In Frankreich wird seit 51 Tagen gegen die geplante Rentenreform mobil gemacht. Um was genau streiten sich Regierung und Gewerkschaften?
51 Tage Streik: Seit Anfang Dezember protestieren Gewerkschaften in Frankreich gegen die Rentenreform der Regierung von Präsident Emmanuel Macron. Der hatte schon im Wahlkampf versprochen, das System aus mehr als 40 verschiedenen Rentenkassen zu einem einheitlichen System zusammenzufassen, mit dem Sonderregelungen unter anderem für EisenbahnerInnen wegfallen sollen. Jeder Euro würde gleich viel für die Rente zählen, unabhängig davon, wann und von wem er eingezahlt wurde, so Macron 2017.
Das neue System passe sich der modernen Arbeitswelt an, in der die Menschen öfter den Job wechseln und sich weiterbilden, so Philippe Aghion, Wirtschaftswissenschaftler am Collège de France und Berater des Präsidenten. Die Erwerbsbiographien seien heutzutage unterbrochen und dynamisch. Das alte System sei für Menschen gemacht, die ihr ganzes Leben lang denselben Job hätten.
Bei den Gewerkschaften für Ärger sorgten vor allem die Pläne, die Altersstufe heraufzusetzen, ab der die Franzosen die volle Rente erhalten. Das Renteneintrittsalter ist in Frankreich vergleichsweise niedrig. Die Regierung wollte eine Regelung, mit der es erst ab 64 Jahren volle Bezüge gibt. Wer länger arbeitet, bekommt mehr. So sollen die Französinnen und Franzosen dazu bewegt werden, später in Rente zu gehen, um die Sozialkassen zu entlasten - deren Defizit bis 2025 auf 17 Milliarden Euro steigen könnte. Mit der Maßnahme wollte die Regierung schon vor der eigentlichen Einführung des neuen Systems 2037 Einsparungen machen, so der Wirtschaftswissenschaftler Henri Sterdyniak.
Franzosen mehrheitlich gegen Reform
Umstritten ist auch die neue Grundlage für die Berechnung der Renten: In Zukunft soll das gesamte Arbeitsleben zählen. Bisher werden nur die besten 25 Berufsjahre oder die letzten sechs Monate berücksichtigt. Die KritikerInnen des Gesetzes befürchten dadurch Einbußen.
Die Regierung hat bereits einige Zugeständnisse gemacht und sich unter anderem bereit erklärt, über das Renteneintrittsalter zu verhandeln - will die Reform aber in jedem Fall durchziehen. Die Bevölkerung ist mehrheitlich gegen die Änderungen: 60 Prozent wollen sie laut einer Umfrage nicht.