João Lourenço: Für Afropessimismus gibt es keinen Grund

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Angolas Präsident im Gespräch mit Euronews.

Angola gilt als eines der Länder Afrikas mit dem größten Potential, aber im Moment befindet es sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Nach den Wahlen im vergangenen Jahr trat der ehemalige Verteidigungsminister die Nachfolge von Präsident Jose Eduardo dos Santos an, der 38 Jahre an der Macht war. Sein erster Staatsbesuch in Europa führte ihn nach Frankreich. Wir trafen uns in Toulouse mit Präsident João Lourenço.

Reiseerleichterungen für Investoren

Euronews: "Willkommen bei Euronews, Herr Präsident. Warum Frankreich?"

João Lourenço: "Weil Frankreich für Angola ein sehr wichtiges Land ist. Mit unserem Besuch wollen wir die historisch freundschaftlichen Verbindungen mit diesem Land stärken. Wir haben Emmanuel Macron getroffen. Ursprünglich sollten wir die Gelegenheit haben, uns mit etwa 80 französischen Unternehmern zu treffen, aber zu unserer Überraschung waren es rund 150 Geschäftsleute. Sie wollten mehr über die neue Situation in Angola erfahren und das neue Wirtschaftsklima in unserem Land."

Euronews: "Was haben Sie hinsichtlich der Wirtschaft konkret unternommen, um Investitionen in Angola zu fördern?"

João Lourenço: "Ausländische Privatinvestoren sind nicht länger verpflichtet, sich mit offiziellen angolanischen Wirtschaftsvertretern zu treffen, es sei denn, sie möchten das. Hinsichtlich der Visa für Geschäftsleute, die Angola besuchen wollen, haben wir die Bestimmungen erheblich gelockert. In einigen Fällen ist visafreie Einreise mit gewöhnlichen Reisepässen möglich.

Außerdem sind wir entschlossen, ein gewaltiges Hindernis für reibungslosen Handel in Angola zu entfernen, nämlich das, was man allgemein als Korruption bezeichnet. Dies ist eine schwierige Aufgabe und wird einige Zeit in Anspruch nehmen, aber wir wollen dieses gewaltige Problem der Korruption angehen und wir sind sicher, dass wir erfolgreich sein werden"

Euronews: "Joao Lourenco ist in Angola sehr populär, aber es gibt auch viel Skepsis. Herr Präsident, einige der im Lande etablierten Kräfte waren überrascht, als sie beispielsweise Angehörige ihres Vorgängers Jose Eduardo dos Santos aus wichtigen Positionen entfernten. Ist das nur ein Stühlerücken oder erleben wir echte Reformen und das Entstehen einer anderen Mentalität?"

João Lourenço: "Das ist nicht nur ein Stühlerücke, sondern wir nehmen Veränderungen vor, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Ich bin nicht gegen die Kinder eines ehemaligen Präsidenten vorgegangen sondern gegen angolanische Staatsbürger. Als solche unterliegen sie genau wie alle anderen Staatsbürger denselben Regeln.

In den vergangenen acht Monaten sind mehr als nur zwei Leute entlassen worden. Es gab noch mehr Entlassungen. Ich glaube, wenn wir etwas abwarten, werden wir erkennen, dass die Veränderungen zum richtigen Zeitpunkt vorgenommen wurden. Ich bereue nichts, weil ich sicher bin, dass sich die Dinge verbessern werden."

Euronews: "Laut dem Journalisten und Aktivisten Rafael Marques ist das alles nichts Neues und ihm zufolge gibt es Anzeichen auf inkorrektes Verhalten von Leuten, die mit ihrer Regierung in Verbindung stehen."

João Lourenço. "Und was sind das für Anzeichen?"

Euronews: "Es hat mit der Nutzung staatlicher Fonds für den Erwerb von Flugzeugen zu tun."

João Lourenço: "In Wirklichkeit geschieht genau das Gegenteil. Wir versuchen, diese Ressourcen aufzuspüren. Wir sind gerade dabei, genau dieses Geld wieder aufzufinden. Wir wissen, dass wir weniger als die ursprüngliche Summe von fünf Milliarden Dollar haben, aber wir haben eine Ahnung, wo das Geld ist, nämlich in Mauritius, England und anderen Winkeln des Planeten.

Normal wäre gewesen, dass die vorherige Geschäftsführung bei der Übergabe der Unternehmensleitung mit offenen Karten gespielt und bekannt gegeben hätte, wo dieses Geld ist. Das ist nicht geschehen oder wenn es geschehen ist, dann war es nicht überzeugend. Denn dieses Konsortium zwischen Angolas staatlicher Fluggesellschaft TAAG und einigen privaten Unternehmen gibt es nicht und wird es nicht geben. Sollte es doch passieren, hoffe ich, dass die Passagiere mich anrufen und sagen: Sie haben doch Euronews erzählt, dass es kein Konsortium gibt, aber ich bin heute mit einer von den Maschinen geflogen."

Euronews: "Human Rights Watch hat vor kurzem in einem offenen Brief mehr Schutz der Menschrechte gefordert. Werden Sie daran arbeiten?"

João Lourenço: "Wir arbeiten daran, dass es nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Ich weiß von keinen Fällen während der ersten acht Monate meiner Amtszeit."

Euronews: "Aber werden Sie eine Auge darauf haben?

João Lourenço: "Sicher werde ich das. Ich werde sorgfältig darauf achten, dass das nicht passiert."

Euronews: "Haben Sie Pläne, die Kooperation zwischen portugiesischsprachigen Länder zu stärken, oder interessieren Sie sich jetzt mehr für die frankophonen Länder?"

Wir denken über Beitritt zu Frankophonie und Commonwealth nach

João Lourenço: "Sie sind beide interessant. Die CPLP, die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder, zu der wir natürlich gehören, ist -- wenn Sie mir die Formulierung erlauben -- besonders wichtig für uns. Aber wir beginnen, uns für die frankophone Staatengruppe zu interessieren.

Uns geht es wie Mosambik, das von englischsprachigen Ländern umgeben ist -- Malawi, Tansania und Südafrika. Schließlich ist Mosambik dem Commonwealth beigetreten.

Angola ist ebenfalls nicht von portugiesisch- sondern von englisch- und französischsprachigen Ländern umgeben. Daher sollte niemand überrascht sein, wenn wir darüber nachdenken, der Frankophonie und vielleicht später auch dem Commonwealth beizutreten."

Euronews: "In Frankreich haben Sie Verteidigungsabkommen unterzeichnet. Dürfen wir mehr darüber erfahren?"

João Lourenço. "Naja, diese Abkommen sind zunächst Absichtserklärungen. Sie eröffnen die Möglichkeit, bestimmte Dinge zu tun. Die konkreten Projekte kommen später eins nach dem anderen. Es gibt die Möglichkeit zur Zusammenarbeit in der Offiziersausbildung in allen Waffengattungen. Und wir können bei der Seeüberwachung, besonders im Golf von Guinea, zusammenarbeiten, damit es nicht eines Tages so zugeht wie vor Somalia."

Euronews: "Beziehen sich diese Verteidigungsabkommen auch auf die Situation in der Demoratischen Republik Kongo angesichts der langen Grenze mit Angola?"Wir handeln im Sinne der Stabilität für alle

Wir handeln im Sinne der Stabilität für alle

João Lourenço: "Wie Sie wissen, hat die kongolesische Regierung ein Abkommen mit der Opposition unterzeichnet, das vor allem die Exekutive dazu verpflichtet, freie Wahlen zu organisieren, bei denen Präsident Joseph Kabila nicht noch einmal antreten wird.

Wir wollen einfach nur, dass dieses Abkommen umgesetzt wird. Wir glauben, wenn das nicht passiert, könnte es zu politischen und sozialen Unruhen kommen, die für die kongolesische Bevölkerung nicht sehr angenehm sein werden und für die Nachbarstaaten ebensowenig.

Wir sprechen regelmäßig mit Präsident Kabila und stehen immer bereit, um ihn zu beraten. Aber mehr nicht, nur Beratung. Ob er unseren Ratschlägen folgt oder nicht, ist ihm überlassen."

Euronews: "Aber was ist, wenn diese Abkommen scheitern und das Land in Instabilität stürzt? Lassen sich Angola und seine Partner für den Fall alle Optionen offen?"

João Lourenço: "Ich weiß, worauf Sie hinaus wollen... Aber die Freude werde ich ihnen nicht machen (lacht) ... nicht mal darüber sprechen. Es gibt viele Spekulationen. Wenn wir sagen, wir wollen Stabilität, dann wird alles, was wir tun, im Sinne der Stabilität für alle Beteiligten sein.

Euronews: "Welche Vision haben Sie für Afrika? Was sind die gegenwärtigen Chancen und Herausforderungen?"

João Lourenço: "Für "Afropessimismus" gibt es überhaupt keine Veranlassung. Egal wie schlecht es uns gehen mag, wir haben das Recht und die Pflicht von weit Besserem zu träumen. Alles hängt hauptsächlich von unserer eigenen Anstrengung ab und nicht nur, aber auch von internationaler Zusammenarbeit. Aus dem Grunde sind wir heute hier und eines Tages in Lissabon. Unser Kontinent wird aufblühen."

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