VW will nach Skandal neue Führungskultur - Ross und Reiter bis zur Hauptversammlung im April

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Der Abgas-Skandal zwingt Volkswagen zur Neuausrichtung. «Wir werden es nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt», sagte Vorstandschef Matthias

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Der Abgas-Skandal zwingt Volkswagen zur Neuausrichtung. «Wir werden es nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt», sagte Vorstandschef Matthias Müller zur Manipulation der Abgaswerte von weltweit rund elf Millionen Diesel-Autos. VW werde künftig weniger zentralistisch geführt. Strukturen und Denkweisen müssten sich ändern, auch damit künftig ähnliche Krisen verhindert werden. «Diese Neuausrichtung wäre früher oder später ohnehin nötig gewesen». Einen Absatzeinbruch gebe es bisher nicht. So sollen die Marken und Regionen künftig mehr
Verantwortung bekommen. Beim nun ausgerufenen «Kulturwandel» gehe es darum, enger zusammenzuarbeiten und eine offene Diskussion über Fehler zuzulassen. Müller: «Wir brauchen keine Ja-Sager, sondern Manager und Techniker, die mit guten Argumenten für ihre Überzeugungen und ihre Projekte kämpfen – die unternehmerisch denken und agieren.»

VW- Vorstandschef Matthias Müller:

“So ernst die aktuelle Situation auch ist – dieses Unternehmen wird nicht daran zerbrechen. Wir haben eine klare Mission – wir werden ein neues, ein besseres, ein stärkeres “Volkswagen” schaffen.”

Mit Namen und Verantwortlichen waren die VW-Topmanager vorsichtig. Seit Publikwerden des Skandals ist Vorstandschef Martin Winterkorn zurückgetreten, neun Manager sind suspendiert.

Volkswagen blames ‘chain of mistakes’ for emissions scandal https://t.co/JBzE7QorAApic.twitter.com/pfa5nPit2T

— Wall Street Journal (@WSJ) December 10, 2015

VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch :

“Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass alle diese Personen verdächtig sind. Das heißt vielmehr, dass sich auf ihren Rechnern, SIM-Cards oder USB-Sticks möglicherweise Hinweise finden könnten, die für das Verständnis der Dinge von Bedeutung sein können. Wir halten es nach wie vor für wahrscheinlich, dass nur eine überschaubare Zahl von Mitarbeitern tatsächlich aktiv zu den Manipulationen beigetragen hat,”

sagte Pötsch auf der ersten großen Pressekonferenz seit Publikwerden des Skandals im September, “alles kommt auf den Tisch, nichts wird unter den Teppich gekehrt”. Persönlich Verantwortliche wolle und könne Volkswagen jetzt aber noch nicht nennen, weil die Erkenntnisse erst wasserdicht sein müssten.

Insgesamt seien 450 interne und externe Experten an der Aufklärung der Vorfälle beteiligt. Datenmaterial im Volumen von 50 Millionen Büchern sei zur Auswertung gesichert worden. Inzwischen habe man über 1.500 elektronische Datenträger eingesammelt, um Hinweise auf den Ursprung der Affäre zu finden. 87 Interviews seien im Rahmen der Ermittlungen geführt worden. «Viele weitere werden noch folgen», so Pötsch. Die Aufarbeitung werde deshalb noch bis zum kommenden Jahr dauern.

Nach Angaben Pötschs kommt die Aufklärung der Affäre voran. Der Ursprung der «Stickoxid-Thematik» habe weitgehend nachvollzogen werden können: «Sie stellt sich nicht als einmaliger Fehler, sondern als Fehlerkette dar, die nicht durchbrochen wurde.» Ausgangspunkt sei die groß angelegte Diesel-Offensive von VW im Jahr 2005 gewesen. Der Konzern steckte damals in den USA in einer Absatzkrise und hinkte der Konkurrenz hinterher. Man habe keinen Weg gefunden, strengere Stickoxid-Normen in den Vereinigten Staaten im vorgegebenen Zeit- und
Kostenrahmen zu erfüllen. So sei es zum Software-Einbau gekommen. Die Führung habe nichts vom Betrug gewusst. «Wir haben keine Erkenntnisse über die Involvierung von Aufsichtsrat oder Vorstand vorliegen.»

Ziel sei es, bis zur Hauptversammlung am 21. April 2016 einen vollständigen Überblick über die Ergebnisse zu liefern.

Artists tried to shame Volkswagen and other corporations in fake ads during #COP21https://t.co/2aCXMgQWrgpic.twitter.com/Ol3bNNoocS

— New York Times World (@nytimesworld) December 3, 2015

Eine von Künstlern gefälschte Anzeige während der Umweltkonferenz COP21 in Paris

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kritisierte, das bloße Ausrufen einer neuen Kultur reiche nicht aus. «Die Kultur müsste man dadurch ändern, dass man die Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat ändert.”

Anfang Januar soll der Rückruf der betroffenen Dieselautos starten.
Verbraucherschützer fordern Klarheit für die Kunden. Die Autofahrer erwarteten, «dass VW endlich aufklärt, wie der Rückruf abgewickelt und wie der Konzern weitere Ansprüche entschädigen wird», sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. «Insbesondere ein möglicher Wertverlust des Autos oder Mehrverbrauch nach Umrüstung darf nicht zulasten der Verbraucher gehen.»

VW hatte Mitte September zugegeben, in rund elf Millionen
Dieselmotoren eine Software eingesetzt zu haben, die Daten zum
Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxid-Abgase schönte. Für die Bewältigung der Krise wurden bisher 6,7 Milliarden Euro Rücklagen gebildet.

su mit dpa, Reuters

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