Pegasus & Co: "Regierungen nutzen Spionageprogramme, um ihre Macht zu sichern."

Vom Europäischen Parlament wurde dieser Woche der Abschlussbericht des Pega-Ausschusses gebilligt
Vom Europäischen Parlament wurde dieser Woche der Abschlussbericht des Pega-Ausschusses gebilligt Copyright Fred MARVAUX/ European Union 2023 - Source : EP
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Von Efi Koutsokosta
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Ein verheerendes Unglück im Mittelmeer hat die Schlagzeilen beherrscht und den Frust über die EU-Migrationspolitik befeuert – oder eben das Fehlen einer solchen. Und das EU-Parlament hat den Bericht gebilligt, der sich mit Spionageprogrammen befasst.

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Dutzende von Migranten starben, Hunderte werden vermisst und sind vermutlich tot, nachdem ihr überladenes Boot auf offener See vor Griechenland gesunken ist – es ist eine der tödlichsten Schiffskatastrophen der letzten Jahre in Europa.

Der Sonderbeauftragte des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge für das westliche und zentrale Mittelmeer twitterte, ob "dieses Boot nicht seetüchtig war,  es ist egal, was einige Leute an Bord gesagt haben mögen. Der Begriff Seenot kann nicht diskutiert werden."

Insgesamt hat die Internationale Organisation für Migration seit 2014 mehr als 27.000 vermisste Migranten im Mittelmeer gezählt.

Vor nur einer Woche, hat sich die EU für ein "historisches" Migrationsabkommen" gefeiert. Es ist ein Abkommen, das sich hauptsächlich auf den Schutz der Grenzen und die Verlagerung der Asylverfahren in Länder außerhalb der EU konzentriert und weniger auf Solidarität, auf die die Frontstaaten seit Jahren drängen.

Die Kommissarin für Migration, Ylva Johansson sagte im Euronews-Interview, dass die EU bereit sei, mit Drittländern in Afrika und dem Nahen Osten zusammenzuarbeiten, trotz Bedenken, es handele sich um teils undemokratische Regime.

"Wir müssen etwas tun, Gesetze allein sind nicht genug. Ich meine, es ist absolut notwendig, auch mit Ländern in Nordafrika und anderen Drittländern zusammenzuarbeiten, um diese gefährlichen, tödlichen Reisen von vornherein zu verhindern".

Ylva Johansson, Kommissarin für Inneres

Menschenrechtsgruppen werfen der EU vor, sie hätte die Rettung von Migranten an die libysche Küstenwache auslagert. Und verbringe Migranten zurück in menschenunwürdige Lager, wo viele geschlagen, vergewaltigt und anderweitig misshandelt würden.

Pegasus, Predator und Co: "Regierungen nutzen Spionageprogramme, um ihre Macht zu sichern."

Vom Europäischen Parlament wurde dieser Woche der Abschlussbericht des Pega-Ausschusses gebilligt, der sich seit fast einem Jahr mit dem Missbrauch von Spionageprogrammen in der EU befasst.

Die Abgeordneten fordern Vorschriften, die den Einsatz von Spionageprogrammen wie Pegasus oder Predator nur unter strengen Bedingungen erlauben. Und sie fordern zum einen gründliche Untersuchungen bei Verdacht auf Missbrauch, zum anderen Hilfe für Personen, die zur Zielscheibe geworden sind.

In Polen, Ungarn, Griechenland und Spanien wurde der illegale Einsatz von Spionagesoftware aufgedeckt, was zu Bedenken hinsichtlich der Datenschutzrechte und der Pressefreiheit führt.

Sophie Int Veld, Berichterstatterin der PEGA, sprach in Straßburg bei einem Euronews- Interview über die Ergebnisse des Ausschusses, die Risiken für die europäische Demokratie und nicht zuletzt über die Verbindung zum berühmt-berüchtigten Korruptionsskandal im Europäischen Parlament.

_euronews: Die Arbeit des PEGA-Ausschusses endet bald. Welche Auswirkungen dieser Vorfälle auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa sehen Sie?
_

Sophie Int Veld: "Regierungen benutzen Spionageprogramme, um ihre Macht zu sichern. Sie setzen sie gegen Gegner und Kritiker ein, gegen Oppositionsparteien, kritische Journalisten, unabhängige Aufsichtsbehörden, Anwälte, also gegen jeden, der für die regierenden Parteien ein Problem oder Ärgernis darstellen könnte. Wir denken immer, dass es nur Diktaturen in komischen Drittländern außerhalb der Europäischen Union sind, die problematisch sind. Aber es gibt auch Regierungen innerhalb der Europäischen Union, die auf ähnliche Weise handeln. Und selbst Regierungen, die es vielleicht noch nicht nutzen, könnten in Versuchung geraten, weil es kaum oder, sagen wir, nur unzureichende Vorschriften gibt."

**euronews:**Wie sehen die Empfehlungen des Ausschusses für die Mitgliedsstaaten und die EU-Institutionen aus?

Sophie Int Veld: Wenn es um die Nutzung geht, wollen wir einen sehr strengen Rahmen, z. B. muss es eine gerichtliche Genehmigung geben und eine unabhängige Aufsicht geben. Es muss das Recht geben, im Nachhinein über die Ziele informiert zu werden. Der Einsatz muss zeitlich begrenzt sein, usw.. Dann fordern wir eine strengere, sagen wir, Abgrenzung des Begriffs der nationalen Sicherheit, denn derzeit gibt es keine Definition. Und wenn es keine Definition gibt, sondern die nationale Sicherheit eine Art Feigenblatt für alles ist, was die Regierung tun oder verbergen will, dann haben wir ein Problem.

euronews: Eva Kaili hat behauptet, sie sei wegen ihrer Arbeit im Pega-Ausschuss ausspioniert worden. Was halten Sie von dieser Aussage?

Sophie Int Veld: Nun ja. Ich denke, sie hat eine sehr lebhafte Fantasie. Fast die gesamte Arbeit, die wir geleistet haben, war öffentlich. Wir haben eigentlich kein Interesse daran, Dinge zu verbergen. Wir haben ein Interesse daran, sie öffentlich zu machen. Alle Informationen, die wir verwendet haben, sind öffentlich zugänglich. Ich glaube also nicht, wenn sie über ihre Arbeit bei Pega spricht, nicht viel getan hat, denn zu dem Zeitpunkt, als ich meinen Bericht geliefert hatte und die Arbeit beginnen sollte, das war im November, wurde sie kurz darauf verhaftet. Also, ich glaube nicht, dass das stimmt.

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EVP fährt mit extremen Rechten Kapagne gegen Naturwiederherstellungsgesetz

Diese Woche gab es im Europäischen Parlament in Straßburg einige Turbulenzen, die Kontroverse dreht sich um das so genannte Naturwiederherstellungsgesetz, ein Gesetz, durch das Lebensräume und Arten renaturiert werden sollen, die durch menschliche Aktivitäten und Klimawandel Schaden genommen haben.

Unterstützt von der extremen Rechten fährt die Europäische Volkspartei seit einigen Wochen eine Kampagne, um den bestehenden Kompromiss vollständig zu kippen - unter anderem mit der Begründung, Landwirte würden gezwungen, einiges an Flächen aufzugeben.

"Wir haben neun Monate lang gesagt, dass der Vorschlag der Kommission nicht gut ist. Wir haben neun Monate lang gesagt, was wir wollen.“

Christine Schneider, Europaabgeordnete, EVP

Das umstrittene Gesetz kam mit nur mit dünner Mehrheit von einer Stimme durch und wird am 27. Juni zur Schlussabstimmung vorgelegt.

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"Nicht die Natur ist schuld an diesem Konflikt, an diesem Problem, an der Wahlkampfstrategie der EVP in Europa. Oder? Dann denke ich, dass das eine gute Nachricht ist."

César Luena, S&D-Abgeordneter, Berichterstatter

Die progressiven Parteien ihr Gesicht gewahrt und dem Green Deal Geltung verschaftt, den Ursula von der Leyen einmal als "Europas Mann-auf-dem-Mond-Moment" bezeichnet hat.

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