Kurzprofil von Ahmet Davutoğlu - Erdoğans Marionette?

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Von Alexandra Leistner mit dpa, afp
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Entgegen aller Prognosen ist er der Gewinner der Parlamentswahl: Ahmet Davutoğlu mit seiner islamisch-konservativen AKP. In seiner Heimatprovinz, dem

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Entgegen aller Prognosen ist er der Gewinner der Parlamentswahl: Ahmet Davutoğlu mit seiner islamisch-konservativen AKP. In seiner Heimatprovinz, dem anatolischen Konya, richtete er sich nach dem Wahlsieg an seine Unterstützer – lächelnd und gewohnt sanft: “Heute ist ein Tag der Bescheidenheit, der Sieg ist der unseres Landes. Ich hoffe, dass wir euch gut dienen werden in den kommenden vier Jahren und wir uns hier 2019 wiedersehen. Gott beschütze uns vor der Scham. Gott beschütze uns vor dem Bösen. Für heute sagen wir gute Nacht, um uns mit unseren Brüdern zusammenzusetzen”.

Hin zu einem Präsidalsystem?
Als die Koalitionsgespräche mit den Oppositionsparteien nach der Wahl im Juni scheiterten, führte Davutoğlu, der bei seinen Kritikern als Marionette Erdoğans gilt, die AKP zu Neuwahlen. Seine Mission: Der Partei die beim ersten Mal verwehrt gebliebene absolute Mehrheit im Parlament zurückgewinnen. Staatspräsident Erdoğan hielt sich bei der neuen Kampagne im Hintergrund, die Bühne überließ er Davutoğlu. Auch die umstrittene Verfassungsreform kam nicht zur Sprache. Nach dem Wahldebakel im Juni hatte die AKP das Thema vorerst gemieden. Die Reformpläne für ein Präsidialsystem würden die Vollmachten von Erdoğan ausweiten. Doch dafür benötigt die AKP 60 Prozent der Stimmen im Parlament (das entspricht 330 Mandaten) – die hat sie nach vorläufigen Ergebnissen nicht. Daher ist sie auf die Unterstützung der Oppositon abgewiesen. Die Verfassungsänderung addressierte Davutoğlu in seiner Dankesrede noch am Wahlabend: “Lassen wir die Putschverfassung hinter uns, und fassen wir alle zusammen mit an für eine zivile und freiheitliche Verfassung”, rief der die im Parlament vertretenen Oppositionsparteien auf.

Davutoğlu war nach fünf Jahren als Außenminister im Jahr 2014 von Erdoğan ins Amt des Vorsitzenden der AKP, der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, berufen worden. Die Vision beider Politiker für die Türkei: Eine stabile islamische Großmacht in einer krisengeschüttelten Region. Indem er die absolute Mehrheit zurückgewann, sicherte Davutoğlu seine und Erdoğans Machtposition. Doch der Wahlsieg bedeutet für die AKP jetzt vor allem schnelles Handeln, wie der politischer Analyst, Professor Cengiz Aktar, erklärte: “Man wird sehen, ob Erdoğan seinen Traum von einem neuen Präsidialsystem, das das System der Gewaltenteilung aufweicht, aufgibt. Die Regierung muss jetzt das Kurdenproblem angehen und die Wirtschaftskrise in den Griff kriegen – denn die Türkei befindet sich in einer Sackgasse”.

Neben innenpolitischen Krisenherden steht die neue Regierung auch außenpolitisch vor großen Herausforderungen: Allen voran der Bürgerkrieg im benachbarten Syrien und der Kampf gegen IS-Extremisten im eigenen Land.

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