Staatenbeschwerde: Liechtensteiner wollen nicht als Deutsche bezeichnet werden

Das Schloss Vaduz, der Sitz der liechtensteinischen Fürstenfamilie in Vaduz.
Das Schloss Vaduz, der Sitz der liechtensteinischen Fürstenfamilie in Vaduz. Copyright Frank Jordans/AP
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Von Alice Tidey
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Liechtensteins Regierung hat eine Staatenbeschwerde in Straßburg eingereicht, die Tschechien auffordert, Liechtensteiner nicht mehr als Deutsche zu bezeichnen.

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Das Fürstentum Liechtenstein wehrt sich gegen die Einordnung seiner Landsleute als Deutsche. Das geschehe wiederholt in Tschechien, wenn Liechtensteiner Eigentumsansprüche aus der Zeit vor 1945 geltend machten.

Liechtensteins Regierung sieht die Souveränität des Landes verletzt und hat nun eine Staatenbeschwerde gegen die Tschechische Republik beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingereicht. Tschechische Republik auffordert wird, ihre Bürger nicht mehr als Deutsche zu bezeichnen. Der EGMR hat den Eingang bestätigt.

"Liechtensteiner Bürgerinnen und Bürgern werden in der Tschechischen Republik erneut ihre Eigentumsrechte verweigert - auf der Grundlage der Präsidialdekrete von 1945, die sie unzulässigerweise als Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit einstufen. Das stellt eine offensichtliche Mi´ssachtung der Souveränität Liechtensteins dar", sagte das Aussenministerium des Fürstentums.

Die Präsidialdekrete von 1945 - auch als Benes-Dekrete bekannt, benannt nach dem Präsidenten Edvard Benes (1884-1948) - wurden in der damaligen Tschechoslowakei während des Zweiten Weltkriegs erlassen und nach dem Krieg durchgesetzt. Sie führten zur entschädigungslosen Beschlagnahme von Eigentum von ethnischen Deutschen und Ungarn sowie von Verrätern und Kollaborateuren. Eine Restitution für Deutsche ist nach den Benes-Dekrete bis heute nicht möglich.

Entschädigungsstreit auf Grundlage der Benes-Dekrete von 1945

Hintergrund ist ein Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts vom Februar, das die Enteignung des Fürstenhauses Liechtenstein auf der Grundlage der Benes-Dekrete für rechtens erklärt hatte. Rund 50.000 Hektar Land und eine Burg, die vor dem Krieg der königlichen Familie des Fürstentums gehörten, seien nach dem Urteil rechtmäßig beschlagnahmt worden.

Die Adelsfamilie Liechtenstein verfügte vor dem Zweiten Weltkrieg in der damaligen Tschechoslowakei über umfangreiche Ländereien, Immobilien und Kunstsammlungen. Ihr Hauptsitz lag auf Schloss Valtice in Südmähren, das heute Teil des Unesco-Welterbes ist.

Nach Angaben der liechtensteinischen Regierung wurden seit Jahrhunderten bestehende Eigentumseintragungen im Grundbuch gelöscht. Dies sei damit begründet worden, Fürst Franz Josef II. (1906-1989) habe sich zur deutschen Nationalität im Sinne der tschechischen Präsidialdekrete bekannt. Aus Sicht des Fürstentums ist das falsch, die "Fürst von Liechtenstein-Stiftung" will das widerlegen können.

"Aufgrund des Verhaltens und Handelns der tschechischen Behörden und Gerichte können außerdem liechtensteinische Staatsangehörige in mehr als zwei Dutzend weiteren Verfahren ihre Ansprüche im Zusammenhang mit Vermögen in der Tschechischen Republik aus der Zeit vor 1945 nicht geltend machen, weil die Einstufung liechtensteinischer Staatsangehöriger als Deutsche für sie feststeht", so das liechtensteinische Auswärtige Amt weiter.

29 liechtensteinischen Staatsbürger warten auf Entschädigung aus Tschechien

"Mit anderen neutralen Staaten, wie der Schweiz, war die Tschechische Republik in den vergangenen Jahrzehnten bereit, bilaterale Lösungen für ähnliche Eigentumsfragen auszuhandeln. Es gab jedoch nie Gespräche mit Liechtenstein über die offenen vermögensrechtlichen Fragen. Die Verweigerung geht auf Kosten der Rechtsnachfolger aller 29 liechtensteinischen Staatsbürger, denen in der heutigen Tschechischen Republik unrechtmässig Eigentum entzogen und eine Entschädigung verweigert wurde", hieß es weiter.

Das kleine Fürstentum Liechtenstein mit knapp 39.000 Einwohnern liegt zwischen der Schweiz und Österreich. Er wurde erstmals 1719 gegründet, nachdem Fürst Johann Adam zwei ehemalige Herrschaften gekauft und zusammengelegt hatte. 1806 wurde Leichtensetin ein souveräner Staat und gehörte dann von 1815 bis 1866, als es unabhängig wurde, dem Deutschen Bund an. Während der beiden Weltkriege blieb das Land neutral.

Euronews hat das tschechische Aussenministerium um einen Kommentar gebeten.

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