Welthandelsorganisation WTO: Chef (verzweifelt) gesucht

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Von Oliver Whitfield-Miocic, su mit dpa
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Mitten in der coronabedingten Rezession steht die wichtigste Organisation für Kooperation im Welthandel führungslos da. WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo hat seinen Posten vorzeitig verlassen. Die zerstrittenen Mitgliedsländer konnten sich noch nicht mal auf einen Übergangschef einigen

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Mitten in der coronabedingten weltweiten Rezession steht die wichtigste internationale Organisation für Kooperation im Welthandel führungslos da. Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo (62) aus Brasilien, hat seinen Posten am 31. August vorzeitig verlassen – wie angekündigt.

Und außer Corona lauern da noch: Ein - möglicherweise Deal-loser „Brexit“ und ein Handelskrieg zwischen den USA und China.

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Azevêdo weiß nach sieben Jahren im Amt und 12 Jahren bei der WTO genau: Was für ihn der beste Moment ist, um zu Pepsi zu wechseln, ist für die WTO in 26 Jahren der schlechteste."

"Internationale Zusammenarbeit ist nicht einfach. Aber die Bedürfnisse einer vernetzten Welt müssen erfüllt werden. Ohne Zusammenarbeit geht es allen Ländern schlechter."

SCHIEDSGERICHT AUSSER GEFECHT

Was leistet die WTO für die globalisierte Wirtschaft? Sie handelt Handelsabkommen zwischen ihren 164 Mitgliedern aus und vermittelt bei Streitigkeiten zwischen Ländern.

Wenn man sie lässt.

Vor allem US-Präsident Donald Trump hält diese dritte Säule des Welthandels neben IWF und Weltbank für China-parteiisch. Das wichtige WTO-Schiedsgericht ist schon seit Dezember 2019 außer Gefecht - Trump verhinderte nötige Neubesetzungen. Eine Blockade des Haushaltes für 2021 ist nicht ausgeschlossen – keine Einigung auf den Menschen an der Spitze könnte der WTO den Rest geben.

Verzweifelt musste Azevêdo der Demontage des Schiedsgerichts zusehen:

"Können wir langfristig eine Lösung finden? Wie schnell? Wie könnte diese Lösung aussehen?”

MITGLIEDSLÄNDER ZERSTRITTEN

Die zerstrittenen Mitgliedsländer - etwa zwei Drittel sind Entwicklungsländer - konnten sich noch nicht mal auf einen Übergangschef einigen.Bislang haben sich acht Kandidaten um den Führungsposten beworben - aus Ägypten, Großbritannien, Kenia, Mexiko, Moldau, Nigeria und Saudi-Arabien. Zwei kommen aus Europa, der frühere britische Handelsminister Liam Fox und der ehemalige Außenminister Moldawiens, Tudor Ulianovschi. Die USA wollen einen US-Amerikaner im Amt sehen. Das trifft auf Widerstand aus China und Europa.

Die Liste wird bis Mitte September ausgedünnt, ein Ersatz sollte bis November benannt werden – Pessimisten glauben aber nicht, dass eine Entscheidung vor den US-Wahlen am 3. November fällt. Vielleicht weiß man also erst im nächsten Jahr, ob und wie es mit der WTO weitergeht.

Dabei war alles so schön ausgedacht: Jede Regierung kann Einigungen mit einem Veto verhindern - die Länder entscheiden also im Konsens.

Oliver Whitfield-Miocic, su mit dpa

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