Die Woche in Europa - Brüssels Showdown mit Peking

Ein Containerschiff verlässt den Hafen von Odessa
Ein Containerschiff verlässt den Hafen von Odessa Copyright AP/Ukraine's Infrastructure Ministry Press Office
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Von Stefan Grobe
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In dieser Woche befasst sich State of the Union mit der europäische-chinesischen Wirtschaftsdiplomatie, dem Kampf der EZB gegen die Inflation und den Konjunkturaussichten Osteuropas.

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Die Beziehungen zwischen Europa und China stehen am Scheideweg - wenn man dem EU-Handelskommissar glaubt.

Valdis Dombrovskis wagte sich diese Woche in die Höhle des Löwen und erklärte seinen chinesischen Amtskollegen, dass die EU genug von ihrem gesetzlosen Kapitalismus habe.

Beide Seiten könnten nun einen Weg wählen, der zu beiderseitig vorteilhaften Beziehungen führe, oder einen Weg, der beide Seiten langsam auseinander treibe, sagte er.

Dombrovskis verwies auf das schwindelerregende Handelsdefizit der EU mit China von fast 400 Milliarden Euro und nahm kein Blatt vor den Mund.

"Wir haben auch echte Bedenken hinsichtlich des Marktzugangs und anderer Herausforderungen. Das Geschäftsumfeld ist politischer und weniger berechenbar geworden. Wir haben unsere chinesischen Partner aufgefordert, sich mit uns über diese Herausforderungen auszutauschen. Insbesondere wünschen wir uns mehr Transparenz, Berechenbarkeit und Gegenseitigkeit."

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und der EU wurden Anfang des Monats ins Rampenlicht gerückt, nachdem die EU-Kommission eine Untersuchung der chinesischen Subventionen für die Elektroautoindustrie eingeleitet hatte.

Mit der Verzerrung des Marktes für eine der industriellen Kronjuwelen Europas hat China eine Grenze überschritten - das gab Brüssel Peking zu verstehen.

Ein ernsthafter Abschwung im europäischen Automobilgeschäft könnte einen Dominoeffekt auslösen, den sich Europa nicht leisten kann.

Denn die europäische Wirtschaft läuft nach wie vor nicht rund, und die Inflationsrate bleibt hartnäckig hoch.

Und letzteres bereitet der Europäischen Zentralbank die größten Sorgen.

Bei einer Anhörung in Brüssel in dieser Woche machte EZB-Präsidentin Christine Lagarde deutlich, dass die Zinssätze so lange hoch bleiben werden, bis der Kampf gegen die Inflation gewonnen ist.

 "Wir sind weiterhin entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Inflation rechtzeitig zu unserem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zurückkehrt. Die Inflation geht weiter zurück, dürfte aber noch zu lange zu hoch bleiben. In jedem Fall werden unsere künftigen Entscheidungen sicherstellen, dass die Leitzinsen der EZB so lange wie nötig auf einem ausreichend restriktiven Niveau bleiben."

Die Kehrseite: Solange die Zinsen im Euroraum auf einem historisch hohen Niveau bleiben, wird es für die Wirtschaft schwierig sein, wieder Fahrt auf zu nehmen.

Etwas, das sich bereits auf den Rest Europas auszuwirken beginnt, wie die jüngsten Prognosen zeigen.

Dazu ein Interview mit Beata Javorcik, Chefvolkswirtin bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).

Euronews: In Ihrem jüngsten Bericht über die regionalen Wirtschaftsaussichten sprechen Sie davon, dass Sie bei der Betrachtung der EBRD-Regionen "einen anderen Gang einlegen". Was meinen Sie damit, und was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse?

Javorcik: Unser Bericht dokumentiert unterschiedliche Teile Osteuropas und Zentralasiens. Osteuropa hat einen niedrigeren Gang eingelegt und erwartet ein Wirtschaftswachstum von etwa einem halben Prozent. Das ist sehr wenig, denn diese Länder sind viel ärmer als die westeuropäischen EU-Mitgliedstaaten. Sie sollten also schneller wachsen. Im Gegensatz dazu erfreut sich Zentralasien einer starken Leistung und wächst dank der Staatsausgaben um sechs Prozent. Kapitalströme und Überweisungen aus Russland fließen in die Region, und sie entwickelt sich zu einem Vermittler für den Handel zwischen Europa und Russland.

Euronews: Was sind also die wichtigsten Trends, die Ihre aktuelle Prognose beeinflussen?

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Javorcik: Die Schwäche der deutschen Wirtschaft schlägt sich in einer geringeren Nachfrage nach Exporten aus Osteuropa nieder. Die Inflation hat die Haushaltsbudgets ausgehöhlt und zu einem langsameren Wachstum des Konsums geführt, und die Unsicherheit wirkt sich negativ auf die Investitionen aus. Es gibt jedoch einen Lichtblick, und das ist der Tourismus. Einige Volkswirtschaften in den westlichen Balkanländern und in Südeuropa verzeichnen rekordverdächtige Ankunftszahlen.

Euronews: Und wie dämpft Russland die Wachstumsaussichten in Osteuropa?

Javorcik: Die Auswirkungen des Krieges sind in ganz Europa zu spüren. Die hohen Energie- und Lebensmittelpreise und der Anstieg, den wir vor allem in der ersten Jahreshälfte erlebt haben, führten zu einer hohen Inflation und zwangen die Zentralbanken, die Wirtschaft zu bremsen. In Osteuropa war die Inflation jedoch höher, und aufgrund der geografischen Nähe war die Unsicherheit in dieser Region noch größer als im Westen.

Euronews: Es deutet wenig darauf hin, dass der Krieg in absehbarer Zeit beendet sein wird. Wie wird sich dies auf die wirtschaftlichen Aussichten in den kommenden Monaten auswirken? Werden sie sich verschlechtern?

Javorcik: Nun, die Erdgaspreise in Europa sind wieder auf dem Vorkriegsniveau angelangt. Und ja, sie sind viermal so hoch wie in den USA. Und das untergräbt die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Aber die Tatsache, dass sie wieder das Vorkriegsniveau erreicht haben, ist ein gutes Zeichen für das Wachstum. Und das nächste Jahr wird voraussichtlich besser werden. Selbst wenn der Krieg weitergeht.

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