Ist Deutschland bereit, den Kampf gegen den Klimawandel anzuführen?

Proteste für das Klima gibt es immer häufiger: Ein Banner in Erfurt, 24. April 2020.
Proteste für das Klima gibt es immer häufiger: Ein Banner in Erfurt, 24. April 2020. Copyright Jens Meyer/AP
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Von Colombe Cahen-Salvador, Andrea Venzon
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"Nach Monaten der Isolation sieht die Zukunft plötzlich weniger düster aus", schreiben Colombe Cahen-Salvador und Andrea Venzon in einem Kommentar für Euronews zum Klimawandel und der Rolle Deutschlands.

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Dieser Artikel ist ein Kommentarartikel.

Heute ist der Internationale Tag der Umwelt, und Länder wie Deutschland kämpfen noch immer mit enormen Umweltproblemen, die durch die jahrzehntelange Missachtung der globalen Krise, namentlich Klimawandel, verursacht wurden. In Deutschland hat der jahrzehntelange Tagebau zu enormer Umweltverschmutzung geführt, die unsere Gesundheit belastet, während unsere Agrarpolitik ein dramatisches Artensterben in unseren Wäldern und Feldern ausgelöst hat. Trotzdem wurde in Deutschland erst letzte Woche ein neues Kohlebergwerk eröffnet.

Die Pandemie hat viele Länder in die Knie gezwungen und die Aufmerksamkeit der Menschen von einer anderen globalen Krise abgelenkt, die Milliarden - nicht Millionen - von Menschen betreffen wird. Der Klimawandel hat bereits damit begonnen, nicht nur unseren Planeten, sondern auch Leben zu zerstören: Mehr als 22,5 Millionen Menschen werden jedes Jahr aufgrund extremer Wetterkatastrophen vertrieben.

Bis 2050 werden weitere 140 Millionen zu dieser Statistik hinzukommen. Der Klimawandel ist eine tickende Zeitbombe, die nur entschärft werden kann, wenn wir als Einheit zusammenarbeiten. Dieses Damoklesschwert stellt die Existenz der Menschheit in Frage.

Nach Monaten der Isolation sieht die Zukunft plötzlich weniger düster aus. Im ersten Quartal des Jahres 2020 sind die weltweiten Emissionen um 5% zurückgegangen, und die weltweite Energienachfrage ist um 3,8% gesunken. Dies könnte eine der größten Reduktionen der CO2-Emissionen sein, die jemals verzeichnet wurden.

Dies ist jedoch bei weitem nicht genug. Aktuell konzentrieren sich Regierungen weltweit ganz auf den Kampf gegen das Virus und haben folglich - gewollt oder ungewollt - Zusagen bezüglich des Klimaschutz zurückgezogen. In einzelnen Ländern ist die Situation sogar noch schlimmer: Die Tatenlosigkeit lässt Raum für zerstörerische Maßnahmen, die unseren Planeten weiter gefährden. Dies ist der Fall in Kanada, wo die Energieministerin von Alberta, Sonya Savage, kürzlich anmerkte, dass dank des Verbotes öffentlicher Proteste wegen des Coronavirus nun ein "guter Zeitpunkt" für den Bau einer Pipeline sei. In Deutschland eröffnete Uniper, ein Unternehmen im Besitz eines finnischen Staatsunternehmens, ein Kohlebergwerk am Rande von Dattel.

Krisenzeiten sind oft Zeiten des Wandels. Die Kernfrage ist, ob Deutschland dieser Herausforderung gewachsen ist, ob es die fortschrittliche Kraft sein kann, die die Welt aus der Dunkelheit führen wird. Wie man so schön sagt: Wenn nicht jetzt, wann dann? Tatsächlich war der Zeitpunkt im Hinblick auf die anstehende Rolle Deutschlands auf der internationalen Bühne noch nie so günstig. Im Juli übernimmt Deutschland nicht nur die Ratspräsidentschaft der EU, sondern tritt auch den Vorsitz des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen an.

Während die Vereinten Nationen aufgrund ihrer tiefen Spaltungen und ihrer veralteten Regierungsstruktur in den jüngsten Krisen oft wie gelähmt wirkten, verfügt der Sicherheitsrat noch immer über enorme Kompetenzen, wenn die Friedens- oder Sicherheitslage in der Welt bedroht ist. Gemäß der Definition in Kapitel VII der UN-Charta würde eine Gefährdung des Weltfriedens (wie z.B. der Klimawandel) die Vereinten Nationen dazu verpflichten, Empfehlungen abzugeben oder Gegenmaßnahmen zu bestimmen. Diese Beschlüsse wären dann für alle Mitgliedsstaaten verbindlich. Während dieser Artikel bisher weitgehend im Zusammenhang mit Kriegen und humanitären Krisen verwendet wurde, sollte er auch auf die Klimakrise bezogen werden. Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Zerstörung unserer Umwelt eine deutliche Zunahme von Vertreibungen, Hungersnöten und Konflikten zur Folge haben wird. Sogar Generalsekretär António Guterres erklärte: "Heute droht dem Weltfrieden eine neue Gefahr: die Klimakatastrophe, die unsere Sicherheit, unsere Lebensgrundlagen und unser Leben bedroht".

Deutschland kann somit eine zentrale Rolle bei der Ausrufung eines globalen Klimanotstands spielen, der die Welt zwingen würde, die Bedrohung anzuerkennen und die notwendigen Gegenmaßnahmen einzuleiten. Zum Beispiel könnte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Einhaltung des Pariser Abkommens von allen Ländern einfordern oder anderweitig Sanktionen verhängen.

Die Uhr tickt. In weniger als einem Monat wird die ganze Welt zusehen, wie Deutschland den Vorsitz der wichtigsten regierungsübergreifenden Organisation der Welt übernimmt. Die Welt wird mit Spannung verfolgen, ob den nachdrücklich formulierten Erklärungen von Bundeskanzlerin Merkel zur Klimakrise ebenso kraftvolle Taten folgen werden. Der Kampf gegen den Klimawandel ist nämlich tatsächlich eine Frage des Überlebens.

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