Exklusive Umfrage: mehr als 70 Prozent der Europäer wollen der Ukraine helfen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenskyy und die Chefin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in Kiew, Ukraine, am zweiten Jahrestag der russischen Invasion.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenskyy und die Chefin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen in Kiew, Ukraine, am zweiten Jahrestag der russischen Invasion. Copyright AP Photo/Efrem Lukatsky
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Von Heilika LeinusSergio Cantone, David Kopp
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Die meisten Europäer sind zwar der Meinung, dass die Ukraine weiterhin unterstützt werden sollte, aber nicht für alle ist dieses Thema eine Priorität. Das geht aus einer exklusiven Ipsos-Umfrage hervor, die im Auftrag von Euronews durchgeführt wurde.

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Vor der Europawahl 2024 zögern viele Wähler in der EU, eine klare Haltung zur Hilfe für die Ukraine einzunehmen, ergab eine exklusive Ipsos-Umfrage im Auftrag von Euronews. Die erste Umfrage dieser Art, an der fast 26.000 Personen aus 18 EU-Ländern teilgenommen haben, zeigte, dass 36 Prozent der Europäer die Hilfe für die Ukraine zu einer Priorität des nächsten Europäischen Parlaments machen wollen. Weitere 36 Prozent halten sie für wichtig, aber nicht für vorrangig, während sie für die restlichen 27 Prozent der Befragten eine zweitrangige Angelegenheit ist.

Im Norden ist man für mehr Unterstützung

Die Ansichten über die Hilfe für die vom Krieg zerrissene Ukraine sind jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich. Die Befragten aus den nordischen EU-Mitgliedstaaten fordern das nächste Parlament am lautesten auf, die Ukraine aktiver zu unterstützen. 68 Prozent der Schweden, 59 Prozent der Dänen und 57 Prozent der Finnen erklärten, dass dies für sie eine Priorität sei.

In Ungarn, Griechenland, Rumänien und der Slowakei hingegen sehen die meisten Befragten die Hilfe für die Ukraine als zweitrangiges Thema an. Nur 12 Prozent der Ungarn sind der Meinung, dass die Hilfe für die Ukraine eine Priorität des nächsten Europäischen Parlaments sein sollte.

In Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik, wo die Regierungen zu den größten Gebern von Militärhilfe für die Ukraine gehören, scheinen die Befragten eine gewisse Hilfsmüdigkeit zu verspüren. dort waren die Ergebnisse der Umfrage dem EU-Durchschnitt sehr ähnlich.

Ein Teil der Unzufriedenheit in Osteuropa und in den an die Ukraine angrenzenden Mitgliedstaaten hängt wahrscheinlich mit der Einfuhr ukrainischer Agrarprodukte zusammen. Die europäischen Landwirte protestieren dagegen mit der Begründung, dass sie die Preise in der gesamten Union drücken würden.

Die Wähler der Grünen wollen helfen

Die Anhänger der Grünen sprachen sich mit überwältigender Mehrheit (57 Prozent) dafür aus, die Hilfe an die Ukraine zu einer Priorität für die nächsten fünf Jahre zu machen. Die Befragten, die sich mit den drei größten Fraktionen im Europäischen Parlament identifizieren, sind ebenfalls weitgehend für die Unterstützung der Ukraine.

Für die meisten Wähler der Parteien des linken Flügels ist die Unterstützung der Ukraine zwar keine Priorität, aber dennoch wichtig. Eine Mehrheit der Befragten, die sich der rechtsextremen Fraktion Identität und Demokratie zuordnen, hält die Hilfe für die Ukraine für zweitrangig.

In der Umfrage wird jedoch nicht zwischen den verschiedenen Arten der Hilfe unterschieden. Die Europäische Union hat der Ukraine militärische, makrofinanzielle und humanitäre Hilfe geleistet, seit Russland vor mehr als zwei Jahren mit seiner groß angelegten Invasion der Ukraine begann.

Geteilte Meinungen über die Rolle der EU

Auf die Frage, ob sich die Haltung der Europäischen Union positiv auf das umkämpfte Land ausgewirkt hat, waren die Befragten in den 18 Mitgliedstaaten, wo die Umfrage durchgeführt wurde, ebenso geteilt.

36 Prozent waren der Meinung, dass der Einfluss der Europäischen Union positiv gewesen sei. 32 Prozent erklären, der Einfluss der EU sei weder positiv noch negativ gewesen, und die verbleibenden 31 Prozent glauben, er sei negativ gewesen.

Laut den vom Rat der Europäischen Union veröffentlichten Zahlen beläuft sich der Gesamtbetrag der von den 27 EU-Mitgliedstaaten für die Ukraine bereitgestellten Hilfe auf mehr als 143 Milliarden Euro. Davon wurden 81 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt als finanzielle, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe zugesagt, weitere 12 Milliarden Euro wurden von den Mitgliedstaaten für denselben Zweck bereitgestellt. 

Die Militärhilfe beläuft sich auf insgesamt 33 Milliarden Euro. Zwei Drittel davon wurden als bilaterale Hilfe geleistet und die restlichen 11 Milliarden Euro im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität beigesteuert. 17 Milliarden Euro wurden zur Unterstützung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union ausgezahlt.

Über vier Millionen ukrainische Flüchtlinge sind seit März 2022 in der Europäischen Union untergekommen. Ihnen wird vorübergender Schutz gewährt. Die Mitgliedstaaten, in denen sie ankommen, kümmern sich um ihre  Grundbedürfnisse, wie die Unterkunft, die Gesundheitsversorgung und die Bildung für ihre Kinder.

Die EU hat außerdem eine Reihe beispielloser Sanktionen gegen Russland wegen dessen militärischer Aggression gegen die Ukraine verhängt. Dreizehn Sanktionspakete sind verabschiedet worden, um den Verkauf russischer fossiler Brennstoffe und Metalle zu unterbinden und den Zugang Russlands zu wichtigen Gütern und Technologien, die es auf dem Schlachtfeld einsetzen könnte, stark einzuschränken. Zudem hat die Europäische Union gemeinsam mit ihren G7-Verbündeten Schätzungen zufolge rund 300 Milliarden Euro russische Zentralbankreserven festgesetzt. Ungefähr zwei Drittel dieses Vermögens befinden sich innerhalb der Europäiuschen Union. 

Die Befragten aus den nordischen Ländern beurteilen den Einfluss der Europäischen Union auf die Ukraine positiv. Die Deutschen und die Franzosen dagegen sind nur mäßig zufrieden: 37 Prozent der befragten Franzosen beurteilen den Einfluss der EU als positiv und 31 Prozent als negative. In Deutschland fanden nur 34 Prozent der Befragten, dass der Einfluss der Europäischen Union bisher positiv gewesen sei, während 31 Prozent der Befragten ihn als negativ empfunden. 

In Rumänien, der Slowakei, Italien, Österreich, Griechenland und Ungarn sind die meisten Befragten jedoch der Meinung, dass der Einfluss der Europäischen Union auf den Krieg in der Ukraine bisher unzureichend gewesen ist.

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