In den Straßen der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince herrscht Chaos. Da der internationale Flughafen Aufgrund der Bandengewalt geschlossen wurde, verzögert sich die Heimreise des Regierungschefs Ariel Hendry.
Nach einer Eskalation der Bandengewalt suchen die haitianischen Politiker nach neuen Allianzen, um das Land zu stabilisieren. Bewaffnete Banden, die lokalen Medien zufolge rund 80 Prozent der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren, wollen den Rücktritt von Ministerpräsident Ariel Henry erzwingen.
Allerdings hat sich die Heimreise des Regierungschefs unterdessen verzögert. Als die Gewalt ausbrach, hielt er sich in Kenia auf. Dort hatte er mit Kenias Präsident William Ruto ein Abkommen über den Einsatz von 1.000 kenianischen Polizeikräften in Haiti geschlossen, um die grassierende Bandengewalt im Land in Griff zu bekommen.
Da der internationale Flughafen in Haiti aufgrund der Bandengewalt nicht angeflogen werden konnte, landete Henry am Dienstag in Puerto Rico. Während seiner Abwesenheit wird Henry von Finanzminister Patrick Boisvert vertreten.
Neues Bündnis mit einem Rebellen
Zu einer möglichen neuen politischen Allianz gehören der ehemalige Rebellenführer Guy Philippe und der ehemalige Präsidentschaftskandidat Moïse Jean Charles. Am Mittwoch teilten sie in Radio Caraïbes mit, dass sie ein Bündnis zur Stabilisierung des Landes eingehen würden. Philippe ist eine Schlüsselfigur der Rebellion von 2004. Damals wurde der ehemalige Präsident Jean-Bertrand Aristide gestürzt. Im November des vergangenen Jahres kehrte er zurück nach Haiti und forderte Henrys Rücktritt.
Unterdessen wächst der internationale Druck auf Henry. Als die US-Botschafterin bei den Vereinten Nation, Linda Thomas-Greenfield, am Mittwoch gefragt wurde, ob die USA Henrys zum Rücktritt aufgefordert hätte, blieb sie jedoch verhalten. Die USA haben Henry gebeten, einen politischen Prozess voranzutreiben, der zu Wahlen führen würde.
UNO-Komissar fordert den Einsatz von internationalen Truppen
Am Mittwoch forderte der Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, die internationale Gemeinschaft auf, schnell und entschlossen zu handeln, um zu verhindern, dass das karibische Land weiter ins Chaos stürzt. „Die haitianischen Beamten bezeichnen die Massenflucht aus Gefängnissen am vergangenen Wochenende die als eine tödliche Bedrohung für die nationale Sicherheit“ beschrieb Türk die Lage in dem armen Inselstaat. Türk forderte den unverzüglichen Einsatz internationaler Truppen, um die Bandengewalt zu beenden und den Einwohnern Haitis Sicherheit zu bieten.
Inzwischen bleibt das Land weitgehend lahmgelegt, Schulen und Geschäfte sind geschlossen. Für die Einwohner des armen Karibikstaates ist die seit Jahren andauernde Bandengewalt inzwischen zum Alltag geworden. UN-Angaben zufolge sind deshalb bereits rund 200.000 Menschen aus dem Land geflüchtet.