Mietenwahnsinn in Berlin: Initiative plant neuen Volksentscheid über Enteignungen

Berlin und seine immer unerschwinglicheren Mieten
Berlin und seine immer unerschwinglicheren Mieten Copyright Michael Sohn/AP
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Von Anja BenczeKristina Jovanovski
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Die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt hat sich seit 2021 deutlich verschlimmert. Die Mietpreise steigen seit Jahren, während das Wohnungsangebot schrumpft.

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Chris Anders ist Berliner und genießt die Vielfalt in seinem Kiez. Wie für viele andere auch hat es eine Weile gedauert, bis er Wurzeln schlagen konnte. Auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung lebte er lange Zeit zur Untermiete.

"Man hat das Gefühl, dass man hier nie ein Zuhause findet, nie sesshaft wird. Irgendwie verliert man die Kontrolle, oder ich habe die Kontrolle über mein Leben verloren, zumindest fühlte es sich so an. Ich war die ganze Zeit in Sorge. Ich konnte nicht schlafen. Ich war immer auf der Suche nach einer neuen Bleibe."

2. Anlauf für "Deutsche Wohnen & Co. Enteignen"

Chris Anders macht mit bei der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. Enteignen", die vor zwei Jahren erfolgreich einen Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne in Berlin durchführte. Umgesetzt wurde er bislang aber nicht. 

Deswegen soll eine zweite Absrimmung stattfinden, die diesmal direkt in ein Gesetz zur Vergesellschaftung mündet. Die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt hat sich seit 2021 deutlich verschlimmert. Die Mietpreise steigen seit Jahren, während das Wohnungsangebot schrumpft.

Der damals noch rot-grüne Senat setzte eine Kommission ein, die prüfen sollte, wie die Forderung des ersten Volkentscheids umgesetzt werden kann. Die kam im vor Kurzem  vorgestellten Abschlussbericht zu der Einschätzung, dass die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen möglich sei.

Die Aktivisten von "Deutsche Wohnen & Co. Enteignen" befürchten jedoch, dass die Politik versucht, die Umsetzung eines solchen Plans zu verzögern.

Deswegen soll die zweite Befragung ein rechtssicheres Gesetz vorschlagen, das schnell umgesetzt werden kann, wenn es genügend Stimmen erhält.

Könnte Motivation für Investionen hemmen

Kritiker:innen bemängeln, dies würde nicht dazu beitragen, den Bau neuer Wohnungen zu fördern. Die Bauindustrie steckt in der Krise. Der Krieg in der Ukraine hat die Kosten für Baumaterialien in Deutschland in die Höhe getrieben. Einige Unternehmen haben Insolvenz angemeldet, andere Bauprojekte gestrichen.

Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie meint, das Enteignungsgesetz würde die Schaffung neuer Wohnungen noch mehr einschränken.

"Es würde die ganze Motivation für Investoren verringern, weil man immer Angst haben muss, dass die öffentliche Hand einem den Wohnraum wegnimmt, in den man investiert hat. Und es wäre keine sichere Investition, weil man nicht weiß, wie lange man diese Häuser haben kann, um seine Investition zu refinanzieren."

Chris Anders sagt, die Preise für neue Wohnungen seien für viele unerschwinglich. Seine Gruppe konzentriere sich auf den Schutz von Mietern, die Gefahr laufen, aus ihren derzeitigen Wohnungen verdrängt zu werden.

"Man muss irgendwie sicherstellen, dass die Leute wenigstens dort bleiben können, wo sie sind, in ihren sozialen Netzwerken, in ihrer Wohnung, ihrem Zuhause, an dem Ort, an dem sie gewohnt sind zu leben."

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