Die Woche in Europa - Blockaden von Autos und der NATO

Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 7. März in Stockholm
Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 7. März in Stockholm Copyright Jonas Ekstromer/TT/AP
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Von Stefan Grobe
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Zwei Blockadehaltungen kennzeichneten diese Woche die politischen Debatten: Deutschlands Position zum Verbrennerstop ab 2035 und die Weigerung der Türkei, den NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands zu ratifizieren.

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In dieser Woche sollten die EU-Länder ein bahnbrechendes Gesetz absegnen, das den Verkauf von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen ab 2035 verbietet.

Die Abstimmung sollte eine Formalität sein, da die EU-Länder und das Europäische Parlament dem Gesetz, einem Eckpfeiler des EU Green Deals, bereits zugestimmt hatten.

Doch dann schlug "Das Auto" zurück, wie es ein Beobachter ausdrückte!

Im Namen der "technologischen Neutralität" verweigerte sich Deutschland dem Votum und drohte damit, den Deal auszuhebeln.

Dazu Christian Lindner, der deutsche Finanzminister: "Gegenwärtig gibt es nach dem Entschluss des Europäischen Parlaments und der sich daran anknüpfenden Debatte keine Rechtssicherheit, dass tatsächlich auch nach 2035 Fahrzeuge mit Otto- oder Dieselmotor zugelassen werden können, wenn sie mit Ökosprit betankt werden."

Deutschland mit seiner großen Autoindustrie setzt sich dafür ein, dass Autos, die mit synthetischen Kraftstoffen - oder E-Kraftstoffen - betrieben werden, von dem Verbot 2035 ausgenommen werden.

Und Berlin behauptet, dass die EU-Kommission eine solche Formulierung bei der Aushandlung des Gesetzentwurfs versprochen hatte.

Berichten zufolge bemüht sich Brüssel nun darum, das Verbot für 2035 zu retten und einen Passus aufzunehmen, der E-Kraftstoffe zulässt - eine Technologie, die nach Ansicht von Experten teuer und nicht effizient ist und wahrscheinlich noch viele Jahre lang ein Nischenprodukt bleiben wird.

Aber dann: ein Schlupfloch ist ein Schlupfloch, und vielleicht wird es groß genug für ein deutsches Auto sein...

Zu einer anderen esoterischen Debatte: Es geht um die Türkei, die den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland blockiert.

Ankara behauptet, dass beide Länder, vor allem Schweden, in der Vergangenheit gegenüber dem Terrorismus, der oft die Türkei im Visier hatte, nachlässig waren und Personen, die Ankara als Terroristen betrachtet, Unterschlupf bieten.

Die Versuche, die Türkei von ihrem harten Standpunkt abzubringen, der nichts mit der gemeinsamen Verteidigung zu tun hat, waren bisher erfolglos.

Aber die Verhandlungen in dieser Woche schienen sich auf eine Lösung zuzubewegen.

Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär: "Wir machen Fortschritte. Ich begrüße, dass Schweden den Kampf gegen den Terrorismus, einschließlich der PKK, durch die Einführung neuer Terrorismusgesetze und die verstärkte Zusammenarbeit mit Ankara bei der Terrorismusbekämpfung intensiviert hat. Jetzt ist es an der Zeit, den Ratifizierungsprozess abzuschließen".

Das Gerangel findet zu einem Zeitpunkt statt, zu dem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan innenpolitisch unter starkem Druck steht.

Braucht er das NATO-Thema, um innenpolitisch zu punkten? 

Dazu Fragen an Asli Aydintasbas, Expertin für türkische Außenpolitik beim European Council on Foreign Relations und der Brookings Institution.

Euronews: Was den Streit mit Schweden und Finnland angeht, geben Sie uns einen Einblick in Erdogans Denkweise. Glaubt er wirklich, dass er ihre NATO-Mitgliedschaft für immer blockieren kann? Was ist sein Ziel?

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Aydintasbas: Nun, Erdogan denkt an die Außen- und Innenpolitik. Er denkt an die Innenpolitik, an die bevorstehenden Wahlen. Im Moment läuft es für ihn überhaupt nicht gut. Und er denkt auch an verschiedene Probleme, die er nicht nur mit Schweden, sondern auch mit anderen EU-Mitgliedstaaten hat. Und er überlegt, wie er sie kombinieren kann, wie er seinen Einfluss vergrößern kann, wie er etwas herausholen kann, ein Zugeständnis von Schweden. Er sagt sich: "Da ich kein Zugeständnis von den USA bekommen kann, da ich kein Zugeständnis von den EU-Staaten in Bezug auf Syrien bekommen kann, vielleicht gibt es etwas, das ich Schweden als Symbol benutzen kann." Aber er ist sich auch der innenpolitischen Auswirkungen bewusst: Er will als starker Führer auftreten, der die Interessen der Türkei vertritt usw., und das in einem Wahlkampfumfeld.

Euronews: Sehen Sie irgendeine Möglichkeit für die NATO, Erdogan in die Schranken zu weisen, irgendein Druckmittel?

Aydintasbas: Die NATO, die USA und die EU sind sehr vorsichtig, um nicht in einen öffentlichen Streit mit dem türkischen Präsidenten zu geraten. Es gibt ein sanftes, behutsames Drängen, und Generalsekretär Stoltenberg ist im Allgemeinen der gute Bulle. Und manchmal sind die Amerikaner der böse Bulle, insbesondere der US-Kongress, der die Türkei warnt, dass der Verkauf von F-16, die die Türkei zur Modernisierung ihrer Luftwaffe dringend benötigt, nicht zustande kommen wird, wenn die Türkei weiterhin blockiert.

Euronews: Ist Erdogans Position in dieser Angelegenheit in der Türkei populär? Hat er eine Mehrheit hinter sich?

Aydintasbas: Nun, wenn die Regierung und die von ihr kontrollierten Medien den Menschen 24 Stunden lang am Tag erzählen, dass Schweden Terrorismus und anti-türkische Terroristen unterstützt und beherbergt, ist es schwer, innerhalb der Türkei Unterstützung für Schweden zu finden. Ich muss hinzufügen, dass die wirtschaftliche Lage in der Türkei im Moment so schlecht ist, dass Schweden und das, was es tut oder nicht tut, und ob es der NATO beitritt oder nicht, für niemanden eine Priorität ist. Es ist Nummer fünf, sechs, sieben auf der Liste der Leute, wenn überhaupt.

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