Covid-19 im Gaza-Streifen - Leiden unter einem Doppel-Lockdown

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Von su mit dpa
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Das Coronavirus hat die Probleme im politisch abgeriegelten Gazastreifen nur noch verschärft. Die ersten Impf-Chargen dürften Anfang März im Westjordanland und im Gazastreifen eintreffen - zwei Monate später als in Israel.

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Wenn sich jemand mit Lockdowns auskennt, dann sind das die rund 2 Millionen Bewohner des Gazastreifens. Seit 2007 von der von vielen Staaten als Terror-Vereinigung eingestuften Hamas regiert, ist das Gebiet de facto abgeriegelt, Cafés und Strand die einzigen Optionen, mal rauszukommen. Die Jüngeren haben das Gebiet von der Größe des Bundeslandes Bremen nie verlassen und jeder Fünfte leidet an psychischen Problemen. Mohammad (30) kann es kaum erwarten, rauszukommen und etwas anderes zu erleben.

Mohammad al Mamlouk, Arbeiter aus Bait Hanoun:

„Gibt es überhaupt Menschen da draußen oder stimmt das gar nicht? Fragen sich wohl auch meine Kinder, wenn sie erwachsen werden und wenn die Lage so bleibt wie jetzt. Jeder hier möchte reisen und Menschen sehen.“

2020 waren die Hauptsensationen in Gaza der Wasser- und Medikamentenmangel und eine schwere Stromkrise - die Bewohner der Enklave hatten nur bis zu sechs Stunden Strom pro Tag. Das Coronavirus hat die Probleme im Gazastreifen nur noch verschärft.

Ammar Abu al Jedian (28) arbeitsloser Uni-Absolvent in Bait Lahia:

„Die Menschen leiden seit fünfzehn Jahren unter einem Lockdown, und das führt zu verzerrten Ideen gegenüber dieser Welt. Ich meine, dass dies Hass gegen die Welt und Gewalt hervorruft.“

IMPFSTOFFE

UN-Menschenrechtsexperten (Sondergesandte Michael Lynk, Tlaleng Mofokeng) forderten Israel als - wie sie es nennen - "Besatzungsmacht" auf, den Palästinensern im Gazasstreifen einen raschen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zu gewähren. Das palästinensische Gesundheitsministerium erwartet, dass die ersten Chargen des AstraZeneca COVID-19-Impfstoffs Anfang März im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen eintreffen – mehr als zwei Monate später als in Israel. Trotz der politischen Blockade wurden bisher mehr als 148.100 Palästinenser positiv auf das Coronavirus getestet, seit Beginn der Pandemie wurden im Westjordanland und im Gazastreifen mehr als 1.610 Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19 gemeldet.

IMPF-PIONIERSTAAT ISRAEL

Israel dient Impfstoff-Herstellern als eine Art „Modell“ für eine rasche Impfkampagne. Zu Jahresbeginn kündigte Regierungschef Benjamin Netanjahu an, in den folgenden Wochen würden genügend Dosen geliefert, um allen Interessierten ab 16 Jahren bis Ende März eine Impfung anzubieten.

su mit dpa

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