"Europa muss soviel von Weltordnung retten wie möglich"

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Von Euronews
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US-Präsident Donald Trump und der russische Staatschef Wladimir Putin haben nach Ansicht von Volker Perthes (SWP) eine Botschaft an die Weltgemeinschaft gesandt - "zwei Führer, die internationale Angelegenheiten im Stil des 19. Jahrhunderts oder der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts regeln wollen"

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US-Präsident Donald Trump und der russische StaatschefWladimir Putin haben nach Ansicht von Volker Perthes eine besondere Botschaft an die Weltgemeinschaft gesandt.

“In Helsinki gab es ein Treffen von zwei Führern großer Staaten, die internationale Angelegenheiten im Stil des 19. Jahrhunderts oder der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts regeln wollen”, sagte der Direktor der außenpolitischen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Das Denken beider sei von Nationalstaaten und Einflusssphären gekennzeichnet.

“Ziel der EU muss jetzt sein, mit anderen Staaten zusammen so viel von der gegenwärtigen Ordnung aufrecht zu erhalten wie irgendwie möglich”, fordert Perthes. Deshalb sei die Suche nach internationalen Partnern so wichtig, die zumindest teilweise das europäische Denken in multilateralen Strukturen teilten. So unterzeichnete die EU-28 mit China weitreichende Kooperationsvereinbarungen und am Dienstag ein Freihandelsabkommen mit Japan.

Doch für die Europäer ist dies nach Ansicht des SWP-Direktors nur ein teilweise ein Trost. China etwa stehe zwar wie die EU für die Botschaft, dass eine Weltordnung mit einem klaren Regelsystem in vielen Bereichen sinnvoll sei. “Letztlich bekommt die EU aber weder von dem einen noch dem anderen das, was sie eigentlich will.” Denn auch China habe kein Interesse am europäischen Konzept einer liberalen Ordnung, in der es eben nicht nur um Handel gehe, sondern auch um Werte - etwa den Schutz von Minderheitenrecht oder demokratische Standards.

Perthes warnte vor Illusionen: Neue Partnerschaften könnten für die Europäer die transatlantischen Beziehungen nicht ersetzen. Dafür sei schon die militärische Abhängigkeit von der westlichen Supermacht zu groß. “Deshalb führt es eher in die Irre, wenn nun von der ‘Souveränität Europas’ oder ‘strategischer Autonomie’ die Rede ist”, sagte er in Anspielung auf Äußerungen des französischen PräsidentenEmmanuel Macron. Dies suggeriere nur, dass es Europa alleine könne - was aber nicht der Fall sei. “In Wahrheit geht es eben nicht um Unabhängigkeit von den USA, sondern zumindest in den nächsten Jahren um die Frage, mehr als bisher selbst entscheiden zu können.”

**“REGELN BESSER ALS KEINE”
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Immerhin beschleunige Trump mit seiner Politik und seinem Auftreten den Ausbau der europäischen Verteidigungsfähigkeit. Denn Trump sehe sich offensichtlich als “Einreißer” der bestehenden multilateralen Strukturen, die die USA mit aufgebaut hätten. “Dabei stand im Zentrum des Denkens der Amerikaner lange, eine Weltordnung nach dem eigenen Ebenbild zu schaffen: eine, in der es Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit geben soll.” Es sei dabei eine völlig falsche Darstellung, wenn Trump nun das Bild vermittele, internationalen Abkommen seien gegen die USA gerichtet. “Auch das Pariser Klimaschutzabkommen oder das Atomabkommen mit Iran wären natürlich ohne die aktive Mitarbeit der USA nie zustande gekommen.”

Dass China nur in einer Übergangsphase multilateral denkt, bis es selbst den Supermacht-Status erreicht hat, hält Perthes nicht für ausgemacht. “Es kann durchaus sein, dass man in Peking zur Analyse kommt, dass eine multilaterale Ordnung auch dann viel kostengünstiger ist”, sagte er. Schließlich sei auch die kommunistische Führung davon überzeugt, dass das Land etwa im Handel oder im Kampf gegen den Klimawandel dauerhaft auf eine internationale Kooperation angewiesen sei - nur wolle das Land eben künftig die Welt mitgestalten. “Regeln zu haben ist immer besser als keine Regeln zu haben.”

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su mit Reuters

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