Rotes Meer: Warum distanzieren sich EU-Staaten von US-Operation gegen Huthis?

Ein Hubschrauber der Houthi-Truppen nähert sich dem Frachtschiff Galaxy Leader am Sonntag, 19\. November 2023\.
Ein Hubschrauber der Houthi-Truppen nähert sich dem Frachtschiff Galaxy Leader am Sonntag, 19\. November 2023\. Copyright AP/AP
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Von Mared Gwyn Jones
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Die Verbündeten der Europäischen Union zögern, eine von den Vereinigten Staaten geführte Marineoperation zum Schutz von Handelsschiffen vor Angriffen der Huthi-Rebellen im Roten Meer zu unterstützen.

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Die von den USA im Dezember eingeleitete Operation Prosperity Guardian (OPG) soll internationale Handelsschiffe vor den jüngsten Drohnen- und Raketenangriffen der Huthis schützen, einer vom Iran unterstützten Rebellengruppe, die einen Teil des jemenitischen Territoriums kontrolliert.

Die Angriffe der Huthis begannen nach dem Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der Hamas. Sie drohen die Handelsströme nach Europa empfindlich zu stören und haben große Reedereien gezwungen, das Gebiet zu meiden.

Die Huthis erklärten ihre Unterstützung für die islamistische Hamas und kündigten an, Schiffe mit Ziel Israel im Roten Meer anzugreifen, wo 12 % des Welthandels, darunter 30 % des weltweiten Containerverkehrs, abgewickelt werden.

Am Wochenende versuchten Huthi-Rebellen, ein Schiff der dänischen Reederei Maersk zu anzugreifen, woraufhin die US-Marine reagierte. Sie versenkte die kleinen Boote der Huthis und tötete zehn Kämpfer. 

Maersk hat seine Fahren aus Angst vor weiteren Angriffen vorübergehend eingestellt, will seine Schiffe aber eventuell wieder durch den Suezkanal über das Rote Meer schicken.

Der alternative Umweg um den Süden Afrikas kann die Reisezeit um bis zu einem Monat verlängern und droht den Welthandel durch Verzögerungen und zusätzliche Kosten zu beeinträchtigen.

Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim hat der Iran am Montag sein Kriegsschiff Alborz ins Rote Meer entsandt. Der Sekretär des iranischen Obersten Nationalen Sicherheitsrates (SNSC), Ali Akbar Ahmadian, traf sich am selben Tag mit dem Sprecher der Huthi, Mohammed Abdulsalam.

Europa ist hin- und hergerissen zwischen der Unterstützung der US-geführten Bemühungen zum Schutz der freien Schifffahrt im Roten Meer sowie der Wahrung  europäischer Handelsinteressen, während Europa gleichzeitig nicht zur Verschärfung der Spannungen im Nahen Osten beitragen will.

Nach Ansicht von Farea Al-Muslimi, Forschungsstipendiat für das Programm für den Nahen Osten und Nordafrika bei Chatham House, steht Europa vor der Herausforderung, "das richtige Gleichgewicht der Optik zu finden".

"Europa versucht, nach dem Gaza-Krieg ein weiteres Übergreifen auf die Region so weit wie möglich zu vermeiden, und daher ist das Letzte, was man will, eine neue aktive Frontlinie", erklärt Al-Muslimi. "Wie kann man gleichzeitig verhindern, dass die Huthis damit durchkommen? Denn das könnte auch andere Milizen am Horn von Afrika inspirieren."

Einige EU-Länder zögern

Während die von den USA geführte Operation ursprünglich von sechs europäischen Ländern unterstützt wurde, haben sich einige Länder inzwischen von dem Einsatz distanziert, weil sie befürchten, dass er die Spannungen verschärfen und zu einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten führen könnte.

Frankreichs Verteidigungsministerium erklärte, man begrüße Initiativen zur Stärkung der Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer wie der Operation OPG, betonte aber auch, dass seine Kriegsschiffe in der Region unter französischem Kommando bleiben würden.

Italien erklärte, dass es zwar eine Fregatte zur Patrouille in das Gebiet entsende, aber im Rahmen einer bestehenden, vom Parlament genehmigten Operation und nicht im Rahmen der Operation "Prosperity Guardian" geschehe.

Das spanische Verteidigungsministerium sagte, das Land werde sich nicht an der Operation beteiligen. Madrid hat Berichte dementiert, wonach es ein Veto gegen den Einsatz EU-Marineoperation "Atalanta" eingelegt habe, Schiffe im Roten Meer vor Angriffen der Huthi zu schützen. Die EU-Marineoperation "Atalanta" hat ihren Sitz in Spanien und soll Piraterie bekämpfen. 

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat die Einrichtung einer maßgeschneiderten europäischen Mission gefordert, die in dem Gebiet patrouillieren und die europäischen Handelsinteressen schützen soll.

Ein Sprecher des deutschen Außenministeriums erklärte letzte Woche, dass Deutschland mit seinen EU-Verbündeten zusammenarbeite.

Experten sind der Meinung, dass die EU auf die Angriffe der Houthi reagieren muss. "Die Europäer sollten ihre Marinepräsenz im Roten Meer verstärken und die innereuropäische Koordinierung ausbauen", schrieb Camille Lons, Gastwissenschaftler am Europäischen Zentrum für Auslandsbeziehungen, im Dezember und nannte das Projekt "Atalanta" als einen der bestehenden Mechanismen, die wieder eingesetzt werden könnten.

Al-Muslimi zufolge sehen sich die westlichen Entscheidungsträger jedoch mit einem "Nullsummenspiel" konfrontiert, bei dem eine Intervention auch eine schwere humanitäre Krise für die Jemeniten auslösen könnte.

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"Die Jemeniten werden den höchsten Preis zahlen", erklärte er, "denn dadurch werden die Lebensmittelpreise und die Wareneinfuhren in ein Land steigen, das bereits von neun Jahren Krieg zerrissen ist."

Welche europäischen Länder haben eingegriffen?

Dänemark hat auf den jüngsten Angriff auf das Maersk-Schiff mit dem Versprechen reagiert, ein Kriegsschiff in die Region zu schicken, um "ähnliche Angriffe abzuwehren".

Der Angriff auf das Schiff von Maersk "unterstreicht die ernste Situation im Roten Meer", sagte der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen am Dienstag.

Griechenland hat ebenfalls angekündigt, sich mit einer Fregatte an den US-Bemühungen zu beteiligen, während die Niederlande erklärt haben, dass sie Marineoffiziere bereitstellen werden.

Doch trotz der Unterstützung dieser drei relativ kleinen Küstenländer ist die Zurückhaltung der großen EU-Länder, die USA ausdrücklich zu unterstützen, zweifellos ein Rückschlag für die Operation.

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Großbritannien hat sich hinter die US-Operation gestellt. Verteidigungsminister Grant Shapps versprach, dass die britische Regierung "direkte Maßnahmen" gegen die Huthi-Rebellen ergreifen könnte.

Shapps sagte, die Regierung werde nicht zögern, "direkte Maßnahmen" zu ergreifen, um weitere Angriffe zu verhindern. Großbritannien und die USA bereiten Berichten zufolge eine gemeinsame Erklärung vor, um eine letzte Warnung an die jemenitische Gruppe zu richten.

Es ist jedoch nicht klar, ob die Europäische Union oder einer ihrer Mitgliedstaaten eine solche Erklärung ebenfalls unterzeichnen würde. 

Al-Muslimi ist der Ansicht, dass die äußerst unberechenbare Natur der militanten Huthi-Aktivitäten bedeutet, dass sich alle Warnrufe westlicher Entscheidungsträger als fruchtlos erweisen könnten. "Die Huthis sind die wohl unberechenbarste Gruppe, die es derzeit im Nahen Osten gibt", sagte er.

"Viele arabische Länder leiden unter den Angriffen der Huthis mehr als die westlichen Länder, aber sie können nur sehr wenig tun", fügte er hinzu.

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