Unterschiedlicher Zugang zu Medikamenten in der EU: Wie kann man Abhilfe schaffen?

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Tausende europäischer Patienten haben Schwierigkeiten, Zugang zu den neuesten und wirksamsten Medikamenten zu erhalten. Die Ungleichheiten zwischen den EU-Ländern sind groß. Ein Kommissions-Vorschlag zur Arzneimittelreform soll Abhilfe schaffen.

Der 41-jährige IT-Ingenieur und Hobby-Radfahrer Kuba Molka lebt in Polen. An seine späten Teenagerjahre hat er schlechte Erinnerungen:

"Meine Symptome waren Durchfall und Blut im Stuhl, häufiger Durchfall. Alle Ärzte sagten, das sei auf den Stress vor dem Abitur zurückzuführen. Aber nach dem Abitur und den Aufnahmeprüfungen für die Universität ging es mir immer noch schlecht", so Molka. "Das war der Zeitpunkt, an dem ich ernsthaft begann, nach Hilfe zu suchen."

Bei Kuba wurde die chronische Krankheit Colitis ulcerosa diagnostiziert. Behandlungen erwiesen sich als immer weniger wirksam, er wurde immer anfälliger für Nebenwirkungen. 

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Colitis ulcerosa-Patient Kuba Molkaeuronews

Sowohl in Polen als auch in der Europäischen Union ist ein spezielles injizierbares Medikament verfügbar, das gut auf seine Erkrankung abgestimmt ist. Doch Kuba konnte es monatelang nicht bekommen. Die einzige Möglichkeit war die freiwillige Teilnahme an einem laufenden Forschungsprogramm. 

"Als Erstes fragte ich meinen Arzt, ob es noch andere Wege gibt, um das Medikament zu bekommen, das ich brauche", erzählt Molka. "Er kam dann auf die Idee, dass ich an einer Forschungsstudie teilnehme. Langsam merke ich, dass sich mein Zustand bessert."

Schlechter Zugang zu Medikamenten

Wie Kuba haben Tausende europäische Patienten Schwierigkeiten, Zugang zu den neuesten und wirksamsten Medikamenten zu erhalten, die sie benötigen. Der Zeitraum, um Zugang zu einigen dieser Medikamente zu erhalten, kann unerträglich lang sein. Die Ungleichheiten zwischen den EU-Ländern sind groß. 

Den Ärzten bleiben oft weniger Möglichkeiten. Die Folgen für die Patienten sind katastrophal, sagt Kubas Gastroenterologe:

"Wir haben Patienten, die auf die älteren Medikamente nicht mehr ansprechen, und wenn wir kein Medikamentenprogramm und andere Substanzen haben, können wir diese Patienten nicht adäquat behandeln", erklärt Ariel Liebert, Gastroenterologe und klinischer Pharmakologe am Universitätsklinikum Bydgoszcz. "Manchmal nehmen die Patienten an klinischen Studien teil und kommen auf diese Weise an die Medikamente. Könnten wir sie schneller behandeln, wäre das natürlich besser für die Patienten."

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Ariel Liebert, Gastroenterologe und klinischer Pharmakologe am Universitätsklinikum Bydgoszczeuronews

In einer kürzlich durchgeführten Studie wurden zehn Faktoren ermittelt, die erklären könnten, warum Arzneimittel und Behandlungen, die in einigen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, in anderen manchmal unerreichbar sind. Einige dieser Faktoren können auf europäischer Ebene angegangen werden, wie der jüngste Kommissions-Vorschlag zur Arzneimittelreform zeigt, sagt die EU-Kommissarin für Gesundheit aus Brüssel, Stella Kyriakides:

"Wir müssen den Unternehmen starke Anreize bieten, damit sie neue Medikamente in allen Mitgliedsstaaten gleichzeitig auf den Markt bringen. Wir sind zudem dabei, das Zulassungsverfahren zu verbessern. Zum Beispiel kann man über die Europäische Arzneimittelagentur neue Medikamente viel früher genehmigen lassen. Heute braucht man etwa 400 Tage für die Zulassung eines neuen Medikaments. Mit den neuen Verfahren, die wir einführen, werden es nur noch 180 Tage sein. Das bedeutet, dass sie viel schneller in den Regalen der Apotheken stehen werden."

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EU-Kommissarin für Gesundheit Stella Kyriakideseuronews

Was tun Pharmaunternehmen?

Pharmaunternehmen sind bereit, über Neuerungen zu diskutieren. Einige Zusagen liegen bereits auf dem Tisch, behauptet die Generaldirektorin des Europäischen Verbands der Pharmazeutischen Industrie und ihrer Verbände (EFPIA) Nathalie Moll:

"Unser Ziel ist, dass unsere Produkte die Patienten erreichen. Und dass sie so viele Patienten, soweit verbreitet wie möglich erreichen. Die Unterschiede bei Zugang und Verfügbarkeit sind multifaktoriell bedingt. Es gibt keine einfache Lösung. Wir als Industrie sind die in unserer Verantwortung liegenden Probleme angegangen, indem wir uns verpflichtet haben, innerhalb von zwei Jahren nach der Zulassung der Produkte einen Preis in jedem einzelnen Mitgliedstaat zu ermitteln. Außerdem haben wir einen Preisrahmen vorgeschlagen, damit die Länder in der Lage sind, Produkte auf der Grundlage ihrer Kaufkraft zu erwerben. Denn verschiedene Länder haben unterschiedliche Kaufkraft."

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die Generaldirektorin des Europäischen Verbands der Pharmazeutischen Industrie und ihrer Verbände (EFPIA) Nathalie Molleuronews

Wie auch immer die Lösungen aussehen mögen, für manche Patienten drängt die Zeit. Seine freiwillige Teilnahme an einem Forschungsprogramm hat Kuba zwei Jahre lang eine wirksame Behandlung gesichert. Wie es weitergeht, ist noch ungewiss:

"Ich werde mir Sorgen machen, wenn die Zeit gekommen ist. Das ist mein Motto. Aber hoffentlich verändern sich in den kommenden zwei Jahren einige Dinge zum Besseren."

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