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"Sein Baby nicht impfen zu lassen, bedeutet dem Tod eines anderen Kindes"

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Von Euronews
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Im vergangenen Jahr starben in Rumänien 34 Menschen, nachdem sie sich mit Masern angesteckt hatten. Mehr als 9.000 Fälle wurden beim derzeitigen Ausbruch gemeldet.

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Von Loralei Mihala

Im April brachte Laura Lisita ihr fünf Monate altes Baby ins Krankenhaus. Das kleine Mädchen litt an einer Ohrentzündung. Eine Woche ging es Alexandra besser und sie kam nach Hause zurück. Doch wenige Tage später musste sie wieder ins Krankenhaus. Diesmal wurden Masern diagnostiziert – und die Kleine sollte sich nie wieder davon erholen.

Ihre Mutter, die in der Kleinstadt Lugoj in Westrumänien lebt, glaubt, dass Alexandra sich bei ihrem ersten Krankenhausaufenthalt mit den Masern ansteckte, da sie durch die gleichen Flure und Warteräume geschleust wurde wie die Opfer des Masernausbruchs, der das Land überrollte.

“Die Krankenschwestern warnten mich, dass sie die Masern bekommen könne, denn es gab diese Infektion im Krankenhaus”, erzählt Laura euronews.

Alexandra war noch zu klein, um geimpft zu werden. Aber Laura ist dennoch überzeugt, dass ein Impfprogramm ihr Leben hätte retten können – und sollen.

“Sie war zu klein und sie fing sich diese Krankheit ein, die manche für ganz gewöhnlich halten. Ich bin sehr wütend über die Leute, die sagen, dass sie ihre Kinder nicht impfen wollen – denn seine Kinder nicht zu impfen bedeutet den Tod eines anderen Kindes”, warnt Laura.

“Ich habe keine Angst”

Die Frage ist heikel in Rumänien, ebenso wie in vielen anderen Ländern der Welt, denn Eltern bestehen auf ihrem Recht, selbst zu entscheiden, wie sie sich um ihre Kinder kümmern. Dennoch können die Entscheidungen Einzelner in dieser Hinsicht weitreichende Konsequenzen für eine ganze Generation haben.

Die Masernimpfung ist üblicherweise mit der Impfung gegen Mumps und Röteln verbunden und als MMR-Impfung bekannt. Um vollständig effizient zu sein, sollte sie in zwei Dosen verabreicht werden: typischerweise, wenn ein Kind zwölf Monate alt ist, und dann noch einmal im Alter von fünf Jahren. Um ausreichenden Schutz zu bieten und einen massenhaften Ausbruch der Krankheit zu verhindern, sollten nach Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation 95 Prozent der Kinder daran teilnehmen. In Rumänien wurden 2016 86 Prozent der Kinder im Alter der Zielgruppe zum ersten Mal immunisiert, und 67 Prozent erhielten die Auffrischung.

Cristiana Moldoveanu, 32, entschied sich, ihren Sohn, der jetzt 18 Monate alt ist, nicht gegen Masern impfen zu lassen.

“Ich denke, er muss für seine lebenslange Immunität auf natürliche Weise die Kinderkrankheiten durchmachen, und ich habe keine Angst vor diesen Krankheiten”, sagt sie euronews.

“Die Epidemie lässt mich kalt. Seit meiner Kindheit ist das eine Epidemie. Das habe ich zumindest von meiner Mutter gehört”, fügt sie hinzu.

Cristiana äußert auch Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung und gegenüber ihren Risiken. Diese werden von medizinischen Experten von der Hand gewiesen, haben aber nichtsdestotrotz im Volk viel Glauben gefunden.

“Die Masernimpfung bringt das Leben keines Patienten in Gefahr. Sie rettet praktisch den Patienten vor den Nebenwirkungen von Masern, Röteln oder Mumps”, sagt Kinderärztin Valeria Herdea, Vorsitzende des Rumänischen Verbandes für pädriatische Ausbildung in der Familienmedizin.

Geimpfte Kinder seien nur anfällig, wenn sie das Programm nicht abgeschlossen haben, oder in Ausnahmefällen, wenn ihr Immunsystem empfindlich durch andere Faktoren geschwächt sei, betont Dr. Herdea.

Es war aber nicht immer die Resistenz der Eltern, die hinter niedrigen Impfraten stand.

Nicht genügend Impfstoff

Laura Lisita, die ihre Tochter Alexandra verlor, hat außerdem einen zweijährigen Sohn. Auch er bekam die Masern, nachdem seine Schwester erkrankt war. Denn wegen der Knappheit an Impfstoffen in der Region, in der er wohnte, konnte er nicht immunisiert werden.

Während des massiven Masernausbruchs im Februar dieses Jahres berichteten zehn von 41 öffentlichen Gesundheitsbehörden auf Bezirksebene, dass sie keinen Impfstoff gegen Masern hätten. Und das, obwohl die Kampagne der Regierung die Eltern dazu drängte, gegen die Masern vorzubeugen und zu handeln.

“Eine gewisse Zeit lang hatten sie keinen Impfstoff”, sagt Laura. “Inzwischen habe ich es geschafft, ihn impfen zu lassen, aber ich war nie dagegen gewesen.”

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Oana Grigore, eine Sprecherin des rumänischen Gesundheitsministeriums, räumt ein, dass es Probleme bei der Verfügbarkeit der Impfstoffe gab. Sie führt diese auf eine pan-europäische Verknappung zurück, bedingt durch Produktionsengpässe.

Sie betont, dass 160.000 Kinder im Juni und Juli und weitere 80.000 im August geimpft worden seien: “Impfung ist ein zunehmender Trend.”

Individuelle oder kollektive Wahl?

Nun wird ein Gesetz zum Impfzwang in Rumänien öffentlich diskutiert. Falls es angenommen wird, würde die Impfung obligatorisch für die Einschreibung in Kindergarten oder Schule.

Nach dem Vorschlag wurden jüngst Proteste organisiert, wobei sich die Gegner eher auf das Recht der freien Entscheidung konzentrieren als auf Fragen zur Impfung selbst.

Daniela Pruna, Mutter von zwei Kindern, sagt, dass sie ihre Kinder nicht impfen lassen wolle und pocht auf ihr Recht der freien Entscheidung: “Ich halte diesen Vorschlag für ein Nazi-Gesetz! Ein schrecklicher Missbrauch! Mein Körper gehört mir, meine Kinder sind MEINE Kinder, und es ist meine Entscheidung, ob ich sie impfen lasse oder nicht. Es ist nicht der Staat, der über den Körper eines Menschen verfügen kann.”

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Laura Lisita sieht das ganz anders:

“Das Leben ist nicht nur das, was man im Fernsehen sieht ober im Internet liest. Ich würde Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, empfehlen, dass sie mal in ein Krankenhaus gehen, um zu sehen, wie sehr ein Kind mit Masern leidet. Um selbst zu sehen, wie sehr seine Haut juckt, zu hören, wie es hustet, zu sehen, wie es atmet, anzuschauen, wie die Eltern ihrem Baby eine Maske aufs Gesicht drücken, weil sie wissen: Wenn diese Maske abgenommen wird, dann stirbt es.”

“Hätten Eltern, die ein anderes Kind in dieser Verfassung sehen, den Mut zu sagen: ‘Ich werde mein Baby nicht impfen’? Wer immer diesen Mut hat, ist kriminell.”

Von Loralei Mihala
Deutsche Übersetzung aus dem Englischen

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