Weniger globales Wachstum aber mehr Millionäre in aller Welt

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Von Euronews
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Laut dem Internationalen Währungsfonds wächst die Weltwirtschaft langsamer als erwartet. In diesem Jahr wird das globale Bruttoinlandsprodukt um knapp 3 Prozent wachsen. Für 2014 wird ein Wachstum von 3,6 Prozent erwartet. Das sind jeweils um die 0,3 Prozent weniger als der IWF ursprünglich erwartete.

Grund für die Senkung der Prognose ist diesmal nicht die Entwicklung in der Eurozone sondern die wirtschaftliche Lage in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Zwar wird die chinesische Volkswirtschaft 2014 um 7,3 Prozent wachsen, aber noch vor kurzem war von 8,5 Prozent ausgegangen worden. In den USA wird das Wachstum 2,6 Prozent betragen, in Japan 1,2 Prozent und in der Eurozone 1 Prozent.

Zwar sei die Finanzkrise, die vor fünf Jahren begann, weitgehend überstanden, so Olivier Blanchard, der Chefvolkswirt des IWF, aber die Folgen belasten die Weltwirtschaft weiter. “Die Erholung von der Krise geht voran”, so Blanchard. “Das ist eine wichtige Tatsache, aber es geht zu langsam. In entwickelten Volkswirtschaften ist die Verschuldung der öffentlichen, in einigen Fällen auch der privaten Haushalte sehr hoch und finanzielle Stabilität ist nicht garantiert. Noch auf lange Zeit wird es eine hohe Arbeitslosigkeit geben.”

Auch Christine Lagarde, die Chefin des IWF, warnte davor, dass den meisten Ländern schwierige Jahre bevorstehen.
“Wir haben eine globale Krise erlebt und jetzt werden wir eine globale Übergangsperiode erleben”, so Lagarde. “Voraussichtlich bewegen wir uns von der großen Depression zu einer Phase globalen Wandels. Dieser Übergang mit erheblichen Veränderungen wird nicht schnell vorüber gehen und es wird keine einfache Zeit sein. Die meisten Länder werden den Rest des Jahrzehnts brauchen, um sich auf die neuen Realitäten einzustellen.”

Trotz der weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Lage sind die Privatvermögen im Durchschnitt gestiegen. Sie nahmen in den vergangenen 12 Monaten um fast fünf Prozent zu. Zu diesem Schluss kam eine Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse.

Demnach ist die Schweiz weiterhin das reichste Land der Welt mit einem Prokopfvermögen von durchschnittlich von 380.000 Euro, gefolgt von Australien, Norwegen und Luxemburg.

Der globale Reichtum ist weiterhin sehr ungleich verteilt. Auf die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung entfallen laut der Untersuchung 86 Prozent des globalen Vermögens.

Die Studie kommt außerdem zu dem Schluss, dass die Zahl der Millionäre in den vergangenen 12 Monaten weltweit um zwei Millionen zugenommen hat.

Über die ungleiche Verteilung des Vermögens sprachen wir mit David Lipton, dem Ersten stellvertretenden Direktor des Internationalen Währungsfonds.

Euronews:
“Die globale Finanzkrise begann vor fünf Jahren. Die Reichen werden immer noch reicher, die Armen werden weiterhin ärmer und die Mittelschicht ist weiter unter Druck. Verhindert dies nicht die wirtschaftliche Erholung und Entwicklung?”

David Lipton:
“Das wichtigste ist, dass die Weltwirtschaft in Schwung kommt. Die entwickelten Volkswirtschaften erholen sich, aber in den aufstrebenden Märkten erleben wir eine Verlangsamung. Unser Schwerpunkt liegt darauf, jedem Land zu helfen, um Wachstum in der Weltwirtschaft zu fördern.

Es stimmt, dass die Einkommensungleichheit zugenommen hat. Das liegt zum Teil daran, dass es für Arbeitslose immer schwieriger wird. Gleichzeitig sind wir aber auch dem anhaltenden Druck von Globalisierung und technologischem Wandel ausgesetzt. Derweil gibt der Markt einigen die Möglichkeit, sehr hohe Profite zu erzielen.

Aber unsere größte Herausforderung ist, Ländern zu helfen, wieder in Gang zu kommen, und Reformen im Finanzsystem durchzuführen, um eine solche Krise in Zukunft zu verhindern.”

Euronews:
“In vielen Länder werden Menschen, die sich mehr Geld geliehen haben, als sie zurückzahlen können, ökonomisch bestraft. Sie verlieren ihr Zuhause und ihren Arbeitsplatz und erleiden Einbußen bei Rente und Bildung. Welche Maßnahmen ergreift der IMF, damit diejenigen, die unverantwortlich viel Geld verliehen haben, ebenfalls bestraft werden?”

David Lipton:
“Ich denke, in Zukunft müssen die Aufsichtsbehörden, also dienjenigen, die die Banken überwachen, darauf achten, dass die Banken verantwortungsbewusster handeln. Die internationale Finanzgemeinschaft arbeitet seit einigen Jahren an der Reform der Regeln für das Finanzsystem. Meines Erachtens ist man da ein gutes Stück vorangekommen, auch wenn wir noch nicht mit allem zufrieden sind. Neue Regeln müssen jedenfalls eingeführt und beachtet werden, damit es nicht wieder zu den Problemen kommt, die zum Zusammenbruch des globalen Finanzsystems geführt haben.

Euronews:
“Der IMF gibt finanzielle Hilfe nur an Länder, die bereit sind, ihre Wirtschaftspolitik zu ändern. Kritiker sagen, dass Sie diese Länder erpressen.”

David Lipton:
Niemand wird gezwungen, mit uns Geschäfte zu machen. Ich glaube, wir bieten diesen Ländern etwas, das sie woanders nicht bekommen können, nämlich finanzielle Unterstützung und unser Gütesiegel.

Wer den politischen Willen signalisiert, seine Situation zu verbessern, bekommt nicht nur unsere Unterstützung als Institution sondern auch die unserer gesamten Mitgliedschaft.

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Ich glaube, wir haben den europäischen Ländern während der Krise nützlichen Rat gegeben. Ich bin aber auch der Meinung, dass die finanzielle Unterstützung, die die Europäer selbst geleistet haben, ebenfalls sehr hilfreich gewesen ist.”

Euronews
“David Lipton, herzlichen Dank für dieses Gespräch.”

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