Ramelow wünscht sich Hymne ohne Nazi-Erinnerung

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Was meinen Sie - bräuchte Deutschland eine neue Nationalhymne? Was sollte sie aussagen und wie sollte sie klingen?

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Die Deutschen haben es nicht einfach mit ihrer Nationalhymne, dem Deutschlandlied. Gesungen wird heute - offiziell - nur die dritte Strophe, und auch das machen nicht alle gern. Genau in diese Kerbe haut nun Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit einem neuen Vorstoß.

Er wirbt für eine neue Nationalhymne. Der Rheinischen Post sagte Ramelow: "Ich singe die dritte Strophe unserer Nationalhymne mit, aber:

"Ich kann das Bild der Naziaufmärsche von 1933 bis 1945 nicht ausblenden."
Bodo Ramelow
Thüringens Ministerpräsident

Viele Ostdeutsche sängen die Hymne auch 30 Jahre nach dem Mauerfall nicht mit. "Ich würde mir wünschen, dass wir wirklich eine gemeinsame Nationalhymne hätten", so Ramelow. Doch bisher habe dieser Wunsch leider immer nur für empörte Aufregung gesorgt. Das Plädoyer des gebürtigen Niedersachsen: einen neuen Text, "der so eingängig ist, dass sich alle damit identifizieren können und sagen: 'Das ist meins'."

"Unterschiedliche Emotionen"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer widersprach Ramelow. Er singe die Hymne sehr gern, bekannte der CDU-Politiker: "Ich finde es interessant, wie unterschiedlich Emotionen bei unserer Nationalhymne sind." Er verbinde damit den "großartigen Teil" der deutschen Geschichte, "die friedliche Revolution, Helmut Kohl und die deutsche Einheit."

Gerade für die Ostdeutschen habe die Hymne eine besondere Bedeutung. Das Lied der Deutschen spiegele "die wechselvolle Geschichte unseres Landes". Gerade deshalb sollte die 3. Strophe die Nationalhymne bleiben.

Bertold Brechts "Kinderhymne" - eine Alternative?

Nach dem Mauerfall ging es auch um die Wiedervereinigung der zwei Nationalhymnen. Der Ministerpräsident der DDR Lothar de Maizière bestand darauf, der ostdeutschen Hymne Rechnung zu tragen. Einige forderten, der Text der DDR-Hymne "Auferstanden aus Ruinen" (von Johannes R. Becher, Melodie von Hanns Eisler) solle mit der Melodie Haydns vertont werden. Andere Vorschläge sahen eine Kombination aus der ersten Strophe der DDR-Hymne und der dritten des Deutschlandlieds vor.

Dazu kam es jedoch nicht. In einem Briefwechsel zwischen Helmut Kohl und Richard von Weizsäcker einigte man sich darauf, die dritte Strophe als Nationalhymne festzulegen. Mit Veröffentlichung des Schreibens 1991 wurde sie faktisch eingeführt.

Dabei hätte es, so Ramelow, eine Alternative gegeben: Bertolt Brechts "Kinderhymne". Der Vorschlag des sogenannten Runden Tischs setzte sich allerdings nicht durch.

Die Sache mit der ersten Strophe

Die derzeitige Nationalhymne mit der Musik von Joseph Haydn ist seit dem Einheitstag von 1990 die der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Es handelt sich ausschließlich um die dritte Strophe "Einigkeit und Recht und Freiheit". Die erste ist zwar nicht verboten, aber verpönt, auch wenn das politische Spektrum Rechtsaußen immer mal wieder die Tabu-Grenze übertritt.

Wie erst unlängst bei einem Treffen der AfD-Gruppierung "Der Flügel" um den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in Greding (Bayern), bei dem alle drei Strophen gesungen worden. Im Internet zirkuliert ein Video, in dem rund 15 Personen auf dem Podium zu sehen sind, darunter auch der AfD-Politiker Höcke.

Oder aber geschlechterneutral?

Vergangenes Jahr hatte es Forderungen gegeben, die Hymne geschlechterneutral umzutexten. Die Gleichstellungsbeauftragte im Bundesfamilienministerium, Kristin Rose-Möhring, hatte unter anderem vorgeschlagen, künftig statt "Vaterland" "Heimatland" zu singen.

In einem Rundbrief an alle Mitarbeiter ihrer Behörde verwies Rose-Möhring unter anderem auf Österreich. Dort wurde 2012 die Bundeshymne geschlechtsneutral geändert. Aus "Heimat bist du großer Söhne" wurde "Heimat großer Töchter und Söhne".

Und auch Kanada hat unlängst eine genderneutrale Änderung seiner Nationalhymne beschlossen. Der kanadische Premier Justin Trudeau bezeichnete den Schritt als "bedeutendes Zeichen für Gleichberechtigung".

Was meinen Sie - bräuchte Deutschland eine neue Nationalhymne? Was sollte sie aussagen und wie sollte sie klingen?

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Weitere Quellen • Süddeutsche Zeitung / Die Zeit

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