Am 265. Tag des Kriegs in der Ukraine meldet Russland Geländegewinne. Fachleute vermuten, dass Moskau damit von Verlusten an anderer Stelle ablenken will.
Das russische Außenministerium spricht von Geländegewinnen in der Region Donezk. Offenbar eine Meldung, die an die Behauptung anknüpfen soll, man habe dort seine militärischen Operationen verstärkt – nach dem Rückzug aus dem Gebiet westlich von Cherson.
Mit der Behauptung, konkrete Geländegewinne gemacht zu haben, wolle Moskau die eigenen Meldungen vom Erfolg in der Region Donezk untermauern, meint das Institute for the Study of War (ISW) in Washington. So wolle Russland von den Verlusten in Cherson ablenken.
Der Think Tank vermutet, dass Putin seinen General Surovikin aus dem Westen von Cherson unter einer Bedingung hat abziehen lassen, nämlich dass er die Region Donezk einnimmt. Und zwar mit den russischen Kräften aus dem Westen von Cherson und neuen, durch die Mobilisierung gewonnen Soldatinnen und Soldaten.
Welche russischen Einheiten sind in der Region Donezk aktiv? Dem ISW zufolge sind es:
reguläre russische Streitkräfte
mobilisierte Soldaten
die Söldnertruppe Wagner
Reservistentruppen (Boevoy Armeyskiy Rezerv Strany = BARS)
Milizen aus den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk
Soldaten aus den tschetschenischen Einheiten von Ramzan Kadyrow
Freiwilligen-Bataillone
Diese seltsame Mischung der russischen Truppen wird wahrscheinlich durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit Erfolge verzeichnen. Aber die ukrainische Verteidiger – sie haben wahrscheinlich Verstärkung erhalten - werden wohl dafür sorgen, dass die russischen Einheiten in den nächsten Monaten nicht weit vorankommen, sagt Euronews-Journalistin Sasha Vakulin.
Ein Blick in den Süden der Ukraine: Das britische Verteidigungsministerium sagt, nach der Aufgabe der Stadt Cherson habe Russland die Stadt Henitschesk am Asowschen Meer zu einer "temporären Hauptstadt“ in der Region gemacht und werde wahrscheinlich Einheiten dorthin verlegen.
Russland ist gut aufgestellt, um auf mögliche Gefahren zu reagieren – ganz gleich ob sie aus Cherson im Westen kommen oder aus Melitopol im Nordosten. Von der Krim kann Verstärkung geholt werden.
Vor allem sind die russischen Stellungen momentan außerhalb der Reichweite von ukrainischen Artilleriesystemen, die in der Vergangenheit russischen Posten schwere Schäden zugefügt haben.