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Fake-TV-Spot: Kinder sollen Konsum russischer Musik melden

Das Video scheint von russischen Telegram-Kanälen zu stammen
Das Video scheint von russischen Telegram-Kanälen zu stammen Copyright  Euronews
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Von James Thomas
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Das KI-generierte Video wurde in den sozialen Medien verbreitet, oft gemeinsam mit Untertiteln, in denen behauptet wurde, die Ukraine sei eine Diktatur, die "russophobe" Propaganda verbreite.

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Im Internet ist ein Video aufgetaucht, das einen ukrainischen Fernsehspot zeigen soll. In dem Video werden junge Menschen aufgefordert, ihre Familienmitglieder zu melden, sollten sie Interesse an der russischen Kultur zeigen.

Der Werbespot wird dem ukrainischen Kindersender "PLUSPLUS" zugeschrieben und zeigt einen Cartoon-Jungen, der ein schwarzes T-Shirt mit einem ukrainischen Dreizack trägt. Der Junge überrascht seine Schwester dabei, wie sie ein Video ansieht, in dem US-Präsident Donald Trump zum russischen Lied "Sigma Boy" tanzt.

Der Junge greift daraufhin zum Telefon und meldet seine Schwester bei den Behörden. Eine Stimme aus dem Off ist zu hören: "Denk daran, wenn deine Schwester russische Faschisten anbetet, ist sie nicht deine Schwester".

Dann erscheint ein Bild mit den Kontaktdaten des ukrainischen Sicherheitsdienstes, mit der Aufforderung an die Zuseher, alle anzuzeigen, die russische Medien konsumieren.

Das Video wurde in den sozialen Medien rasend schnell verbreitet, oft gemeinsam mit Untertiteln, in denen behauptet wird, die Ukraine sei eine Diktatur, die russophobe Propaganda verbreite und keinen Frieden im Krieg gegen Moskau wolle.

Das Video stammt offenbar aus russischen Telegram-Kanälen
Das Video stammt offenbar aus russischen Telegram-Kanälen Euronews

Das alles ist falsch - es gibt keine offiziellen ukrainischen Kanäle, die das Video verbreiten. Das einzige Format, in dem wir das Video finden konnten, ist die abgefilmte Aufnahme eines Fernsehbildschirms und nicht die direkte Datei selbst.

Es gibt auch mehrere Hinweise darauf, dass das Video von einer künstlichen Intelligenz generiert wurde - als der Junge beispielsweise nach dem Telefon greift, können wir sehen, dass er fünf Finger und einen Daumen hat - also einen Finger zuviel.

Auch seine Frisur ändert sich von Aufnahme zu Aufnahme, ebenso wie das Aussehen seiner Schwester.

Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass das Video KI-generiert ist
Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass das Video KI-generiert ist Euronews

"PLUSPLUS" und die "1 PLUS 1"- Mediengruppe haben zudem eine Erklärung auf Instagram veröffentlicht, in der sie die Echtheit des Videos bestreiten und auf weitere grafische Fehler hinweisen. Die falsche Platzierung des Logos und die Einblendung eines QR-Codes, der nicht wie abgebildet während der Werbepausen erscheint, seien deutliche Hinweise.

Sie beschuldigen russische Akteure, das Video erstellt und verbreitet zu haben - andere Faktenprüfer berichten, dass es zuerst in russischen Telegram-Kanälen aufgetaucht sei.

"Russland versucht weiterhin, das Informationsumfeld rund um die Ukraine zu destabilisieren und ein negatives Bild des Landes in der internationalen Wahrnehmung zu erzeugen, insbesondere nach den jüngsten Ereignissen", so PLUSPLUS und die 1 PLUS 1 Media Group in der Erklärung. "Sie nutzen alle möglichen Methoden, auch absurde Vorgehensweisen, um das zu erreichen."

Die Medienhäuser reagierten nicht auf unsere Anfragen nach einem Kommentar.

Es ist möglich, dass das Video von einer echten ukrainischen Kampagne zur Bekämpfung der Rekrutierung junger Menschen durch russische Spezialdienste inspiriert wurde, letztendlich ist das Video aber gefälscht.

In dem echten Kampagnenvideo ist die Grafik mit den Kontaktdaten des SBU am Ende in einem völlig anderen Stil gehalten als im Fake.

Der gefälschte TV-Spot ist ein weiteres Beispiel in einer langen Liste von Desinformationsversuchen, die von prorussischen Akteuren seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 verbreitet werden.

Immer wieder wird versucht, die Ukraine zu diskreditieren, den Krieg zu legitimieren und Russland und russischsprachige Menschen in der Ukraine zu schikanieren.

Oft wird versucht, eine falsche Darstellung von "Russophobie" und dem Hass auf alles Russische in der Ukraine und in Europa im Allgemeinen zu verbreiten, um die Regierungen in ein negatives Licht zu rücken.

Kritik an "Sigma Boy": Ein Zeichen von Russophobie?

Das Mädchen im Video tanzt zu dem Lied "Sigma Boy" der 12-jährigen russischen Bloggerinnen Betsy und Maria Yankovskaya, das im Oktober 2024 veröffentlicht wurde.

Der Titel bezieht sich auf den beliebten Internetbegriff "Sigma-Männchen", der einen "einsamen Wolf" beschreiben soll, der selbständig und erfolgreich ist.

Der Song gewann schnell an Popularität und erreichte innerhalb von fünf Monaten mehr als 115 Millionen Aufrufe auf YouTube und wurde sogar außerhalb Russlands in Ländern wie Deutschland und Südkorea zum Hit.

Das Lied hat jedoch auch Kritik aus dem Ausland auf sich gezogen, da manche befürchten, dass es Narrative rund um ein fragwürdiges Bild von Maskulinität fördert.

Die deutsche Europaabgeordnete Nela Riehl erklärte im Dezember vor dem Europäischen Parlament, sie glaube, dass der Song "patriarchalische und pro-russische Weltanschauungen" vermittle und ein "Beispiel für die russische Unterwanderung des öffentlichen Diskurses durch soziale Medien" sei.

Das ukrainische Zentrum für die Bekämpfung von Desinformation, ein Arbeitsgremium des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, sieht in dem Lied ebenfalls einen "Teil der russischen Informationskriegsführung".

"Der Kreml nutzt Musik als Soft-Power-Instrument, um seine Narrative zu verbreiten, wobei Kinder die Hauptzielgruppe sind", so die Institution.

Das russische Außenministerium wiederum warf den Kritikern des Songs vor, Europas "Wahnsinn" und "klinische Russophobie" zu demonstrieren.

Viele Menschen auf dem Kontinent haben die Bedenken zum Lied jedoch abgetan, nur sehr wenige Politiker und Medien kritisieren es aktiv. Bisher hat keine Regierung Maßnahmen ergriffen, um es zu verbieten.

"Das ist eine immer wiederkehrende Kreml-freundliche Desinformationsnarrative, die behauptet, dass Russophobie in westlichen Ländern weit verbreitet sei", so die Desinformationsdatenbank "EUvsDisinfo" des Europäischen Auswärtigen Dienstes im Februar.

"Indem sie eine relativ unbedeutende Diskussion verstärken, versuchen kremlfreundliche Stimmen, das Narrativ der Russophobie und der kulturellen Verfolgung voranzutreiben. Dafür stellen sie eine vergleichsweise kleine kulturelle Debatte als ein weiteres vermeintliches Beispiel für westliche Feindseligkeit und Wahnsinn dar".

"Die wenigen kritischen Kommentare zu ´Sigma Boy´ als eine weit verbreitete politische Obsession in Europa darzustellen, ist eine klare Verzerrung der Tatsachen. Nur ein EU-Politiker und eine Handvoll Medien haben sich dazu überhaupt geäußert", so der Bericht.

- Talyta França hat zu diesem Bericht beigetragen

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