Portugal: ein Vorbild für die Linken in Europa?

Portugal: ein Vorbild für die Linken in Europa?
Copyright euronews
Copyright euronews
Von Nuno PrudêncioSabine Sans
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Die Wahlen finden zwei Jahre früher statt als geplant, nachdem der Staatshaushalt der sozialistischen Minderheitsregierung abgelehnt und daraufhin vorgezogene Neuwahlen ausgerufen wurden.

WERBUNG

**Nach Jahren der Sparpolitik ist der "Klapperkiste" in Portugal die Luft ausgegangen: 2015 waren die Konservativen Wahlsieger, brachten aber keine regierungsfähige Mehrheit zusammen. Der Sozialist António Costa (PS) kam mit einem Minderheitskabinett toleriert von Linksaußenparteien an die Macht. Dieser ungewöhnliche Pakt, den der Sozialist mit Kommunisten der PC, den verbündeten Grünen und mit dem marxistischen Linksblock BE ausgehandelt hatte, wurde als "geringonça" - als Klapperkiste - bekannt.
**

Was war das Erfolgsgeheimnis der portugiesischen Linken?

Die europäische Linke schaute auf das Beispiel Portugals. Niederländische und französische Politiker versuchten, das Erfolgsgeheimnis zu verstehen.

Zwei portugiesische Journalistinnen, Márcia Galrão und Rita Tavares, schrieben ein Buch ("Como Costa Montou a Geringonça em 54 dias" zu Deutsch: "Wie Costa die Geringonça in 54 Tagen errichtete") über das Phänomen.

"Die Linke in Europa kann in praktisch keinem Land regieren", meint Buchautorin Márcia Galrão. "In Spanien wurde in aufeinanderfolgenden Wahlen versucht, eine Regierung zu bilden. Es gelang nicht, die portugiesische Erfahrung in anderen Ländern zu wiederholen. Auch weil die populistischen Parteien in diesen Ländern bereits viel stärker verankert sind."

Ihre Autorenkollegin Rita Tavares sagt: _"Was als Klebstoff zwischen diesen linken Parteien funktionierte, die sich bis dahin nie verstanden hatten, war die Notwendigkeit, die Rechten von der Macht fernzuhalten. Alle Parteien, die an der "geringonça" beteiligt waren, betonen, dass das eine einmalige Konstellation gewesen sei, die sich wahrscheinlich nicht wiederhole."
_

Die "Klapperkiste" ist sehr demokratisch

Der Österreicher Jörg Demel kam fürs Studium nach Portugal und blieb. Aus seiner Heimat kennt er Regierungen mit sehr unterschiedlichen Ausrichtungen:

_
"Ich denke, das war ziemlich demokratisch, dass man jede Entscheidung aushandeln und gemeinsam treffen muss"_, so der Geschäftsmann und Musiker. "Das mag ein wenig utopisch sein, aber ich denke, dass man das berücksichtigen sollte, wenn man überlegt, wie Wahlergebnisse in einem demokratischen Land zu einer Regierung führen."

Der ungewöhnliche Pakt in Portugal hielt 6 Jahre, aber der Linksblock und die Kommunisten votierten Anfang November gegen den Haushaltsplan der sozialistischen Minderheitsregierung.

Stimmungsbild der Bürger

"In so einem Moment sind Wahlen immer schlecht", sagt eine Passantin auf der Straße. "Aber für mich ist das Schlimmste, dass es keine Alternative gibt."

Ein weiterer Passant sagt: "Für mich ergibt das Sinn. Je mehr Parteien im Spiel sind, desto mehr Menschen werden vertreten, denn jeder von uns hat seine eigene Stimme, die sich auf die bestehenden Parteien verteilen."

"Die Deutschen haben es schon kopiert", so ein Mann. "Wir haben nur die Rechte nicht verkauft. Aber das ist eine nationale Sache, das ist unser Manko."

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Parlamentswahl in Portugal: erneut niedrige Wahlbeteiligung?

Wahlkampf in Portugal: Sozialisten liegen vorn

Wahlkampf in Portugal vor Parlamentswahl am Sonntag