Tunesiens Präsident Essebsi: "Wir sind beim Anti-Terror-Kampf ganz vorn dabei"

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Von Euronews
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Anlässlich des ersten bilateralen Treffens zwischen EU und Tunesien in Brüssel haben wir mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi über den Krieg in Libyen, den Kampf gegen den internationalen

Anlässlich des ersten bilateralen Treffens zwischen EU und Tunesien in Brüssel haben wir mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi über den Krieg in Libyen, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Investorenkonferenz Tunisia-2020 gesprochen.

Charles Salamé, euronews
Herr Präsident, Sie sind zum ersten EU-Tunesien-Gipfel nach Brüssel gekommen, danke, dass sich etwas Zeit für uns genommen haben.

Beji Caid Essebsi
Vielen Dank.

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Bei der Investorenkonferenz “Tunisia-2020” hat Ihr Land 14 Milliarden Euro erhalten, das entspricht dem tunesischen Haushalt für 2017. Was erwarten Sie vom Gipfel mit der EU? Hat Ihnen die Europäische Union ausrechend geholfen?

Beji Caid Essebsi
Zunächst einmal arbeiten wir schon seit langem auf vielen Ebenen mit der EU zusammen. Die EU hat einen großen Schritt gemacht, um Tunesien finanziell zu unterstützen. Dieser Schritt mag nicht ausreichen, aber er ist wichtig für uns.

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Charles Salamé, Euronews: Er reicht nicht aus, sagen Sie, was fordern Sie außerdem von der EU?

Beji Caid Essebsi
Wir brauchen Unterstützung auf unserem Weg zur Demokratie, der nicht einfach ist, wenn man den aktuellen Kontext in der Region bedenkt, in der wir uns befinden. Tunesien ist eine Ausnahme in dieser Region. Unser Erfolg bei der Demokratisierung muss unterstützt werden durch unsere Beziehungen zur Europäischen Union und durch die demokratischen Entscheidungen, die Tunesien getroffen hat und die es so in keinem der anderen Länder gibt. Europa hat uns immer ermutigt, unseren Weg weiterzugehen. Daher muss es sich jetzt unbedingt solidarisch zeigen, finanziell und politisch. Und selbst die politische Solidarität reicht da schon aus.

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Charles Salamé, Euronews: Herr Präsident, es gibt viele offene Fragen, was die Finanzierung Tunesiens durch Katar angeht. Handelt es sich da um eine politische Hilfe, die aufhört, sobald die Regierungskoalition mit der Partei Ennahda endet, die von Katar unterstützt wird?

Beji Caid Essebsi
Zunächst einmal: Katar ist nur ein Geldgeber von vielen. Zweitens: Die Unterstützung durch Katar ist nichts Neues. Wir kooperieren schon seit vielen Jahren mit Katar, das hat nichts mit der Partei Ennahda zu tun, die Teil der tunesischen Regierung ist. Daher gibt es die Unterstützung Katars egal ob mit Ennahda oder ohne Ennahda. Wir weisen die Vermutung zurück, dass Katar uns nur deshalb hilft, weil Ennahda Teil der Koalition ist.

euronews
Herr Präsident, alle Investitionen verschwinden, wenn die Sicherheit bedroht ist. Was tun Sie für die Sicherheit Tunesiens?

Beji Caid Essebsi
Wir kämpfen gegen den Terrorismus, wir kümmern uns um die Sicherheit unserer Bürger, denn der Kampf gegen den Terrorismus ist das Symbol der Sicherheit in Tunesien. Es ist wichtig, festzuhalten, dass Tunesien beim Anti-Terror-Kampf in der Region an vorderster Front steht. Dieser Kampf ist auch zum Wohle der EU und für einzelne Länder Europas.

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Der Terrorismus gelangt auch aus Ihrem Nachbarland Libyen zu Ihnen.

Beji Caid Essebsi
In Tunesien, Algerien, Ägypten, überall wünschen wir uns, dass Libyen zu seinem alten Glanz zurückfindet und die Teilung des libyschen Territoriums verhindert wird, denn die Teilung würde eine enorme Katastrophe nach sich ziehen. Alle Überlegungen zu einer Teilung Libyens haben keine Zukunft.

euronews
Sie haben also keine Lösungen für Libyen, weder in taktischer noch strategischer Hinsicht?

Beji Caid Essebsi
Die Länder, die geographisch oder sicherheitstechnisch direkt mit Libyen verbunden sind, sind Ägypten, Algerien und Tunesien. Und wenn wir uns mit Vertretern Libyens treffen würden, so könnten wir dem Land eine wichtige Gelegenheit bieten, zur Normalität zurückzukehren.

euronews
Was hindert Libyen, Ägypten und Tunesien an einem Dreiertreffen?

Beji Caid Essebsi
Nichts hinter uns an einem solchen Treffen, im Gegenteil, Tunesien wünscht es sich.

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Viele Tunesier kämpfen in den Reihen der Miliz Islamischer Staat.

Beji Caid Essebsi
Das ist wahr.

euronews
Können sie nach Tunesien zurückkehren? Welche Maßnahmen werden sie ergreifen?

Beji Caid Essebsi
Zunächst einmal: Wir können Tunesiern nicht verbieten, nach Tunesien zurückzukehren, das wäre gegen die Verfassung. Zweitens: Die Behandlung der Rückkehrer steht ganz im Zeichen der Sicherheitspolitik. Wir haben Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheit unserer Bürger zu garantieren. Wer zu uns kommen will, ist willkommen, und jeder wird danach beurteilt, was er getan hat.

euronews
Sie meinen, Taten vor der Einreise nach Tunesien oder danach?

Beji Caid Essebsi
Vorangegangene Taten sind ein Hinweis auf bestimmte Handlungen, die verhindert werden müssen.

euronews
Herr Präsident, einige Länder versuchen, wieder diplomatische Beziehungen mit Syrien aufzunehmen. Plant Tunesien, das angesichts der derzeitigen Entwicklungen ebenfalls zu tun?

Beji Caid Essebsi
Wir handeln gemäß einer arabischen Übereinkunft. Im Moment hat Tunesien den Vorsitz des Rats der arabischen Minister, und wir werden Entscheidungen treffen, die von der gesamten arabischen Gemeinschaft getragen werden müssen.

euronews
Was ist Ihrer Ansicht nach die Lösung für Syrien?

Beji Caid Essebsi
Die Lage ist schwierig. Die Krise hat mit dem Eingreifen Russlands, der USA und anderer Länder eine internationale Dimension angenommen. Das muss man bedenken, und das hat dazu geführt, dass die Krise keine arabische oder rein syrische Angelegenheit mehr ist.

euronews
Sie krönen ihre politische Laufbahn mit der Präsidentschaft, mit der Stabilisierung Ihres Landes und den Investitionsversprechen. Sie vertrauen die Führung des Landes der Jugend an. Welche Botschaft haben Sie an die jungen Menschen in Tunesien?

Beji Caid Essebsi
Wir gehen davon aus, dass die jüngsten Maßnahmen zur Verjüngung der Regierung und die enorme Teilhabe von Frauen an der Regierung wichtige Schritte und Entscheidungen sind, die es uns ermöglichen, stärker ins 21. Jahrhundert zu gehen und den Spalt zu schließen, der uns von den entwickelten Ländern trennt. Das ist unser Wunsch, das wollen wir in der verbleibenden Regierungszeit erledigen. Noch haben wir drei Jahre, eine Legislaturperiode dauert ja fünf Jahre. Wir hoffen, dass unsere Freunde auf der Welt und helfen werden, damit Tunesien ein Beispiel wird, dem andere arabische Länder folgen. Denn der Arabische Frühling, der nach wie vor nicht wirklich umgesetzt ist, wird Früchte tragen. Und er begann in Tunesien. Wir hoffen, der Arabische Frühling wird in allen arabischen Ländern Früchte tragen.

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