EU-Politik. Brüssel will mit eingefrorenen russischen Geldern Ukraine aufrüsten

Eingefrorene russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe könnten nach neuen EU-Plänen der Ukraine helfen
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Von Jack Schickler
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Milliarden-Zinseinahmen aus in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerten sollen nun der Ukraine zu Gute kommen. Die EU will jährlich bis zu drei Milliarden Euro für die Aufrüstung und den Wiederaufnahmen des Landes überweisen.

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Die EU-Kommission will der Ukraine jährlich bis zu drei Milliarden Euro aus den Erlösen eingefrorener Vermögenswerte der russischen Zentralbank überweisen lassen. Die ersten Gelder könnten bereits im Juli fließen.

In den 27 EU-Mitgliedsstaaten sind insgesamt 210 Milliarden Euro an Anlagen der russischen Zentralbank auf Eis gelegt - vor allem bei dem verwahrende Finanzinstitut Euroclear in Belgien. Die russischen Gelder wurden nach dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 im Rahmen von Sanktionen eingefroren und sollen nun der Ukraine zu Gute kommen.

Bis zu drei Milliarden Euro jährlich

Der Umgang mit den Geldern und eine mögliche Beschlagnahmung zur Weitergabe an die Ukraine sorgen seit Monaten für Debatten - die Sorge über die weitreichenden wirtschaftlichen, politischen und juristischen Auswirkungen dieses beispiellosen Schrittes haben eine Entscheidung bisher verzögert.

Die EU will nun die aus diesen Vermögenswerten gewonnen Zinsen zur Unterstützung der Ukraine zu verwenden - und damit ein schon vor längerer Zeit gegebenes Versprechen einlösen.

"Wir halten damit den Druck auf Russland aufrecht und ziehen es für seine illegale Aggression und den massiven Schaden und das Leid, das es verursacht hat, zur Rechenschaft", erklärte EU-Kommissar Valdis Dombrovskis in einer Erklärung.

Der Schritt sei mit den Partnern der G7 abgestimmt wurden, zu der auch Großbritannien und die USA gehören, fügte Dombrovskis hinzu.

Im Oktober schon haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder Brüssel die Aufgabe gegeben zu prüfen, wie die Zinseinnahmen zur Unterstützung der Ukraine verwendet werden können - ohne gegen europäisches oder internationales Recht zu verstoßen.

Die EU-Beamten gehen davon aus, dass je nach Zinsniveau jährlich 2,5 bis 3 Milliarden Euro erwirtschaftet werden könnten. Euroclear dürfte dabei etwa 13 % einbehalten, drei Prozent für seinen Aufwand und 10% für eventuelle Kosten für Rechtsstreitigkeiten über das Vorgehen der EU.

Gelder sollen für Waffen und Munition genutzt werden

Der Betrag käme zu denen bereits in der vergangenen Woche im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität (EPF) beschlossenen Aufstockung der Militärhilfen für die Ukraine um 5 Milliarden Euro hinzu.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal begrüßte heute in Brüssel den neuen Vorstoß der EU, sagte jedoch, dass die Verwendung der Zinsen nur ein erster Schritt sei:

"Wir bestehen auf der vollständigen Beschlagnahmung oder der anderweitigen Verwendung aller eingefrorenen Vermögenswerte", sagte Schmyhal zu Medienvertretern. "Europa und die Welt brauchen einen wirksamen Präzedenzfall, um den Aggressor einen hohen Preis für die Zerstörung zahlen zu lassen, die er in der Ukraine angerichtet hat".

Ursprünglich waren die Mittel für den Wiederaufbau des Landes gedacht, doch 90 % der durch die heutigen Pläne freigegebenen Gelder sollen durch die Europäische Friedensfazilität fließen und somit in Waffen und Munition für die Ukraine. Darin spiegelt sich möglicherweise die wachsende Besorgnis wider, dass die Ukraine wegen fehlender Munition und Waffen den Krieg verlieren könnte - mit erhebliche Auswirkungen für die EU.

"Wenn Putin die Ukraine erobern würde, stünde die russische Armee an unseren Grenzen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. "Wir können sicher sein, dass sie dort nicht Halt machen werden."

Obwohl die Pläne noch der Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten bedürfen, sagte Borrell gegenüber Schmyhal, er hoffe, auf eine baldige Einigung, damit "die Geldscheine in Waffen umgewandelt werden können, denn Ihre Soldaten kämpfen nicht mit Geldscheinen".

Von Diplomatenseite hieß es, es sei noch unklar, ob alle Mitgliedstaaten den Vorstoß der EU-Kommission unterstützen würden. Grund seien unter anderem Sorgen wegen möglicher Klagen Russlands und Vertrauensverlusten von Anlegern. 

Erste Gespräche auf Spitzenebene könnte es an diesem Donnerstag beim EU-Frühjahrsgipfel in Brüssel geben.

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