Wegen Gewalt in Gaza: Antisemitsmus-Streit zwischen Polen und Israel verschärft sich

Der polnische Premierminister Donald Tusk und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu.
Der polnische Premierminister Donald Tusk und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu. Copyright AP Photo/Czarek Sokolowski and Ronen Zvulun/AP, File
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Von Euronews mit AP
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Nach dem Angriff auf einen Hilfskonvoi in Gaza ist der Antisemitismus-Streit zwischen Polen und Israel erneut entbrannt.

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Der Tod des polnischen Mitarbeiters der Hilfsorganisation "World Central Kitchen" in Gaza hat eine neue diplomatische Krise zwischen Polen und Israel ausgelöst.

Der polnische Präsident Andrzej Duda kritisierte eine Äußerung des israelischen Botschafters als "empörend", während das Außenministerium in Warschau erklärte, es werde ihn zu einem Treffen einbestellen.

Ein 35-jähriger Mitarbeiter von "World Central Kitchen" wurde zusammen mit sechs weiteren Personen getötet, als er im Gazastreifen Lebensmittel an Hunger leidende Palästinenser verteilen wollte. Israel bezeichnete den Vorfall als "Irrtum" aufgrund einer Verwechslung, obwohl Bilder zeigen, dass die Fahrzeuge eindeutig gekennzeichnet waren. Zudem war der Einsatz der Hilfsorganisation mit den israelischen Behörden abgesprochen.

Inzwischen hat die israelische Armee zwei Soldaten aus dem Dienst entfernt und drei weitere belangt, die für die Drohnenattacke verantwortlich gemacht werden.

"Antisemiten werden immer Antisemiten bleiben"

Der israelische Botschafter in Polen, Yacovw Liwne, zeigte sich schockiert über den Tod des polnischen Mitarbeiters Damian Sobol und wies die Versuche der "extremen Rechten und Linken in Polen" zurück, Israel des "vorsätzlichen Mordes bei diesem Angriff" zu beschuldigen.

In den sozialen Medien erklärte Liwne am Dienstag: "Antisemiten werden immer Antisemiten bleiben, und Israel wird ein demokratischer jüdischer Staat bleiben, der für sein Recht auf Existenz kämpft. Auch zum Wohle der gesamten westlichen Welt".

Der Botschafter als "größtes Problem"

Duda bezeichnete die Bemerkung am Donnerstag als "empörend" und bezeichnete den Botschafter als "das größte Problem für den Staat Israel in den Beziehungen zu Polen".

Der polnische Präsident betonte, dass die israelischen Behörden "sehr zurückhaltend" über die Tragödie gesprochen hätten.

"Leider ist der israelische Botschafter in Polen nicht in der Lage, eine solche Zurückhaltung und Sensibilität zu wahren, was inakzeptabel ist", sagte er.

Regierungschef Donald Tusk, der ein politischer Gegner Dudas ist, äußerte sich ähnlich.

Er sagte am Donnerstag, die Bemerkung habe die Polen beleidigt und der Botschafter solle sich entschuldigen.

Der stellvertretende Außenminister wurde in den polnischen Medien mit den Worten zitiert, Livne sei am Freitagmorgen zu einem Treffen einbestellt worden.

Solidarität mit Israel auf die Probe gestellt

Einen Tag zuvor hatte Tusk in den sozialen Medien einen Kommentar veröffentlicht, der sich an Premierminister Benjamin Netanjahu und Livne richtete: "Die große Mehrheit der Polen hat nach dem Hamas-Anschlag volle Solidarität mit Israel gezeigt. Heute stellen Sie diese Solidarität auf eine harte Probe. Der tragische Anschlag auf Freiwillige und Ihre Reaktion wecken verständliche Wut".

Duda forderte am Donnerstag auch, dass Israel der Familie des Entwicklungshelfers Damian Soból eine "angemessene Entschädigung" zahlen solle.

Soból war nach Einsätzen in der Ukraine, Marokko und der Türkei in den vergangenen sechs Monaten auf einer Hilfsmission im Gazastreifen.

Polnisch-Israelische Beziehungen

Die polnisch-israelischen Beziehungen haben sich nach mehreren schwierigen Jahren in letzter Zeit wieder gebessert. Die Beziehungen waren aufgrund von Streitigkeiten über das polnische Verhalten während des Holocausts, als Nazideutschland Polen besetzte und den Massenmord an den Juden durchführte, stark beeinträchtigt.

Acht Jahre lang, bis zum Dezember, hatte Polen eine nationalistische Regierung, die die polnische Beteiligung an der Ermordung der Juden durch die deutschen Nationalsozialisten herunterspielte und sich weitgehend auf die polnische Hilfe für die Juden konzentrierte. Die israelische Regierung war der Ansicht, dass dieser Ansatz einer Geschichtsverzerrung gleichkam.

Israel lehnte auch ein Gesetz ab, das Ansprüche auf Rückgabe von Eigentum einschränkte, was die Erben polnischer Holocaust-Opfer betraf, und rief 2021 seinen Botschafter zurück, bevor es im nächsten Jahr Livne entsandte, als sich die Beziehungen verbesserten.

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Duda sagte, dass "wir uns darauf geeinigt haben, diesen Vertreter endlich in Polen zu haben, um die Beziehungen zwischen Israel und Polen zu erleichtern", aber dass der Botschafter nun "diese Beziehungen erschwert".

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