Sanktionen gegen Tucker Carlson wegen Putin-Interview? EU widerspricht Berichten

Ehemaliger Fox-News-Moderator Tucker Carlson
Ehemaliger Fox-News-Moderator Tucker Carlson Copyright Lynne Sladky/Copyright 2023 The AP. All rights reserved.
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Von Mared Gwyn Jones
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Die Europäische Union hat Berichte zurückgewiesen, wonach sie Sanktionen gegen den amerikanischen Journalisten Tucker Carlson erwäge, wegen seines umstrittenen Interviews mit Wladimir Putin.

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Am Mittwoch behaupteten eine Reihe konservativer Kommentatoren fälschlicherweise, die EU erwäge ein Einreiseverbot für Carlson, einen ehemaligen Fox-News-Moderator. Zuvor hatte der Kreml bestätigt, dass ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten stattgefunden habe. Es ist Putins erstes Interview mit einem westlichen Reporter, seit Beginn seines Angriffskrieges auf die Ukraine. 

Darüber wurde zunächst von der amerikanischen Zeitschrift Newsweek berichtet, die sich auf die Kommentare eines derzeitigen und eines ehemaligen Mitglieds des Europäischen Parlaments (MdEP) stützte. Die beiden hätten die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, Sanktionen gegen Carlson zu erwägen. Er habe als "Sprachrohr" und "Propagandist" für Putins Regime fungiert.

Private Meinungen entsprechen nicht Haltung der EU

Die beiden Abgeordneten sind nicht befugt, Sanktionen vozuschlagen oder zu verhängen. Ihre Äußerungen wurden fälschlicherweise mit angeblichen Plänen der EU in Verbindung gebracht. Auch Elon Musk hat offenbar seinen Teil zu dieser Berichterstattung beigetragen. 

Der Eigentümer von X hatte über die angeblich gegen Carlson geplanten Sanktionen geschrieben, diese würden "die amerikanische Öffentlichkeit zutiefst beleidigen". Musks Beitrag wurde über 25 Millionen Mal aufgerufen. 

EU schiebt Spekulationen Riegel vor

Der Sprecher der Europäischen Kommission für Außen- und Sicherheitspolitik, Peter Stano, schob den grassierenden Spekulationen am Donnerstag einen Riegel vor: 

"Derzeit gibt es in den zuständigen EU-Gremien keine Diskussionen im Zusammenhang mit dieser spezifischen Person (...) der amerikanischen Person, die in Moskau ist", sagte er.

Stano betonte jedoch, dass die EU in der Lage sei, "Propagandisten" auf die schwarze Liste zu setzen, die "eine kontinuierliche Erfolgsbilanz" bei der Manipulation von Informationen aufweisen, die darauf abzielen, die "Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine" zu untergraben.

Aus einem "sollte" wurde ein "wird"

Die Verwirrung wurde durch die Kommentare des belgischen Europaabgeordneten Guy Verhofstadt und des ehemaligen spanischen Europaabgeordneten Luis Garicano ausgelöst, die beide der liberalen Gruppe Renew Europe angehören.

Verhofstadt sagte Anfang der Woche auf der Social-Media-Plattform X, dass die EU ein Einreiseverbot "prüfen" sollte, wenn Carlson "Desinformation für Putin ermöglicht".

Als Reaktion auf die Äußerungen von Elon Musk, dass EU-Maßnahmen gegen Carlson die US-amerikanische Öffentlichkeit "beleidigen" würden, teilte Verhofstadt ein Foto des Wall Street Journal-Reporters Evan Gershkovich hinter Gittern in Moskau und sagte: "So sieht ein echter Journalist in Russland aus."

"Das sollte das amerikanische Volk sehr beleidigen", sagte Verhofstadt.

Musks Plattform X, früher bekannt als Twitter, wird von der EU wegen Verstößen gegen ihr digitales Regelwerk, den Digital Services Act, im Zusammenhang mit der Verbreitung von Desinformation und illegalen Inhalten rechtlich überprüft.

Wie werden EU-Sanktionen beschlossen?

Sanktionen gegen Einzelpersonen und Unternehmen werden vom diplomatischen Arm der EU, dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) beschlossen, je nach der Gefahr, die sie für die Sicherheit, die Interessen oder die Grundwerte der EU darstellen.

Die Anbahnung von Sanktionen ist streng vertraulich und erfordert viele Verhandlungen zwischen Brüssel und den Hauptstädten, bis man sich dann auf eine endgültige Liste geeinigt hat.

In den vergangenen zwei Jahren, seit dem Einmarsch in der Ukraine, hat die EU zwölf Sanktionsrunden gegen Russland beschlossen, darunter Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten gegen fast 2.000 Personen und Einrichtungen, darunter Banken, politische Parteien und Medienorganisationen.

Zu den auf der schwarzen Liste stehenden Personen gehören Präsident Putin und ein großer Kreis seiner engsten Vertrauten, Minister und Oligarchen.

Stano sagte, dass Sanktionen, wie die gegen Journalisten und Medienunternehmen, von Regierungen vorgeschlagen werden können, die diese dann mit Beweisen untermauern müssen, bevor eine Entscheidung mit einstimmiger Unterstützung aller 27 Mitgliedstaaten angenommen werden kann.

Eine Reihe von Medienorganisationen, die vom Kreml unterstützt werden, wie z. B. Sputnik und Russia Today, können aufgrund der restriktiven Maßnahmen nicht mehr auf EU-Gebiet gesendet werden.

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Stano erklärte, Putin sei ein "chronischer Lügner" und die Informationsmanipulation durch den Kreml und andere staatliche und nichtstaatliche Akteure richte sich gegen die EU.

Carlson hatte Putin bereits am Dienstag interviewt. Das mit Spannung erwartete Tête-à-Tête sollte am Donnerstag ausgestrahlt werden.

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