Neue Studie: Kinder bei Gefahren im Netz auf sich allein gestellt

Kinder sind im Netz häufig auf sich allein gestellt.
Kinder sind im Netz häufig auf sich allein gestellt. Copyright John Hart/Wisconsin State Journal
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Von Mared Gwyn Jones
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Eine neue Studie zeigt, dass Kinder bei Gefahren im Netz häufig auf sich allein gestellt sind. Ihr Bauchgefühl reicht dabei jedoch nicht aus, um sich ausreichend zu schützen.

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Eine neue Studie zeigt, dass Kinder im Netz häufig sich selbst überlassen sind, was sie anfälliger für Gefahren macht.

Forscher:innen der NGOs ECPAT International, Eurochild und Terre des Hommes Niederlande sprachen im Rahmen der Studie in Fokusgruppendiskussionen mit 483 Kindern aus 15 Ländern, darunter zehn EU-Mitgliedstaaten.

Viele der Kinder gaben an, dass sie ihre Online-Aktivitäten lieber für sich behalten würden und es ihnen schwer falle, mit Erwachsenen über die Gefahren und Risiken zu sprechen, denen sie im Internet ausgesetzt sind.

Einige erklärten, sie würden ihren Eltern und Betreuer:innen nur von einem Teil der Gefahren, mit denen sie online konfrontiert sind, erzählen.

Zu diesen Gefahren gehören unter anderem Cybermobbing, gewalttätige Inhalte oder Erlebnisse und Inhalte, die sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirken. In allen 15 untersuchten Ländern stellen sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung online die größte Bedrohung für Minderjährige dar.

"Wir stellen fest, dass Kinder sich sehr allein fühlen, wenn es darum geht, sich vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung zu schützen. Das ist natürlich eine enorme Verantwortung", erklärt Eva Notté, technische Beraterin zum Thema Kinderausbeutung bei Terre des Hommes Niederlande.

"Aber wir sehen auch, dass sie versuchen, sich in ihrem eigenen Handeln zu kontrollieren. Sie versuchen, auf Risiken zu achten, aber ihnen fehlen die nötigen Mittel und Informationen, um sich in der Online-Welt zurechtzufinden", fügt sie hinzu.

Neues EU-Gesetz soll Kinder besser schützen

Vergangenen Oktober wurde ein neuer Gesetzesentwurf gegen sexuellen Kindesmissbrauch in der EU heiß diskutiert. Das Gesetz soll durch den Einsatz neuer Technologien beim Aufspüren neuen und bereits bestehenden Materials sexuellen Kindesmissbrauches helfen und Grooming, also die gezielte Kontaktaufnahme Erwachsener mit Minderjährigen zur Missbrauchsabsicht, bekämpfen.

Verfechter:innen des digitalen Datenschutzes sehen in der für den Entwurf notwendigen Erlaubnis für Plattformen, Inhalte unbemerkt einzusehen, einen schweren Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre im Internet.

Die NGOs sind jedoch der Meinung, dass die Studie die dringende Notwendigkeit unterstreicht, einen Kompromiss zu finden, damit rechtliche Leitplanken vorhanden sind, um das Internet für Kinder sicherer zu machen.

"Es besteht ein akuter Bedarf an rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Verantwortung und die Last nicht auf die Kinder, sondern auf die Anbieter von Online-Diensten umlagern", erklärt Fabiola Bas Palomares, Referentin für Politik und Interessenvertretung bei Eurochild.

"Wir müssen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Kinder vor sexuellem Missbrauch im Internet geschützt werden", fügt sie hinzu.

Auch die Sorge um KI-generiertes Material sexuellen Kindesmissbrauches wächst in der Europäischen Union.

Nach Angaben der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU wird ein großter Teil dieser Inhalte von Heranwachsenden selbst erstellt, was zeigt, dass auch Kinder über die Gefahren der Verbreitung und Erstellung missbräuchlicher Inhalte aufgeklärt werden müssen.

Die Plattformen sollen eine Schlüsselrolle spielen

Bei der Vorstellung der Studienergebnisse in Brüssel riefen die Nichtregierungsorganisationen die digitalen Plattformen dazu auf, eine größere Rolle im Kampf gegen illegale Inhalte, die das Kindeswohl gefährden, zu übernehmen.

Im Gespräch mit Euronews sagte Tomas Hartman, Senior Public Policy Manager bei Snap Inc., dass das Unternehmen und die App Snapchat, die immerhin rund 102 Millionen registrierte Nutzer:innen in der EU hat, bereit seien, diese Rolle auszufüllen.

"Wir sind uns bewusst, dass unsere App von vielen jungen Menschen genutzt wird, und deshalb haben die Sicherheit und der Schutz der Privatsphäre unserer Nutzer oberste Priorität, insbesondere bei Minderjährigen", so Hartman.

So habe Snapchat zum Schutz der minderjährigen Nutzer:innen bereits unter anderem die Kontakteinstellungen auf Freund:innen und Telefonkontakte beschränkt und die Standortfreigabe standardmäßig deaktiviert.

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Außerdem sagte Hartman, dass das geplante EU-Gesetz zur Bekämpfung von Material sexuellen Kindesmissbrauchs ("child sexual abuse material", kurz CSAM) für Snapchat "absolut entscheidend" sei.

"Es ist wichtig, dass wir in der Lage sind, proaktiv nach diesem bekannten CSAM-Material zu suchen. Wir haben zuverlässige Technologien, um das zu tun: Wir verwenden PhotoDNA für die Bilder", erklärte er: "Das hat für uns oberste Priorität."

Snapchat in der Kritik

Auf der App Snapchat können die überwiegend jungen Nutzer:innen Bilder und kurze Videos miteinander teilen, die nach einmaligem Betrachten wieder verschwinden. Die App hat eine Altersbeschränkung von 13 Jahren und zusätzliche Datenschutzeinstellungen für Nutzer:innen zwischen 13 und 17 Jahren.

In der Vergangenheit ist Snapchat bereits mehrfach in Kritik geraten, weil es der App nicht gelang, minderjährige Nutzer:innen von der Plattform fernzuhalten.

Zusammen mit Meta hat Snapchat im November letzten Jahres ein Auskunftsersuchen der Europäischen Kommission über die Maßnahmen erhalten, die das Unternehmen ergreift, um "seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Jugendschutz nachzukommen."

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Eines der Probleme ist demnach der Chatbot "My AI", der Snapchat-Nutzer:innen zur Verfügung steht und von Microsofts ChatGPT betrieben wird. Auf der eigenen Website räumt Snapchat ein, dass der Chatbot "voreingenommene, falsche, schädliche oder irreführende Inhalte" verbreiten könne.

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