Die Aufhebung der Immunität für türkische Parlamentsabgeordnete im vergangenen Jahr ist einem weiteren Parlamentarier zum Verhängnis geworden. Ein Gericht in Istanbul verurteilte den Journalisten und Politiker Enis Berberoglu zu 25 Jahren Gefängnis. Vorgeworfen wird ihm Geheimnisverrat.
“Meine lieben Parteifreunde, Kameraden und Freunde, ist bin nicht das erste Mal in einem Gerichtsgebäude“, sagte Berberoğlu am Tag des Urteils. „Oft habe ich schon dem Tod der Gerechtigkeit beigewohnt, in diesem Gerichtsgebäude, das den Namen nicht verdient. Mit einem Gericht oder Gerechtigkeit hat das nichts zu tun.”
Berberoglou war Chefredakteur der Zeitung Hürriyet und gehört der Oppositionspartei CHP an. Deren Abgeordnete hatten aus Protest über das Urteil am Mittwoch das Parlament verlassen. Der Verurteilte ist bisher der Prominenteste, der die Folgen der Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität zu spüren bekommt.
Bereits in derselben Causa verurteilt wurden die Journalisten Can Dündar und Erdem Gül. Dündar hält sich derzeit in Deutschland auf. Allen Dreien wird vorgeworfen, an der Veröffentlichung eines geheimen Videos beteiligt gewesen zu sein. Darauf zu sehen war, wie angeblich der türkische Geheimdienst Waffen an Islamisten in Syrien liefern wollte.
Die türkische Regierung bestreitet Waffenlieferungen nach Syrien, es habe sich bei den Transporten um humanitäre Hilfe gehandelt.
Alle drei Verurteilten legten Berufung ein. In einem separaten Verfahren sind sie außerdem wegen “Unterstützung einer Terrororganisation” angeklagt.
Die türkische Regierung hatte mit Zustimmung des Parlaments 2016 die Immunität von 130 vor allem kurdenfreundlichen Abgeordneten aufgehoben.