Anders als erwartet: mehr Babys in Metropolen

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Copyright Pixabay CC Jarmolul
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Von Kirsten Ripper
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Nein, gebildetere Mütter bekommen nicht weniger Babys. Ein Wissenschaftler vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung erklärt die neuen Tendenzen der Demografie.

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Jahrelang haben Forscher geglaubt, dass sich die Tendenz fortsetzen werde, dass gebildetere Frauen weniger Kinder bekommen. Wollen Frauen mit gutem Job wirklich keine Kinder? NEIN, wie Frankreich schon seit Jahren vormacht, genügt es, die Betreuungsangebote zu verbessern, und die Geburtenrate steigt.

Eine Studie von Sebastian Klüsener und Mikko Myrskylä für das Max-Planck-Institut für demografische Forschung und Jonathan Fox von der Freien Universität Berlin zeigt in rund 250 europäischen Regionen einen positiven Zusammenhang zwischen Geburtenraten und Einkommen.

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Entwicklungsstand einer Region auf hohem Niveau nicht mehr als ‚Verhütungsmittel’ wirkt, sondern potenziell sogar höhere Geburtenraten begünstigt“, sagt Sebastian Klüsener, der inzwischen als Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung tätig ist.

Es ist zu erwarten, dass hoch entwickelte Metropolregionen mit bisher unterdurchschnittlichen Geburtenraten in Zukunft zu Hochburgen der Fertilität werden.

euronews hat Sebastian Klüsener zu der Studie befragt.

"Das nordische Modell muss nachjustiert werden"

Welche Entwicklung der vergangenen Jahre hat Sie persönlich am meisten überrascht?

Sebastian Klüsener: Die relativ starken Geburtenrückgänge in einigen nordischen Ländern wie Norwegen und Finnland. Deutschland hat seine Familienpolitik stark an dem nordischen Modell ausgerichtet. Es scheint, als würde diese Modell gut geeignet sein, Akademikern eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Momentan werden die Rückgänge dagegen eher bei Männern und Frauen mit niedrigem und mittleren Bildungsniveau verzeichnet. Hier muss das nordische Modell nachjustiert werden, sodass ein größerer Teil der Bevölkerung erreicht wird.

"Kaum regionale Unterschiede im deutschsprachigen Raum"

Welche regionalen Unterschiede gibt es zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich?

Sebastian Klüsener: Während es vor wenigen Jahrzehnten in allen drei Ländern noch starke regionale Unterschiede gab, sind sie heute relativ gering. Die höchste Fertilität wird momentan in Ostdeutschland gemessen. Regionen mit größeren Städten haben häufig ein geringeres Geburtenniveau, was zum Teil mit Wanderungen über den Lebensverlauf zu tun hat. Junge Frauen ziehen für die Ausbildung in die Städte, bekommen ihre Kinder aber häufig nach der Ausbildung, wenn viele den Ausbildungsort wieder verlassen haben. Die höchste Gesamtkinderzahl pro Frau in einer deutschsprachigen Region Europas wird übrigens in der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens gemessen. Dort profitieren die Frauen schon seit Jahrzehnten von einer Familienpolitik nach französischem Vorbild.

Was sagen Sie dazu, dass sich in einigen Ländern wie in Frankreich inzwischen auch gut ausgebildete Mütter von Job und Kindern überfordert fühlen? Haben Sie diesen Trend in Ihrer Forschung festgestellt?

Sebastian Klûsener: Zur Überforderung habe ich selbst nicht gearbeitet. Überforderung kann aber ebenfalls auftreten, wenn Personen keine Kinder haben bzw. wenn Eltern nicht berufstätig sind. Kinder erfordern natürlich Zeit. Wesentlich ist, dass auch durch die Arbeitgeber Arbeitsumfelder geschaffen werden, in denen Familie und Beruf bzw. Karriere vereinbar sind.

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