Interview mit Professor Chester Crocker zu den Tücken im Mali-Konflikt

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Alasdair Sandford, euronews:
“Wir sprechen nun mit Professor Chester Crocker von der Georgetown Universität in Washington.

Er ist Experte für internationale Sicherheit und Konfliktmanagement.

Der französische Verteidigungsminister spricht von einem Wendepunkt bei der französischen Militärintervention. Ist der schwierige Teil der Mission also geschafft?

Chester Crocker, Georgetown University:
“Ich würde sagen, dass die heiße Phase überwunden ist. Aber es ist sicher nicht vorbei. Es wird noch mehrere Phasen geben. Man muss einen Weg finden, um die Islamisten dort aufzuspüren, wohin sie sich zurückgezogen haben. Denn sie sind noch da. Die Frage ist also: Sind sie im Norden, sind sie im Osten, wo gehen sie hin und wer wird sie finden?

Alasdair Sandford, euronews:
“Die Franzosen wollen den Afrikanern so schnell wie möglich das Kommando übergeben. Aber was können die tun, außer, einzelne Städte zu verteidigen?

Chester Crocker, Georgetown University:
“Die Franzosen haben erstklassige Streitkräfte und sie haben alles zur Verfügung, was die Einheiten dort brauchen. Wenn sie sich zurückziehen, müssen sie auch weiterhin Unterstützung leisten. Vor allem was Mobilität und Logistik betrifft.

Es ist ein sehr schwieriges Gebiet. Sie brauchen dort viel Wasser und viel Essen. Sie müssen wissen, wo Sie sind. Sie brauchen viele Tipps, damit Sie nicht dauernd in einen Hinterhalt geraten. Wenn die afrikanischen Kräfte nur in Camps in den Städten bleiben, wird der ländliche Raum in den Händen des Feindes sein.”

Alasdair Sandford, euronews:
“Es gab Warnungen, dass in der Region ein zweites Afghanistan und ein langer Konflikt entstehen könnten. Ist das eine gerechtfertigter Vergleich?”

Chester Crocker, Georgetown University:
“Nein, das glaube ich nicht. Aber es wird lange dauern, das politische Gefüge und die gesellschaftliche Grundlage des malischen Volkes wieder herzustellen. Damit die Tuareg im Norden sich als Teil von Mali und im polititschen System nicht ausgegrenzt fühlen.

Aber ich halte es für wichtig, dass die Franzosen, genau so wie die Amerikaner, die Briten und angrenzende afrikanische Länder, sich eng mit den Algeriern abstimmen. Die Algerier spielen in dieser Geschichte eine wichtige Rolle.

Natürlich sind viele Leute unter den Islamisten Algerier. Sie sind keine Tuareg aus Mali oder Libyen, sie sind Algerier.”

Alasdair Sandford, euronews:
“Viele Menschen in der Sahara sind unglaublich arm. Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um neben Politik und Sicherheit auch über wirtschaftliche Entwicklung zu sprechen?”

Chester Crocker, Georgetown University:
“Natürlich ist es das. Die Menschen, die in diesen öden Sahara-Regionen leben, leben hauptsächlich vom Schmuggel, vom Drogenhandel, von Geiselnahmen, von Vieh und wenigen anderen Dingen. Aber das meiste Geld in der Gegend entsteht – und da möchte ich niemanden beleidigen – durch eine Banditenwirtschaft.
Es braucht mehr von einer legitimen Wirtschaft in dieser Gegend. Es muss also in Gesprächen auch um die wirtschaftliche Entwicklung gehen.”

Alasdair Sandford, euronews:
Vielen Dank für dieses Gespräch.

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