Freund oder Feind? Wie viel Schaden hat Truss mit Macron-Äußerung angerichtet?

Liz Truss will in Johnsons Fußstapfen treten, wohl auch rhetorisch.
Liz Truss will in Johnsons Fußstapfen treten, wohl auch rhetorisch. Copyright Rui Vieira/ Associated Press
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Von LUKE HANRAHAN
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Die nächste mögliche britische Premierministerin will, wenn auch scherzhaft, nicht ausschließen, dass Frankreich ein Feind ist.

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In Großbritannien entscheidet sich Anfang September, wer die Nachfolge von Boris Johnson als Premier antritt. Favoritin Liz Truss zeigte jetzt bei einer Wahlkampfveranstaltung im englischen Norwich, dass sie dem scheidenden Regierungschef in Punkto Provokation und Schalk offenbar wenig nachsteht. Auf die Frage, ob der französische Präsidenten Emmanuel Macron Freund oder Feind sei, sagte sie, begleitet vom Applaus der Anwesenden, das Urteil stehe noch aus. Sie werde ihn anhand seiner Taten beurteilen.

Doch wie zersplittert ist das britisch-französische Verhältnis angesichts von Post-Brexit-Querelen wie dem Fischereistreit wirklich? In Südengland im Kernland der konservativen Partei sieht man Frankreich durchaus als Gegenspieler:

"Die Franzosen machen was sie wollen", so die Tory-Wählerin Anne Andrews. Liz Truss habe "vielleicht" Recht damit, dass Macron kein Freund sei.

Auch das Tory-Mitglied Jim Amies sagt: "Sie hat wohl Recht, denn in den vergangenen Monaten habe ich nicht wirklich in der Presse gelesen, dass er unser Freund ist, vor allem nicht beim Brexit. Er hat was gegen uns."

"Ich weiß nicht, ob das was mit Freundschaft zu tun hat", so Jill Brailey, ebenfalls Parteimitglied. "Es geht um Politik. Er muss das Beste für sein Land tun und wir das Beste für unser Land." Ob man so etwas als mögliche Premierministerin sagen sollte? "Warum nicht. Das ist ihre Meinung."

Analyst: Aussage sorgt für Unklarheit

Truss hat den angeschlagenen britisch-französischen Beziehungen mit ihrem Auftritt sicherlich keinen Gefallen getan, so David Henig, Handelsexperte bei der Denkfabrik "European Centre for International Political Economy": "Ich glaube, dass es nicht besonders weise ist, über das nächste Nachbarland zu sagen, dass man nicht sicher ist, ob es von einem Freund oder einem Feind regiert wird. Wir wissen alle, dass das nicht ganz ernst gemeint war, da steckt ein bisschen britischer Humor drin, aber das macht es nicht besser, weil es so schwerer ist, für Klarheit in der Politik und internationalen Beziehungen zu sorgen. Ich habe das Gefühl, dass wir damit noch mehr in der Klemme stecken."

Für viele, die sich fragen, ob Liz Truss als Regierungschefin mehr auf die EU zugehen würde, scheint der Kurs mit ihrer Äußerung gesetzt. Ob sie die Nachfolge von Johnson antritt, entscheiden derzeit die Parteimitglieder der Tories. Am 5. September soll das Ergebnis der Abstimmung verkündet werden

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