"Lebensmittel als Kriegwaffe": Trauer um die getöteten Helfer

Das Auto der WCK-Mitarbeiter nach dem israelischen Luftangriff am 2. April, 2024.
Das Auto der WCK-Mitarbeiter nach dem israelischen Luftangriff am 2. April, 2024. Copyright Abdel Kareem Hana/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Copyright Abdel Kareem Hana/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Von Johanna Urbancik mit AP
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Die Organisation "World Central Kitchen" hat die Identitäten der sieben getöteten Mitarbeiter bekannt gegeben.

WERBUNG

Israelische Luftangriffe haben sechs Helfer der World Central Kitchen (WCK) und ihren Fahrer im Gazastreifen getötet. Nach Angaben der Organisation war das Team mit zwei gepanzerten Fahrzeugen, die mit dem WCK-Logo versehen waren, unterwegs. 

Die Leichen der sechs Helfer wurden nach Ägypten gebracht

Ägyptische Staatsmedien berichten, dass die Leichen von sechs ausländischen Hilfsmitarbeitern, die bei einer Reihe von israelischen Angriffen getötet wurden, aus dem Gazastreifen gebracht wurden. Laut dem Fernsehsender Qahera TV wurden die Leichen am Mittwoch am Grenzübergang Rafah über die ägyptische Grenze gebracht.

"Lebensmittel werden als Kriegswaffe eingesetzt"

Trotz der Koordinierung mit der israelischen Armee bezüglich der geplanten Route wurde der Konvoi angegriffen, als er das Lagerhaus in Deir al-Balah verließ. Das Investigativ-Portal Bellingcat hat zwei der Fahrzeuge auf einer Straße geortet, die von der UN-Behörde für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) als "Zugängliche Straße für humanitäre Hilfe" bezeichnet werden. Bellingcat zufolge stand das dritte Fahrzeug auf einem Feld direkt neben dieser Straße.

"Dies ist nicht nur ein Angriff auf WCK, sondern auch auf humanitäre Organisationen, die sich in den schlimmsten Situationen engagieren, in denen Lebensmittel als Kriegswaffe eingesetzt werden. Das ist unverzeihlich", sagte die Geschäftsführerin von World Central Kitchen, Erin Gore. Die sieben Getöteten stammen aus Australien, Polen, dem Vereinigten Königreich, einem Doppelstaatsbürger der USA und Kanadas sowie aus Palästina.

Die blutverschmierten britischen, polnischen und australischen Pässe nach einem israelischen Luftangriff in Deir al-Balah, Gazastreifen, Montag, 1. April 2024.
Die blutverschmierten britischen, polnischen und australischen Pässe nach einem israelischen Luftangriff in Deir al-Balah, Gazastreifen, Montag, 1. April 2024.Abdel Kareem Hana/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.

Wer waren die getöteten Hilfsarbeiter?

Das WCK hat in einer Pressemitteilung die Identitäten der getöteten Hilfsarbeiter bekannt gegeben: John Chapman, 57, James (Jim) Henderson, 33, James Kirby, 47, Saifeddin Issam Ayad Abutaha, 25, Lalzawmi (Zomi) Frankcom, 43, Damian Sobół, 35 und Jacob Flickinger, 33.

Einer der getöteten Hilfsarbeiter war Damian Sobół. Er stammte ursprünglich aus Przemyśl, einer Kleinstadt an der polnisch-ukrainischen Grenze. Nach dem russischen Angriffskrieg hat der 35-Jährige seine humanitäre Hilfskarriere begonnen und arbeitete seitdem in der Türkei, Marokko und Gaza. 

Der Ex-Geschäftsführer der WCK, Nate Mook, hat seine Trauer in einem Beitrag auf X über die 43-jährige Australierin Zomi geäußert. Er schrieb: "Zomi war eine der ersten Mitarbeiterinnen der World Central Kitchen. Nach dem Ausbruch des Vulkans Fuego kam sie zum ersten Mal als Freiwillige in unsere WCK-Küche in Guatemala – und wurde wie eine Familie. Zomi war energisch, ihr Geist des Helfens verkörperte die größten Aspekte der Menschlichkeit. Wer Zomi kannte, vergisst nie ihr breites Lächeln und ihr warmes Lachen. In den dunkelsten Momenten war Zomi ein leuchtendes Licht des Trostes, und die Welt ist ohne sie ein dunklerer Ort." 

IDF soll vermutet haben, dass ein Terrorist mit dem Konvoi unterwegs gewesen sei

Quellen der Israelischen Armee erklärten gegenüber Haaretz, dass die Fahrzeuge der Helfer dreimal von Raketen getroffen worden seien, die von einer Drohne abgefeuert worden seien. Nach Angaben der Quelle "habe man fälschlicherweise vermutet, dass ein Terrorist mit dem Konvoi unterwegs sei." 

Haaretz berichtete zudem, dass einige der Passagiere ihr Fahrzeug nach dem Einschlag der ersten Rakete verließen und in ein anderes Auto stiegen, das dann von einer zweiten Rakete getroffen wurde. Der dritte Wagen des Konvois, der sich näherte, um die Insassen des zweiten Wagens zu holen, wurde von einer dritten Rakete getroffen. Bei dem Einschlag wurden alle sieben WCK-Mitarbeiter getötet. Aufgrund des Angriffes hat das WCK hat seine Tätigkeit in der Region unterbrochen.

IDF-Stabschef Herzi Halevi entschuldigte sich Mittwoch nach Mitternacht für den tödlichen israelischen Angriff auf den Hilfskonvoi. Er bestätigte zudem, dass es sich um eine "Verwechslung" gehandelt habe, "die untersucht werde und aus der man gelernt habe".

Schiffe, die von Zypern nach Gaza unterwegs waren, sind mit 240 Tonnen nicht gelieferter Hilfsgüter zurückgekehrt

Zwei Hilfsorganisationen haben ihre Hilfslieferungen für den Gazastreifen nach dem tödlichen Angriff auf die WCK-Mitarbeiter aufgrund von Sicherheitsbedenken eingestellt. Eine der Organisationen, Anera, erklärte in einer Pressemitteilung: "Die eskalierenden Risiken im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Hilfsgütern lassen uns keine andere Wahl, als unsere Arbeit einzustellen, bis unsere Mitarbeiter wieder das Vertrauen haben, dass sie ihre Arbeit ohne unangemessenes Risiko verrichten können".

In einer Pressemitteilung der zweiten Hilfsorganisation, Project Hope, erklärte der Vize-Geschäftsführer Chris Skopec, dass sie für drei Tage ihre Lieferungen einstellen werden. "Aus Solidarität mit World Central Kitchen haben wir alle Programme in Deir al Balah und Rafah für die nächsten drei Tage pausiert, um die Sicherheitslage neu zu bewerten und die Sicherheit unserer Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen."

Israelische Armee beendet Al-Schifa-Operation und hinterlässt Ruinen

Das israelische Militär hat sich nach einer zweiwöchigen Operation aus dem Al-Schifa-Krankenhauses zurückgezogen. Der größte Teil des medizinischen Komplexes liegt in Trümmern. Das von der Hamas-geleitete Gesundheitsministerium gab an, dass Dutzende Leichen gefunden worden sind. Anwohner berichteten nach Angaben der BBC, dass nahegelegene Gebiete verwüstet und zerstört worden seien.

Die Israelische Armee gab an, dass sie 200 Terroristen getötet hätten, über 500 weitere festgenommen und Waffen und Geheimdienstinformationen "im gesamten Krankenhaus" gefunden. Diese Angaben können nicht unabhängig verifiziert werden. Die IDF erklärte, sie hätte das Krankenhaus angegriffen, weil sich die Hamas dort neu gruppiert habe. Die Stationen wurden angegriffen, weil die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad sie als Basis nutzten, so die IDF.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Gaza: Wie die ausländischen Helfer starben

Tödliche Attacke auf Hilfskräfte: Netanjahu räumt Angriff auf „unschuldige Menschen“ ein

Krieg in Gaza: 22 Tote, darunter fünf Kinder - Israel beschießt Rafah