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Uri Agnon über seine neue Show "Antisemitism – A New (((musical)))"

Uri Agnon, Autor und Komponist von Antisemitism: Ein (((Musical))))
Uri Agnon, Autor und Komponist von Antisemitism: Ein (((Musical)))) Copyright Cam Harle
Copyright Cam Harle
Von Jonny Walfisz
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Im Gespräch mit Euronews Culture erklärt der israelische Schriftsteller und Komponist, wie sich seine Ansichten über Antisemitismus nach seinem Umzug nach Großbritannien geändert haben und wie diese Erfahrung sein neuestes Musical inspiriert hat.

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Uri Agnons neues Musical über Antisemitismus bietet keine einfachen Antworten. Stattdessen ist "Antisemitism: A (((Musical)))" ist ein kühner Versuch, die verschiedene, komplexe Eindrücke zu sammeln, mit denen er konfrontiert wurde, als er nach Großbritannien zog.

Agnon ist ein israelischer Komponist und Aktivist. Im Jahr 2019 zog er nach Großbritannien, um an der University of Southampton einen Doktortitel zu erwerben. Nach seiner Ankunft in Großbritannien wurde er in eine politische Diskussion über Antisemitismus verwickelt, mit der er nicht gerechnet hatte.

Agnon sprach mit _Euronews Culture_vor dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas, der am 7. Oktober begann.

Schon damals, im Jahr 2019, wurde hitzig über Antisemitismus diskutiert. Jeremy Corbyn, der damalige Vorsitzende der oppositionellen Labour-Partei, war in einen Medienskandal in Zusammenhang mit Antisemitismusvorwürfen verwickelt, der sich auf eine breitere Diskussion über Antisemitismus auf der linken Seite der politischen Skala ausweitete.

Agnon war es gewohnt, Jude in einem Land mit jüdischer Bevölkerungsmehrheit zu sein. "Jude in Israel zu sein bedeutet, Teil der Identität zu sein, die die meiste Macht hat", erklärt er. "Ich bin hierher gezogen, und plötzlich wird genau diese Identität marginalisiert".

Als er das Judentum noch als Teil der Mehrheit erlebte, kritisierte Agnon die Art und Weise, wie der rechtsgerichtete israelische Staat den Antisemitismus als Waffe einsetzte, um die Bürger in Angst zu versetzen. Im Vereinigten Königreich fühlte es sich weniger wie ein politischer Versuch an, Gehorsam zu erzwingen. "Es fühlt sich definitiv viel dringlicher und realer an", so der Künstler. 

Agnon mit der Produzentin Jessie Anand
Agnon mit der Produzentin Jessie AnandCam Harle

In der britischen Politik herrschten damals zwei widersprüchlichen Erzählungen vor. Die eine ging so: Der Antisemitismus stelle eine Gefahr für die jüdische Welt dar. Die andere: Antisemitismus wird als Waffe eingesetzt, um politische Gegner zu dämonisieren. Agnon fand weder die eine noch die andere grundweg falsch - aber auch keine völlig überzeugend. 

"Ich habe mir gedacht, dass vielleicht weder das eine noch das andere wahr ist", sagt Agnon. Und es geht nicht darum zu sagen, dass beide Seiten problematisch sind. Es geht nicht um Seiten. Es geht darum, einen nuancierten Weg zu finden, etwas zu verstehen. Antisemitismus geht politische Parteien oder Personen hinaus, er ist Teil des Fundaments dieser Gesellschaft. Und wir müssen ihn als solchen verstehen, wenn wir ihn bekämpfen wollen.

Von diesem Ausgangspunkt aus begann Agnon mit der Arbeit an dem Musical. Aus der Perspektive eines israelischen Juden, der die ersten 24 Stunden auf britischem Boden verbringt, erzählt "Antisemitism: A (((Musical)))" ist eine urkomische und zum Nachdenken anregende Auseinandersetzung mit seinen eigenen Erfahrungen.

Agnon verzichtet in Anlehnung an das Brechtsche Theater auf eine vierte Wand; ein Chor singt während der gesamten Aufführung antisemitische Tweets; und unter den Liedern selbst finden sich einige Gassenhauer.

In einem Lied der Show, "Take it as a Compliment", kämpft die jüdische Hauptfigur gegen die vielen "positiven" Stereotypen, mit denen britische Juden konfrontiert werden, mit Aussagen wie "Juden kontrollieren die Welt". In einem anderen Lied - "Guilty" - beschließt der Protagonist, dass es "Zeit ist, dass sich jemand anderes schuldig fühlt".

Die gefühlte Widersprüchlichkeit ist Absicht. Die Vorstellung, dass Juden grundsätzlich über Macht verfügen, ist antisemitisch. "Aber in Israel haben die Juden wirklich Macht", erklärt Agnon. Die Unfähigkeit, diese etwas merkwürdigen Dichotomie zu diskutieren, ist - mit Blick auf das Musical - Kern seiner künstlerischen Intention.

Wie kann man dem Antisemitismus Einhalt gebieten und gleichzeitig einen kritischen Blick auf darauf werfen, wie Israel die Palästinenser behandelt? "Ich bin sehr wütend über die Narrative, die einem weismachen wollen, dass man zwischen Solidarität mit den Palästinensern und Solidarität mit den Juden wählen muss. Ich glaube nicht, dass diese beiden Dinge auf Kosten des jeweils anderen gehen", sagte Agnon.

Die Schauspielerinnen Maya Kristal Tenenbaum, Hannah Bristow und Amy Parker bei einer Probe.
Die Schauspielerinnen Maya Kristal Tenenbaum, Hannah Bristow und Amy Parker bei einer Probe.Cam Harle

Agnon fügt schnell hinzu, dass das Musical trotzdem kein Israel-Palästina-Musical sei. Es gehe auch nicht um die Labour-Partei im Jahr 2019 (Corbyn wird im Musical gar nicht erwähnt). Stattdessen geht es eher um die komplizierten Wege, die Juden in der Welt des Antisemitismus gehen, und zwar aus der Perspektive von jemandem, der seinen Status als Minderheit noch nicht kennt.

Das ist natürlich ein ziemlich schweres Thema mit jeder Menge historischem und politischem Ballast. Warum also ein Musical? Für die Beantwortung dieser Frage ist Agnon mit seinem wissenschaftlichen Forschungshintergrund auf dem Gebiet der Nutzung von Musik im Feld des Aktivismus natürlich bestens gerüstet.

Eine Aufführung mit mehreren Figuren, die alle unterschiedliche Ansichten vertreten, ist an sich schon eine gute Möglichkeit, ein Thema mit unzähligen komplexen Meinungen anzugehen. In einem Musical kann man "alle Arten von Stimmen zusammenbringen. Man sagt nicht: Hier ist die Autorität, und diese Autorität wird euch sagen, was wahr ist. Das will ich nicht. Ich möchte, dass sich die Leute auf der Bühne streiten."

Agnon leitet eine Probe.
Agnon leitet eine Probe.Cam Harle

"Wir haben eine Menge Leute, die auf der Bühne streiten", fügt Agnon hinzu. Das erinnert an ein altes jüdisches Sprichwort: "Zwei Juden, drei Meinungen". Die jüdische Theologie wird von Gelehrten mit unterschiedlichen Auffassungen bestimmt, die seit Jahrhunderten über die richtige Auslegung streiten. Es ist nur natürlich, dass sich diese Tradition auch auf die Kunst des 21. Jahrhunderts auswirkt.

Tatsächlich sei das Musical selbst ein Medium, zu dem sich Juden seit langem hingezogen fühlten, bemerkt Agnon: "Ich betrachte es als eine der besten neuen jüdischen Traditionen". Von George Gershwin über Stephen Sondheim bis hin zu Jonathan Larson: Juden lieben es, Musicals zu schreiben. "Ich glaube, dafür gibt es Gründe. Es ist nicht nur ein Zufall. Es hat mit dieser Komplexität zu tun, aber gleichzeitig auch einfach mit Spaß - und darauf zielt mein Musical ab."

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Antisemitismus:A (((Musical)))) ist vom 17. bis 28. Oktober im Camden People's Theatre in London zu sehen, mit einer Fragerunde nach der Aufführung am 21. Oktober.

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