militäreinsatzes oder eine Feuerpause ordneten die Richter nicht an.

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Der Internationale Gerichtshof sieht eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen und verlangt von Israel mehr Schutz für die Palästinenser. Auch ein Aufhetzen zu einem Völkermord müsse Israel verhindern und bestrafen, entschied das Gericht in Den Haag. Von einer Anordnung einer Feuerpause oder gar einem Ende der Kampfhandlungen sahen die Richter aber ab. Südafrika, das den Fall angestrengt hatte, hatte das Gericht aufgefordert, Israel anzuweisen, seine Operation einzustellen.

Entscheidung in der Hauptsache könnte noch Jahre dauern

In der mit Spannung erwarteten Entscheidung des Gremiums von 17 Richtern beschloss der Internationale Gerichtshof, den Fall weiter zu behandeln. Die Präsidentin des Gerichtshofs, Joan E. Donoghue, sagte: "Das Gericht ist sich des Ausmaßes der menschlichen Tragödie, die sich in der Region abspielt, sehr bewusst und ist zutiefst besorgt über den anhaltenden Verlust von Menschenleben und das menschliche Leid."

Bei der Entscheidung handelt es sich nur um einen Zwischenbeschluss. Es könnte Monate oder sogar Jahre dauern, bis die von Südafrika eingereichte Klage vollständig geprüft ist.

Netanjahu spricht von "Schande"

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete den Richterspruch als empörend und nannte es eine "Schande", dass sich der Gerichtshof überhaupt mit der Völkermord-Klage befasse. In einer ersten Stellungnahme sagte er, Israel werde "weiterhin tun, was notwendig ist", um sich zu verteidigen. Später ergänzte er zurückhaltender: Israels Respekt für das internationale Recht sei unerschütterlich. Mit der Bitte, die Anklage anzuweisen, war die israelische Regierung zuvor gescheitert. Israel weist den Vorwurf des Völkermordes zurück.

Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, begrüßte dagegen den Entscheid des UN-Gerichts. "Die Richter des Internationalen Gerichtshofs sind von den Fakten und Gesetzen ausgegangen. Sie urteilten zugunsten der Humanität und des internationalen Rechts", hieß es in einer Stellungnahme. Alle Staaten, so auch Israel, seien nun aufgefordert, die Anordnung umzusetzen.

Südafrika: "Meilenstein bei der Suche nach Gerechtigkeit"

Auch Südafrika, das die Klage eingereicht hatte, begrüßte die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs. Der Beschluss sei "ein bedeutender Meilenstein bei der Suche nach Gerechtigkeit für das palästinensische Volk", teilte das Außenministerium mit. Drittstaaten, die Israel bislang unterstützten, sollten umgehend sicherstellen, dass sie nicht selbst gegen die Völkermordkonvention verstießen, indem sie die Finanzierung und Erleichterung israelischer Militäraktionen einstellten.

Südafrika ist ein starker Verfechter der Rechte der Palästinenser. Das Land vergleicht die systematische Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung durch eine weiße Minderheit während des rassistischen Apartheid-Regimes (1948-1994) in Südafrika mit dem Umgang Israels mit den Palästinensern.

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